Riedls Dax-Radar

Machtlos gegen schwache Nerven

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Wenn die US-Börsen nicht mehr halten, wird es gefährlich

Ein Risikoträger ist Neuling Wirecard. Auch wenn die operative Entwicklung des Unternehmens und der Durchmarsch bis in den Dax eine Erfolgsstory ist, wird sich die Bewertung früher oder später nivellieren. Und bei einem KGV von mehr als 60 besteht in den nächsten Monaten reichlich Luft nach unten.

An den Börsen wird die Entwicklung auf absehbare Zeit turbulent bleiben. Die heftigen Kursausschläge auf die jüngsten Ergebnisse zeigen, dass bei vielen Anlegern die Nerven blank liegen. Nervöse Märkte aber sind gefährliche Märkte. Wer nervös ist und Aktien hat, befürchtet, dass sie sinken könnten. Damit besteht ein latentes Verkaufspotenzial, das wiederum auf die Kurse drückt.

Die klassischen Krisenindikatoren springen an: Die Volatilitätsindizes haben weltweit mittleres Niveau erreicht. Darin liegt eine Gefahr: Wenn die Volatilität (die erwarteten Kursschwankungen an den Börsen) niedrig ist, treten die Märkte auf der Stelle oder bewegen sich in ruhigen Aufwärtstrends. In solchen Phasen besteht keine große Verkaufsneigung. Steigt nun die Vola, wächst die Unsicherheit und die Bereitschaft für Verkäufe. Bereinigt sind die Märkte dann aber noch nicht. Dazu müsste die Vola erst noch weiter ansteigen und Spitzenwerte von mehr als 30 oder 40 Prozent erreichen. Und das vollzieht sich in der Regel über stark sinkende Kurse.

Auch der zweite Krisenindikator zieht an, der Goldpreis. Mit dem jüngsten Anstieg auf 1230 Dollar hat Gold den seit April bestehenden Abwärtstrend beendet. Damit muss jetzt nicht die große Goldhausse vor der Tür stehen, doch Notierungen um 1250 bis 1270 Dollar sind in den nächsten Wochen schon möglich.

Dritter Krisenindikator ist der Bund Future, also öffentliche deutsche Anleihen. Bunds sind in den vergangenen Wochen wegen der steigenden Zinsen gesunken. Doch wenn sich die Situation an den Märkten zuspitzt, zählt die generelle Sicherheit mehr als die Furcht vor zinsbedingten Kursrückgängen. Deshalb ist der Bund Future in den vergangenen Tagen auch gestiegen, obwohl er im großen Umfeld der Zinswende eigentlich hätte sinken müssen.

Der Dax hat Mitte vergangener Woche das Niveau um 11.800 Punkte erreicht. Das war das Minimalziel einer Erholung, es liegt genau auf dem Niveau des jüngsten Tiefs vom September. Sollte der Dax in den nächsten Tagen hier nicht weiterkommen, wäre das ein eklatantes Schwächezeichen.

Die Schlüsselrolle werden die US-Märkte spielen. Auch hier ist es mittlerweile eng geworden. Der Dow Jones liegt nur noch knapp über der wichtigen Marke von 25.000 Punkten. Hier zählt weniger die runde Zahl, als vielmehr der seit 2016 bestehende Aufwärtstrend (die Trump-Hausse) und die 200-Tage-Linie, die hier verlaufen. Im Nasdaq-100-Index liegt diese wichtige Untergrenze um 7000 Punkte.

Fazit für den Dax: Die Situation im Dax ist weiterhin ziemlich kritisch und noch keineswegs bereinigt. Heftige Kursreaktionen wie bei Fresenius und die angestiegenen Krisenindikatoren zeigen, wie nervös die Märkte geworden sind – und damit anfällig für weitere Rückschläge. Gefährlich wäre es, wenn nun auch die US-Märkte ihren Trend nicht mehr verteidigen könnten. Dass Top-Unternehmen wie SAP sich operativ stark entwickeln, ist derzeit die wichtigste Stütze für den Markt. Sie sollte dazu beitragen, dass der Dax in der nächsten Woche die wichtige Unterstützung bei 11.400 Punkte verteidigen kann. Für die Anlagetaktik bleibt es wichtig, genügend Liquidität zur Verfügung zu haben.  

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