Rohstoffe Auf den Ölpreisboom folgt der Einbruch

Seit seinem Hoch Ende Januar ist der Ölpreis um mehr als elf Prozent eingebrochen. Quelle: dpa

Ende Januar kletterte der Ölpreis noch auf ein Zweieinhalbjahreshoch über 70 Dollar. Seitdem fällt und fällt er.

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Am Ölmarkt zeichnet sich ein Déjà-Vu ab. Spätestens seitdem die US-Energiestatistikbehörde EIA den jüngsten Produktionsboom der Schieferölförderer Ende Januar verkündete, befindet sich der Ölpreis im Abwärtssog. Nun legte auch die Internationale Energieagentur nach: Die aktuelle Situation „erinnert an die erste Schieferölwelle aus den USA“, schreiben die Ölexperten in ihrem jüngsten Bericht. Das Alarmsignal könnte für die Organisation erdölexportierender Staaten (Opec) nicht deutlicher ausfallen. Schließlich war es die Flut an Schieferöl, die den Ölpreis zwischen Juni 2014 und Anfang 2016 von 110 Dollar auf unter 30 Dollar je Barrel (159 Liter) einbrechen ließ.

Im Vergleich zu Anfang 2016 hat sich der Ölpreis deutlich erholt, besonders im vergangenen Jahr. Das liegt zum einen an den Förderkürzungen der Opec gemeinsam mit zehn Partnern, darunter Russland. Sie entziehen dem Markt täglich 1,8 Millionen Barrel an Angebot. Zum anderen überrascht die starke Nachfrage. Beides ließ den Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent bis Ende Januar über 70 Dollar steigen, auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch. Seitdem aber geht es steil bergab. Über elf Prozent hat Öl binnen zwei Wochen verloren. Der Preis für das nordamerikanische Öl WTI rauschte gar schon unter die 60-Dollar-Marke, die erst Ende vergangenen Jahres erklommen worden war.

Die Opec gibt sich gewohnt gelassen. Zwar werde das Kartell Schieferöl im Auge behalten. Im Großen und Ganzen drohe vonseiten der Amerikaner aber „keine große Verzerrung“ am Markt, wie der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate und amtierende Opec-Präsident Suhail Al-Mazrouei erklärt.

Seine Einschätzung widerspricht den meisten Marktbeobachtern. Die IEA verdeutlicht ihre Warnung mit Zahlen: Sie erwartet, dass die Ölnachfrage in diesem Jahr um 1,4 Millionen Barrel pro Tag steigt. Gleichzeitig werde aber die Produktion aus Nicht-Opec-Ländern, nicht zuletzt den USA, um 1,7 Millionen Barrel steigen. Liegt die IEA mit ihrer Prognose richtig, wird die Welt mit Öl überversorgt, was den Preis drückt.

Auch die Analysten der Citigroup mahnen in einer aktuellen Studie davor, dass die Opec und ihre Partner den Markt überhitzen, und zwar zu ihren eigenen Ungunsten: Kurzfristig mag das die Preise zwar nach oben treiben, aber mittelfristig verlieren die Opec und ihre Partner damit Marktanteile. „Die Opec scheint das erheblich zu unterschätzen“, schreiben die Ölanalysten. Rechne man die Produktionssteigerungen anderer Staaten hinzu – Kanada und Kasachstan waren hier zuletzt stark – steige die Förderung aus Nicht-Opec-Ländern in diesem Jahr sogar um insgesamt 2,2 Millionen Barrel. „Historisch gesehen lag die Opec mit ihren Prognosen bei der Ölförderung von Nicht-Opec-Staaten immer weit daneben und es sieht ganz so aus, als wenn sich Geschichte wiederholen wird“, schreiben die Citi-Analysten um ihren Chef-Strategen Ed Morse in ihrem jüngsten Kommentar.

Hinzu kommt: Die immer wiederkehrenden Erfolgsmeldungen der Opec gepaart mit öffentlich gezeigter Gleichgültigkeit gegenüber der stark expandierenden Schieferölindustrie heizt die Stimmung bei manchem Analysten sowie Spekulanten an. Erst vor wenigen Tagen, als Öl noch bei 70 Dollar notierte, korrigierte Goldman Sachs seine Ölpreisprognose nach oben. 80 Dollar seien in diesem Jahr möglich. JP Morgan zog nach und erhöhte ähnlich stark auf 78 Dollar. Unterdessen wetten Spekulanten immer noch auf Rekordniveau auf steigende Preise. Terminverträge im Äquivalent von einer Milliarde Barrel sind „long“, wie es im Fachjargon heißt. „Sobald da etwas passiert, geht’s runter mit dem Ölpreis“, sagt Cornelia Meyer, unabhängige Ölmarktexpertin aus London.

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