Riedls Dax-Radar

Wacklige Konjunktur, aber stabile Kurse

Die wirtschaftliche Dynamik flaut ab, doch die Aktienbörsen halten sich, auch Ölpreis und Trumps Chancen sind kein echter Störfaktor. Der Deutschen Bank hilft die Aussicht auf Einigung im Rechtsstreit mit den USA.

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Der Dax auf einer Tafel in Frankfurt am 7. September Quelle: REUTERS

Im Juli ging der deutsche Export deutlich nach unten. Auch wenn das mit dem außergewöhnlich starken Vergleichsmonat Juli 2015 zu tun hat, reagieren Anleger derzeit sensibel auf Schwächezeichen der deutschen Wirtschaft. Solche Tendenzen gelten zwar als Grund für eine weiterhin extrem expansive Geldpolitik der EZB. Da deren Wirksamkeit aber immer mehr bezweifelt wird, können solche Meldungen eines Tages doch schwer durchschlagen auf die Kurse.

Ohnehin sind die jüngsten Prognosen verhalten. Ein Grund sind die erwarteten Folgen des Brexit, die der deutschen Wirtschaft vor allem ab nächstem Jahr eine schwächere Entwicklung bescheren dürften. Die EZB geht mit einer Rückstufung um 0,1 Prozentpunkte noch moderat vor, das DIW rechnet mit einer deutlicheren Abkühlung.

Insofern hatten sich manche Anleger von der EZB in der vergangenen Woche eine Aussage zur Fortsetzung des Anleihekaufprogramms erwartet. Doch Draghi blieb hier verschlossen – wenngleich derzeit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er die Rückkäufe über den März hinaus fortsetzt.

Eine echte Schwäche der deutschen und damit der europäischen Wirtschaft ist noch nicht in Sicht. Da derzeit auch die US-Wirtschaft an Dynamik verliert, wäre das für die Börse keine gute Mischung. Der Kursaufschwung der vergangenen Jahre verlief auch deshalb so gut, weil die Konjunktur weder zu stark war (das hätte restriktive Maßnahmen der Notenbanken hervorgerufen), noch in eine Rezession abglitt.

Eine moderate, kontinuierliche Aufwärtsentwicklung der Wirtschaft bei niedrigen Zinsen ist das klassische Umfeld für eine stabile Hausse. Dass die Zinsen derzeit sogar negativ sind, ist der Schuss über das Ziel hinaus – und dies trägt immer mehr zur Unsicherheit der Anleger bei.

Stabiler Ölmarkt kommt Wirtschaft und Aktien zugute

Ruhiger geworden ist es derzeit auf dem Ölmarkt. Meldungen über mögliche Förderobergrenzen durch Russland oder Saudi Arabien haben bisher noch nicht zu hektischen Kursausschlägen geführt. Allerdings, der von Pessimisten vor einigen Monaten befürchtete abermalige Rückschlag am Ölmarkt auf Notierungen unter 30 Dollar hat auch nicht stattgefunden.

Federn lassen im zweiten Quartal

Im Gegenteil: Der Preis für ein Fass Brent hat sich Anfang August wie im Bilderbuch auf der 200-Tage-Linie über 40 Dollar stabilisiert und ist von da aus deutlich gestiegen. Mittlerweile kommen die Ölnotierungen immer wieder an die Zone zwischen 50 und 55 Dollar heran – ein Widerstandsbereich, der sich seit Herbst 2015 etabliert hat. Das heißt: Am Ölmarkt baut sich langsam eine innere Stärke auf, die dann bei positiven Nachrichten zu einem weiteren Preisschub führen kann. Technisch wäre die Überwindung der Zone 50 bis 55 Dollar ein starkes Kaufsignal.

Ein stabiler (aber nicht überschießender) Ölmarkt hätte mehrere Vorteile für Aktien: Er würde der US-Wirtschaft helfen, die derzeit in einer labilen Lage ist; er würde Russland und andere rohstoffproduzierende Schwellenländer stützen – und das wäre im nächsten Schritt wieder gut für die klassischen Exportnationen, also vor allem für Deutschland.

Zudem sind stabile Rohstoffpreise auch ein Zeichen für eine robuste Konjunktur. Besonders aussagekräftig sind die Kupfernotierungen, weil das rote Metall in zahlreichen Branchen eingesetzt wird. Noch verlaufen die Kupfernotierungen in ihrer fünf Jahre anhaltenden großen Abwärtsbewegung. Immerhin, seit einem Jahr hat sich der Preis zwischen 4500 und 5000 Dollar je Tonne stabilisiert. Aluminium hat sogar eine leichte Erholung geschafft.

Beide Preiskurven deuten noch nicht auf die große Wende hin, sondern es sieht eher nach Zwischenerholungen wie 2012 oder 2014 aus. Die internationalen Rohstoffmärkte dürften weiterhin fragil bleiben. Dass die schwere Abwärtstendenz der vergangenen Jahre aber zunächst gestoppt wurde, ist für die Anlagemärkte ein wichtiger Vorteil.

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