Riedls Dax-Radar

Das ist ein Crash – und er ist noch nicht überstanden

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Stürzt der Dax ins bodenlose?

Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die Fed erst einmal von der Bremse geht. Sie könnte, Yellens Vorarbeit sei Dank, notfalls sogar die Zinsen wieder zurücknehmen. Eine Nebenwirkung ist damit aber jetzt schon absehbar: Der Dollar wird weiter zur Schwäche neigen. Und damit wird sich besonders für deutsche und europäische Aktien auch vorerst nichts am zweiten Risiko ändern, der steigenden eigenen Währung.

In ganzer Härte bekommen diesen Effekt übrigens die Schweizer zu spüren. Seit kurzem hat der Franken nach längerer Talfahrt wieder zugelegt; sogar gegenüber dem Euro. Ob daraus schon die große Wende für den Franken wird, ist noch offen. Als sicherer Hafen jedoch ist das Eidgenossen-Geld allemal wieder gefragt. Kein Wunder, dass Schweizer Aktien, die in den vergangenen Monaten ziemlich gut gelaufen sind, nun besonders unter Druck stehen.

Neben dem steigenden Euro, der die Gewinnaussichten der europäischen Unternehmen belastet, gibt es weitere Risiken. Am Chipmarkt signalisiert der Rückgang des Branchenbarometers Philadelphia Semiconductor Index nach dem starken Anstieg der vergangenen Monate eine Abkühlung. Da die Halbleiter ein Frühindikator sind, könnte das auch weitere High-Tech-Bereiche treffen. Das wiederum bekommen Anleger hautnah zu spüren, weil der Aktienboom wesentlich von Technologietrends getragen wird – vom Cloud-Computing bis zum elektrisch und selbstfahrenden Auto. Und auch hier geht es womöglich langsamer voran, als von Optimisten erhofft. Das signalisieren nicht nur die andauernden Schwierigkeiten bei Tesla, das legen auch weltweit Engpässe bei der Produktion von Akkus nahe.

Zentrale Unterstützungszone um 12.000 Punkte

Die Rückschläge der vergangenen Tage haben bei einer ganzen Reihe von Dax-Werten regelrechte Abwärtswenden im Kursbild ausgelöst. Im Einzelnen sehen hier schwach aus: Bayer, Henkel, Merck, Fresenius, BASF, Deutsche Bank, Telekom, E.On und RWE. Weit vorgelaufen im Abwärtstrend ist ProSieben. Selbst Infineon und SAP geben nun kurz- bis mittelfristige Verkaufssignale. Knapp vor einer Abwärtswende stehen Adidas (wenn die Kurse unter 165 Euro sinken), HeidelbergCement (unter 78 Euro), Siemens (unter 108 Euro) und Thyssenkrupp (unter 22 Euro). Aktien mit relativer Stärke vorerst ohne Gefahr einer Abwärtswende sind: Allianz, BMW, Beiersdorf, Commerzbank, Continental, Daimler, VW, Deutsche Börse, Lufthansa, Post, FMC, Linde, Münchener Rück und Vonovia.

Insgesamt ist die Lage zwischen schwachen und noch relativ starken Einzelaktien im Dax ausgeglichen. Das spricht dafür, dass der Dax nicht ins Bodenlose stürzt, aber durchaus noch länger braucht, um sich zu stabilisieren. Selbst in ruhigen Zeiten dauern Korrekturen im Dax vier bis sechs Wochen. Es wäre verwunderlich, wenn es jetzt angesichts der großen Unsicherheit schneller abginge. Sollten dazu wie angenommen die Zinsen weiter anziehen und Wall Street weiter abrutschen, könnte der sogar unter die 12.000er-Marke sinken. Entwarnung gäbe es erst, wenn der Dax über das Niveau von 12.800 käme, am besten Notierungen um 13.000 Punkte. Dass der Aktienmarkt kurzfristig so viel Kraft aufbringt, ist aber wenig wahrscheinlich.

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