Die ersten Unternehmenszahlen, in denen der Coronacrash steckt, sind nun auf dem Tisch – und die sehen düster aus. Bei der US-Bank Morgan Stanley sinkt der Gewinn im ersten Quartal um ein Drittel, bei Goldman Sachs und Bank of America kommt es zu einer Halbierung, bei JP Morgan sind es minus 70 Prozent – und Wells Fargo macht fast überhaupt keinen Gewinn mehr.
Zwei große Belastungen gibt es derzeit im Zahlenwerk der Banken: enorme Rückstellungen für wacklige und faule Kredite – darin steckt die Erwartung einer schweren Pleitewelle. Und Abschreibungen für Wertminderungen von Assets, das ist die Folge der weltweiten Schrumpfungen in vielen Anlagebereichen.
Die Zahlen der Banken machen offensichtlich, dass Wirtschaft und Märkte durch den Coronacrash blitzartig und substanziell getroffen wurden. Der Rückschlag für die Konjunktur könnte unterm Strich sogar noch größer ausfallen als in der Finanzkrise 2008/2009, schneller eingetreten ist er ohnehin schon.
Es gibt auch zwei Lichtblicke. Zum einen haben die Geldinstitute nun enorme Polster aufgebaut, JP Morgan etwa Rückstellungen für drohende Kreditausfälle von mehr als acht Milliarden Dollar. Dieser Puffer ist fünfmal so stark wie vor einem Jahr. Und trotz dieser Vorsorge haben die US-Banken (bis auf Wells Fargo) unterm Strich immer noch Milliardengewinne gemacht. Das ist eine stramme Leistung.
Zweiter Lichtblick: Vor allem Wertpapierbanken wie Goldman Sachs profitieren davon, dass es in vielen Depots mit den Marktturbulenzen und der Angst vor weiteren Marktverwerfungen zahlreiche Umschichtungen und Transaktionen stattfinden. Das lässt Provisionseinnahmen sprudeln.
Und die Aktien der Banken? Während es beim schwächsten Geldhaus, Wells Fargo, noch einmal zu deutlichen Verlusten kommt, reagieren die anderen Bankaktien kaum noch auf die Vorlage der Zahlen.
Für Anleger bedeutet das Zweierlei: Erstens haben die Märkte die bisher schon erhebliche Belastung der Coronakrise eingepreist; und zweitens haben sie (wegen der neuen Rückstellungen der Banken) dabei auch berücksichtig, dass die nächsten Wochen und Monate ziemlich schwierig werden.
Drei Szenarien: Von recht optimistisch bis ziemlich düster
Für die Aktienmärkte – und damit auch für den Dax – lassen sich aus den bisher veröffentlichten Zahlen drei Szenarien ableiten:
Ein optimistisches Szenario, bei dem sich die neuen, enormen Rückstellungen letztlich sogar als zu umfangreich herausstellen könnten – etwa weil es früher als erwartet zu einer medizinischen Eindämmung der Pandemie kommt. Für die Aktienkurse wäre das ein echter Treibsatz, weil es nicht nur zu einer schnellen Entlastung in den aktuellen Zahlen kommen würde, sondern darüber hinaus eines späteren Tages zu einer Auflösung von nicht mehr notwendigen Reserveposten.
Die gegenteilige Variante ist ein pessimistisches Szenario, in dem die Wirtschaft in den nächsten Monaten noch tiefer abstürzt als bisher erwartet. Selbst die nun üppigen Polster werden dabei aufgebraucht und es entstehen echte Milliardenverluste. Ein solches Szenario steckt derzeit definitiv noch nicht in den aktuellen Kursen. Dafür ist die jüngste Erholung schon viel zu weit gegangen.