
An den Aktienmärkten findet eine Anpassung statt. Bis Dezember gingen die meisten Anleger davon aus, dass die Folgen der Krisen den Märkten kaum schaden – mehr noch: Sie seien im Grunde der Motor des Anstiegs. Also: Wegen der Krisen sind die Zinsen so niedrig, und deshalb sind Aktien das wichtigste Anlagemedium. Andererseits ist die Wirtschaft aber so schwach auch wieder nicht - und damit bleibe die Aussicht auf moderat steigende Unternehmensgewinne erhalten. Beides führte seit der Finanzkrise zu einer ziemlich stabilen Hausse.
Zu diesem Mix aus moderater Konjunkturentwicklung und niedrigen Zinsen sind seit vergangenem Jahr zwei Krisenkomplexe hinzugekommen: Die abflauende Dynamik in China inklusive möglicher Folgen für die Weltwirtschaft sowie die Rohstoff- und Ölpreisbaisse und die damit verbundene Schwäche der Schwellenländer.
An den Aktienmärkten selbst erfolgte im Januar der Umschwung: Der Glaube daran, dass diese Krisen eines Tages doch gemeistert werden, ist weitgehend verflogen. Zeichen dafür sind die massiven Kursverluste an den Aktienmärkten und erstmals seit mehreren Jahren eine echte Erholung beim Gold, das derzeit wieder in die Funktion der Krisenversicherung rückt. Der verstärkte Blick auf die Risiken und nicht auf die Chancen lässt sich auch an den gestiegenen Volatilitäts-Indizes ablesen, die erstmals seit dem Kurssturz von 2011 wieder Krise signalisieren.
Daimler bald reif zum Einstieg
Was das für Einzelaktien bedeutet, zeigt der jüngste Kursverfall bei Daimler. Obwohl die Stuttgarter auf Rekordniveau produzieren, eine vielversprechende Modellpalette haben und netto so rentabel sind wie nie zuvor, wird die Aktie verkauft. Selbst wenn man auf dem erreichten hohen Niveau keine deutlichen Gewinnsteigerungen annimmt, sind Daimler-Aktien analytisch mittlerweile billig geworden – und sehr rentabel dazu, denn die Dividende dürfte auf absehbare Zeit mindestens gehalten werden. Daimler-Aktien sollten im Dax zu den ersten Papieren gehören, die wieder reif für einen Rückkauf oder einen Neukauf sind.
Natürlich werden sie sich in einem schwachen Gesamtmarkt der allgemeinen Tendenz nicht entziehen können. Seit der Finanzkrise ist die Daimler-Aktie von 17 Euro auf 96 Euro gestiegen. Das sind 79 Euro Gewinn. Wenn sie davon in klassischer Weise rund 40 Prozent wieder verliert (32 Euro), ergäbe das ein Kursziel von 64 Euro.
Dass diese Projektion mittlerweile unterschritten ist, kann man einerseits als Übertreibung deuten, andererseits als Zeichen für den aktuell besonders gefährlichen Krisenmix. Wahrscheinlich ist es beides. So gesehen könnte es noch eine Station tiefer gehen, vielleicht in die Bandbreite zwischen 60 und 55 Euro. Hier sollte sich dann aber eine erste Gelegenheit zu Rückkäufen ergeben.