Besonders schwer hat es RWE erwischt. Die Gewinnprognose der New-Energy-Tochter Innogy wurde gekappt, die Muttergesellschaft stürzte zweistellig in die Tiefe. Diese heftige Marktreaktion ist zunächst ein spezielles RWE-Phänomen. RWE wurde, ähnlich wie E.On, in den vergangenen Monaten als Turnaround gefeiert, der nach langjährigem Niedergang die Wende geschafft hatte.
Diese Einschätzung ist keineswegs grundfalsch, nur braucht die gesamte Entwicklung hin zu einem neuen Energiekonzern viel mehr Zeit, als sich manche Optimisten wünschen. Im abgelaufenen Jahr haben sich RWE-Aktien in der Spitze verdoppelt haben, ein Rücksetzer ist also keine Überraschung. Wahrscheinlich dauert es nun mehrere Monate, bis sich die Aktie wieder stabilisiert – vielleicht im Bereich 15 bis 17 Euro.
Wen erwischt es als nächstes? Vielleicht sogar einen ehemaligen Dauerläufer wie Adidas. Die Kurskorrektur muss nicht so heftig ausfallen wie bei RWE, doch nachdem sich die Aktie binnen drei Jahren fast vervierfacht hat, sind die guten Geschäftsperspektiven reichlich verarbeitet. Ein Favorit für 2018 ist Adidas nicht mehr.
Gemeinsam ist diesen Werten die Nähe zu den Branchen Gesundheit, Pharma und Chemie. Weltweit gibt es hier zahlreiche Aktien, die schlecht laufen – weil sich Hoffnungen auf neue Medikamente nicht erfüllen oder sich Erlöse angesichts knapper Gesundheitskassen nicht mehr durchsetzen lassen.
Angeschlagen ist auch Henkel. Das ist bemerkenswert, da Konkurrent Beiersdorf auf der anderen Seite seine Position als Dauerfavorit behauptet. Eigentlich müsste Henkel durch sein starkes Industriegeschäft von der Bauwirtschaft profitieren. Die Bewertung ist allerdings noch nicht günstig. Wahrscheinlich kommen erst im Bereich um 100 Euro antizyklische Käufe infrage.
Das Umfeld aus Zinsen und Konjunktur stimmt, die langen Trends an den großen Märkten sind intakt, und zu viel Optimismus bei Einzelwerten wird korrigiert. Mit dieser Mischung sind die weiteren Aussichten des Dax nicht schlecht. Eine Differenzierung bei Branchen und Einzelwerten dürfte in den nächsten Monaten dazu führen, dass sich der Gesamtmarkt schwerer tut, auch wenn er deshalb nicht abstürzen sollte. Kurzfristig ist es wichtig, dass der Dax – gemessen am Tagesschlussstand – das Niveau um 12950 Punkte hält.