Riedls Dax-Radar

Dax-Ausblick 2017: Guter Start und wackliger Ausgang

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Steigende Zinsen und nachhaltige Aktienhausse passen kaum zusammen

Dabei haben die Börsen ohnehin schwieriges Terrain erreicht. Mehr als drei Jahrzehnte lang sind die Zinsen an den wichtigsten Kapitalmärkten gesunken. Im Gegenzug sind nicht nur Anleihen permanent gestiegen; es kam vor allem an den Aktienbörsen zu einer nachhaltigen Hausse. Geht man vom großen Zinszyklus aus, kann man auch die Aktienmarktentwicklung von 1982 bis heute als große Aufwärtsbewegung betrachten, unterbrochen von der High-Tech-Baisse 2003 und der Finanzkrise 2008.

Die entscheidende Frage für Börsianer ist: Kann diese große Aktienhausse anhalten, obwohl die Zinsen nicht mehr nachhaltig sinken oder womöglich sogar langfristig wieder steigen?

Geht es nach den bisherigen Erfahrungen, wird das schwierig. In den Sechzigerjahren (als die Zinsen in Deutschland etwas anstiegen (und die Umlaufrendite zwischen sechs und knapp acht Prozent pendelte) und vor allem in den Siebzigerjahren (mit Umlaufrenditen zwischen acht und elf Prozent) traten die Aktienmärkte insgesamt auf der Stelle.

Natürlich ist es nicht ausgemachte Sache, dass die Zinsen in einigen Jahren wieder so weit oben stehen. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren derzeit gerade mal mit 0,3 Prozent. Dennoch, in den USA haben die zehnjährigen Treasuries schon 2,6 Prozent erreicht. Kommt es 2017 zum erwarteten Konjunkturanstieg inklusive anziehender Inflation und den von der Fed ins Auge gefassten zwei bis drei Zinserhöhungen, wären am US-Anleihemarkt bis 2018 Renditen von vier Prozent und mehr kein Wunder. Auch in Europa wird dann der Druck auf die EZB und auf die Kapitalmärkte zunehmen. Schon jetzt ist der Zinsabstand von mehr als zwei Prozentpunkten so groß wie noch nie in den vergangenen drei Jahrzehnten.

Viel Optimismus bei den Unternehmensgewinnen

Den wachsenden Druck von der Zinsseite können die Aktienmärkte auf Dauer nur kompensieren, wenn die Unternehmensgewinne deutlich anziehen. Hier sieht es, wenn es nach den durchschnittlichen Analystenschätzungen geht, bisher gut aus: Nachdem es schon 2016 zu einem deutlich zweistelligen Zuwachs kam, liegen die Erwartungen für 2017 im Schnitt bei mehr als 20 Prozent Plus.

Ein solcher Zuwachs würde die laufende Hausse an den Aktienmärkten weiter befeuern. Umgerechnet auf den Dax-Index wären das etwa 800 Euro Gewinn. Bei 11.400 Punkten läge die Bewertung beim 14fachen und damit langfristig im verträglichen Bereich.

Damit die Unternehmensgewinne 2017 so deutlich steigen, müssen die von Trump geschürten Konjunkturhoffnungen aber voll aufgehen. Es darf nicht zu politischen Friktionen (etwa mit China) kommen, nicht zu einem neuen Protektionismus, nicht zu Währungsturbulenzen (etwa einem weiteren Verfall des Euro) und schon gar nicht zu einem Überschießen der Zinsen.

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So gesehen stecken in den Gewinnprognosen für 2017 reichliche Hoffnungen. Die können in vielen Fällen aufgehen, bestätigen damit die vorherrschenden Erwartungen. Sie können aber auch enttäuschen, und damit wachsen die Korrekturgefahren.

Technisch ist die Aktienhausse intakt

Das fängt schon im Januar an. Geht es nach den durchschnittlichen Marktschwankungen kommt es oft schon Mitte des Monats zu einer Korrektur des Jahresanfangsoptimismus. Die Gefahr eines Rückschlags ist dabei umso größer, je mehr die Märkte in den Wochen davor einen deutlichen Anstieg absolviert haben. So gesehen wäre es nicht verwunderlich, wenn der Dax nach seinem Sprung auf fast 11.500 Punkte auch dieses Mal eine Pause einlegt.

Aus technischer Sicht ist die Aktienhausse noch voll intakt. 2016 hatte der Dax zwei entscheidende Kaufsignale gegeben: Im August brach er seinen mittelfristigen Abwärtstrend, im Herbst überwand er den wichtigen Widerstand bei 10.800 Punkten. Gleichzeitig dreht seitdem die 200-Tage-Linie nach oben. Technisch ist der Markt in einer stabilen Aufwärtsbewegung, die 2017 mindestens noch einmal bis zum alten Hoch bei knapp 12400 Punkte gehen sollte. Die Untergrenze für dieses positive Szenario liegt weiterhin bei 10.800 Punkten.

Die aktuell starke Verfassung passt durchaus mit den politischen und konjunkturellen Unsicherheiten zusammen. So könnten die Aktienmärkte 2017 zunächst die bisherige Hausse fortsetzen und erst im späteren Jahresverlauf in mehrmonatige Korrekturphasen übergehen.

Fazit für Anleger: Die grundlegenden Trends an den Börsen zeigen nach oben. Die Aktien sind zwar schon weit gelaufen und damit nicht mehr günstig; sie sind aber auch noch nicht so überhitzt, um generell auf die Verkaufsseite zu wechseln. Fundamentale und politische Unsicherheiten sind vorhanden, sie haben derzeit aber vor allem den Effekt, dass es noch genug freie Gelder gibt, die immer wieder neu angelegt werden müssen – und die auch in den Aktienmarkt fließen.

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