Rohstoffe Angst vor Syrien-Eskalation treibt Ölpreis auf Drei-Jahres-Hoch

Ölpumpe Quelle: dpa

Der Preis für das Nordseeöl Brent klettert deutlich über 70 Dollar. Der Markt fürchtet eine militärische Auseinandersetzung zwischen USA und Russland.

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223 Zeichen haben dem Ölpreis am Mittwoch einen maßgeblichen Schub über die Marke von 70 Dollar gegeben. Dass US-Präsident Donald Trump via Twitter einen Raketenangriff auf Syrien ankündigte, schreckte nicht nur die internationale Politik auf, sondern hinterließ auch am Ölmarkt seine Spuren.

Die geopolitischen Risiken und die Furcht vor Hemmnissen im globalen Ölhandel haben den Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent um 2,5 Prozent auf gut 72,50 Dollar steigen lassen. So teuer war Öl seit Anfang Dezember 2014 nicht mehr. In seinem Tweet stichelte Trump gegen Russland, das zuvor erklärte, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien geschossen würden. „Russland, bereitet euch vor“, schrieb Trump. Die Raketen würden kommen – „hübsch, neu und smart“. Russland unterstützt im syrischen Bürgerkrieg Machthaber Baschar al-Assad. Mit der Twitter-Drohung stellt sich der US-Präsident hingegen klar gegen Assad. Trump macht die Regierungskräfte für den jüngsten Giftgasangriff in Duma verantwortlich.

Die Furcht am Ölmarkt dürfte weniger an der Ölproduktion Syriens hängen. Laut den Daten der aktuellen BP Statistical Review fördert das vom Bürgerkrieg geprägte Land gerade einmal 25.000 Barrel Öl pro Tag. Vor Ausbruch des Krieges im Jahr 2011 förderte das Land mit knapp 400.000 Barrel noch wesentlich mehr. Vielmehr dürfte den Rohstoffhändlern die Ölversorgung der Welt Sorgen machen. Kommt es zur Auseinandersetzung, stünden sich mit Russland und den USA die beiden größten Ölproduzenten der Welt in einem Konflikt gegenüber. Beide Länder gemeinsam stehen für mehr als ein Fünftel des globalen Ölangebots, das aktuell bei rund 97 Millionen Barrel pro Tag liegt.

Wie sich die Situation weiterentwickelt und welche Konsequenzen die Worte und Taten tatsächlich für den Ölmarkt haben, bleibt bislang hoch spekulativ. Der Preisanstieg zeigt aber zumindest, dass die Ölhändler sensibel auf geopolitische Risiken reagieren Medienberichten zufolge hat Saudi-Arabien am heutigen Mittwoch zudem Raketen über der Hauptstadt Riad abgefangen. Die Rakete könnte aus dem Jemen stammen, wo ebenfalls Bürgerkrieg herrscht. Die Saudis unterstützen dort die Regierungskräfte, während ihr Erzrivale Iran die Rebellen stützt.

Die Ereignisse erklärten, warum die Märkte den heute gemeldeten Lageraufbau in den USA, der im Grunde preisbelastend wirken würde, praktisch ignorieren, erklärt Jan Edelmann, Rohstoff-Analyst der HSH Nordbank. „Zeitgleich ist aus der Preisbewegung abzulesen, wie eingeengt der Markt bereits ist.“ Was Edelmann meint, ist das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage am Ölmarkt. Seit Januar 2017 verzichten die Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) sowie zehn weitere Staaten, darunter Russland, auf 1,8 Millionen Barrel ihrer täglichen Förderung.

Ziel ist es, das in den vergangenen Jahren anhaltende Überangebot am Markt abzubauen und die vollen Öllager zu leeren. Gemeinsam mit einer stark wachsenden Ölnachfrage – im vergangenen Jahr stieg sie um 1,6 Millionen Barrel pro Tag – haben die Förderkürzungen zu einem Anstieg der Ölpreise geführt. Rauschte der Preis für das Nordseeöl Brent zwischen 2014 und Anfang 2016 noch von über 110 unter 30 Dollar, hat er sich mittlerweile wieder deutlich erholt.

Noch bis mindestens Ende 2018 wollen die Opec und ihre Partner an der Förderkürzung festhalten. Die Internationale Energieagentur fürchtet offenbar, dass das Überangebot am Markt in ein deutliches Angebotsdefizit umschlagen könnte. Zwar steige die Ölproduktion in den USA weiter, doch das allein genüge nicht, „um mich zu beruhigen, dass es auch in Zukunft eine ausreichende Produktion geben wird“, sagte IEA-Chef Fatih Birol am Mittwoch am Rande des International Energy Forum im indischen Neu-Delhi.

Ein Ende der Markteingriffe scheint nicht in Sicht. Sowohl die Saudis als auch die Russen, die beiden Macher hinter dem Kürzungspakt, haben bereits in Aussicht gestellt, dass die Kürzungen noch bis ins Jahr 2019 andauern.

Hinzu kommt, dass Saudi-Arabien offenbar zunehmend Gefallen an den steigenden Preisen findet. Zwar betonte Energieminister Khalid Al-Falih auf dem International Energy Forum in Neu Delhi, dass Saudi-Arabien kein Preisziel verfolge. Laut einer Bloomberg-Meldung, die sich auf Insider der saudischen Regierung beruft, strebe das Königreich einen Preis nahe 80 Dollar an.

Die nun wiederkehrende Sensibilität gegenüber geopolitischen Risiken am Markt könnte den Preisauftrieb in diese Region deutlich beschleunigen.

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