Riedls Dax-Radar

Spekulationen um Rohöl, Euro und Linde

Gute Aussichten für Anleger: Die Erholung am Ölmarkt und ein kaum veränderter Euro dürften den Dax bei seiner kurzfristigen Korrektur stützen. Extra Schub sollte es für Linde geben, wenn die Fusionspläne vorankommen.

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Überschüssiges Gas verbrennt in einer Rohölverarbeitungsanlage Quelle: dpa

Erstmals seit Mitte Juni ist der Preis für ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent wieder über 50 Dollar gestiegen.
Noch vor wenigen Wochen gab es Ängste, der Preis für das Schwarze Gold könnte erneut abstürzen und Notierungen unter 30 Dollar erreichen. Doch im Bereich zwischen 40 und 45 Dollar, ziemlich genau auf der Durchschnittslinie der vergangenen 200 Handelstage, kam es zu einer schnellen Preiserholung.

Grund dafür sind Spekulationen, nach denen sich die großen Förderländer um Saudi Arabien womöglich auf Produktionsobergrenzen einigen könnten. Zudem dürften auch Äußerungen aus Saudi-Arabien eine Rolle gespielt haben, wonach das Land seine hohe Abhängigkeit vom Öl reduzieren wolle. Langfristig könnte das die Produktion dämpfen – und damit die Preise stabilisieren.

Das sind die besten Investmentfonds
Offene Immobilienfonds
Die meisten offenen Immobilienfonds investieren in Bürogebäude, Shoppingcenter, Hotels oder auch Logistikhallen. Seltener kaufen sie mit dem Geld ihrer Anleger auch Mietwohnhäuser. Anders als bei Aktien- oder Rentenfonds müssen Anleger ihre Immobilienfondsanteile heute mindestens zwei Jahre lang halten – und zwölf Monate im voraus ankündigen, wenn man seine Anteile wieder zu Geld machen will. Quelle: Handelsblatt
Euro-Rentenfonds Quelle: Handelsblatt
Rentenfonds Euro Quelle: Handelsblatt
Rentenfonds international Quelle: dpa
Euro-Mischfonds Quelle: obs
Euro-Mischfonds Quelle: dpa

Dass ein solches Schlüsselprodukt wie Öl auf Dauer so billig bleibt wie jetzt, ist ohnehin wenig wahrscheinlich. Denn die zwei entscheidenden Gründe für niedrige Ölpreise – kurzfristig hohe Lagerbestände und die Überproduktion großer Förderländer wie Saudi-Arabien, Russland und die USA – gelten keineswegs für immer. Auf Lagerbestände zu achten, ist eher eine Übung kurzfristiger Rohstoffspekulanten; und dieser Blick kann sich schnell drehen.

Mittelfristig Ölpreise zwischen 40 und 60 Dollar möglich

Und auch bei den großen Produzenten sind Verschiebungen möglich. Die Investitionen in amerikanisches Schiefergestein sind rückläufig, Saudi-Arabien könnte sich umorientieren und weniger fördern und in westafrikanischen Fördergebieten drohen politische Unruhen die Ölproduktion zu stören. Was ist, wenn etwa auch noch Russland nicht mehr bis zum Anschlag fördert? Ein geringeres Angebot würde den Ölpreis sicher anschieben. Auf der anderen Seite, beim Ölverbrauch, zeigt der große Trend nach wie vor nach oben.

Sowohl die Amerikaner als auch die Chinesen, die größten Ölverbraucher, sehen derzeit nicht danach aus, als ob sie zu Sparbrennern werden.

Über Jahrzehnte galt die Grundregel, dass teures Öl schlecht für deutsche Aktien ist, weil es die Kosten hochtreibt und die allgemeine Konjunktur abwürgt. Doch diese Gleichung gilt nicht mehr. Heute ist es für viele Unternehmen sogar von Vorteil, wenn Öl nicht ganz so billig ist. Im Dax ist das besonders sichtbar an BASF, die einen erheblichen Teil ihrer operativen Gewinne aus dem Öl- und- Gasgeschäft der Tochter Wintershall ziehen.

Teures Öl schadet nicht

Besonders wichtig ist der Ölpreis für die Vereinigten Staaten geworden, die sich in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Rohstoffland entwickelt haben – und der Ölpreis ist die entscheidende Rohstoffkurve weltweit. Das verhaltene Tempo der amerikanischen Wirtschaft hat auch damit zu tun, dass die Investitionen in die Schieferölindustrie in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen sind.

Darüber hinaus ist der Ölpreis immer noch eine Kurve, die mit der allgemeinen Dynamik der Weltwirtschaft verbunden ist. So gesehen sind in den nächsten Monaten Notierungen zwischen 40 und 60 Dollar eher wahrscheinlich als ein neuerlicher Absturz. Auch die ersten Stabilisierungen an den anderen Rohstoffmärkten deuten in diese Richtung.

Dax-Korrektur bis etwa 10.000 Punkte bleibt möglich

Als echte Belastung für den Dax wird hingegen derzeit der robuste Euro empfunden. Dessen Entwicklung mag auf den ersten Blick verwundern, weil die EZB durch ihre expansive Geldpolitik eigentlich den Euro nach unten ziehen sollte.

Nun aber sind andere Groß-Währungen ins Wanken gekommen. Das britische Pfund Sterling ist mittlerweile auf den Stand von 2013 abgesunken– was übrigens ein deutliches Zeichen dafür ist, dass der Brexit sehr wohl tiefe Spuren an den Kapitalmärkten zieht und alles andere als ein Non-Event ist. Auch der US-Dollar ist angesichts der langsameren US-Entwicklung wieder etwas ins Hintertreffen gekommen.

Bisher sieht es danach aus, dass der Euro gegenüber dem Dollar weiterhin in der Bandbreite 1,05 bis 1,16 bleibt. Mit diesem Niveau können die europäischen Unternehmen gut leben, und es dürfte auch den Dax bei seiner aktuellen Korrektur kaum beeinträchtigen. Bemerkenswert aber ist dennoch, dass der Euro seit einiger Zeit mehr Stärke aufbaut, als der reine Blick auf die expansive Politik der EZB nahelegt.

Die Tops und Flops im Dax
Deutsche Konzerne Quelle: DPA
Adidas Quelle: DPA
Daimler-Chef Dieter Zetsche Quelle: DPA
Deutsche Telekom Quelle: DPA
SAP Quelle: DPA
Deutsche BankSchlechter geht immer. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 leiden die Aktionäre des größten deutschen Bankhauses. Die Aktie kostet nur noch 12,60 Euro. Das sind gut 80 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Im zweiten Quartal 2016 brach das Ergebnis vor Steuern um 67 Prozent auf nur noch 408 Millionen Euro ein. Nicht nur die extrem niedrigen Zinsen setzen der Deutschen Bank zu. Hinzu kommen Rechtsstreitigkeiten und der langwierige Konzernumbau. Quelle: AP
Commerzbank Quelle: dpa

Im Dax ist wie erwartet nach sieben Wochen Kletterpartie eine kurzfristige Korrektur angelaufen. Bisher hat das erste Unterstützungsniveau um 10.500 Punkte gehalten. Dennoch, da eine solche Korrektur nicht in vier oder fünf Tagen abgearbeitet sein dürfte, sondern in der Regel mindestens drei oder vier Wochen dauert, könnte der Dax noch in den nächsten Unterstützungsbereich gehen, der zwischen 10.400 und 10.100 liegt. Je langsamer der Dax in den nächsten Tagen dahin abdriftet, desto größer ist seine Chance, dass er von da aus dann im Herbst wieder nach oben dreht.

Mögliche Aufholjagd bei Linde

Linde wird zu einer schillernden Nummer im Dax. Seit vielen Monaten läuft die Aktie schlechter als der Gesamtmarkt und schlechter als Konkurrenten wie Air Liquide oder die amerikanische Praxair. Schon lange gärt es unter den Mächtigen bei Linde wegen dieser unbefriedigenden Entwicklung.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Linde unter den Dax-Werten eine Ausnahmestellung erarbeitet, die für kontinuierliches Wachstum, hohe Gewinnmargen und zuverlässige Kursgewinne stand. Diesen speziellen Linde-Spirit hat Wolfgang Reitzle in Reinform umgesetzt und verkörpert.

Federn lassen im zweiten Quartal

2006 hat Reitzle mit der Übernahme des britischen Konkurrenten BOC und mit der Konzentration auf das lukrative Industriegasegeschäft Linde entscheidend nach vorne gebracht. Jetzt könnte die Fusion mit der amerikanischen Praxair der Hebel dafür sein, wieder an die alte Qualität von Linde anzuknüpfen und zugleich die Marktführung in der Branche zu übernehmen.

Natürlich ginge eine so große Fusion nicht ohne Probleme durch. Es wird Widerstand von den Kartellbehörden geben, das dürfte zum Verkauf von Unternehmensteilen führen. Deshalb wird die neue Linde-Praxair, wenn sie denn kommt, auch nicht so groß sein wie die rechnerische Addition der bisherigen Umsätze. 

Praxair doppelt so teuer bewertet wie Linde

Das Entscheidende für Linde-Aktionäre ist, dass Praxair derzeit, gemessen am Umsatz, etwa doppelt so teuer bewertet wird wie Linde. Kommt es also zu einem Zusammenschluss, bei dem die Amerikaner sicher nicht auf ihre hohe Bewertung verzichten wollen, bedeutet das automatisch eine Aufwertung von Linde-Anteilen. Und das wäre ja auch nicht ungerechtfertigt, denn bei der Fusion ist es wenig hilfreich, den derzeit schwächeren Geschäftsverlauf von Linde (der mit dem Anlagenbau zu tun hat) als Maßstab zu nehmen, sondern die langfristigen Möglichkeiten, die in dem Unternehmen stecken.

Es wäre sehr überraschend, wenn der Routinier Reitzle die gesamte Operation nicht dazu nutzen würde, sein Lebenswerk Linde wieder zu einer angemessenen Bewertung zurückzuführen. Jeder Anleger, der eine Linde-Aktie hat, profitiert von dieser Strategie – wenn sie denn aufgeht.

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