Rohstoffe Chancen und Risiken für Rohstoff-Anleger

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Gefahr Konjunktureintrübung in China

Commerzbank Rohstoffradar Quelle: Commerzbank

Nach Einschätzung des Rohstoffexperten Eugen Weinberg von der Commerzbank geht die größte Gefahr für die Rohstoffmärkte von China aus. Was an Zahlen und Prognosen zu Chinas Wirtschaft verfügbar ist, hat zwar längst seine Berücksichtigung in den Rohstoffpreisen gefunden, aber ein Restrisiko bleibt. Für Chinas Wirtschaft könnte es weiter abwärts gehen. „Von dem prognostizierten Konjunkturrückgang haben wir bis jetzt noch nichts gesehen. Die Zahlen für Mai haben im Gegenteil nochmal positiv überrascht. Der Import von Industriemetallen ist sogar nochmal gestiegen“, sagt Weinberg.

Rohstoffaktien

Irrelevante Euro-Krise drückt die Preise

Die Sorge, die die Rohstoffmärkte derzeit fest im Griff hat, ist die Euro-Krise. Dabei spielen nicht die Fundamentaldaten sondern die Psychologie die entscheidende Rolle. „Was die Rohstoffnachfrage angeht, ist die Euro-Zone auf den wichtigen Rohstoffmärkten eigentlich irrelevant“, sagt der Commerzbank-Experte. Ein Beispiel: Die Nachfrage nach Industriemetallen aus den Euro-Ländern entspricht zehn bis 15 Prozent der globalen Nachfrage. China steht hingegen für 40 bis 50 Prozent des Industriemetallbedarfs.

Angesichts der Euro-Krise sind Preisrückgänge bei vielen Rohstoffen übertrieben. Aus der Erfahrung ist jedoch auch noch eine kräftige Bereinigung – also eine noch stärkere Übertreibung nach unten – denkbar. Und sie wäre vielleicht sogar hilfreich. Denn während ausgehend von den Wirtschaftsdaten eigentlich Entwarnung gegeben werden darf, ist die Situation psychologisch angespannt. Wenn die Marktakteure kapitulieren und die Kurse nochmal kräftig nachgegeben haben, wäre der Markt für eine Erholung bereit.

Pro und Contra zu Rohstoff-Spekulationen
Die Frankfurter Skyline ist hinter einem Rapsfeld in Eschborn zu sehen: Die öffentliche Meinung ist eindeutig. Geht es nach einer Forsa-Umfrage vom Ende vergangenen Jahres, dann sind nur elf Prozent der Bevölkerung in Deutschland dafür, dass es Anlageprodukte auf Agrarrohstoffe überhaupt gibt. 84 Prozent sind dagegen. Trotzdem finden sich genügend Experten, die Spekulationen auf Agrarrohstoffe befürworten. Hier eine Auswahl: Quelle: dpa
Professor Harald von Witzke, Agrarökonom an der Humboldt-Universität in Berlin, sagt: „Nur Scharlatane glauben, dass Wetten an den Terminbörsen die Lebensmittelpreise dauerhaft nach oben treiben. Landwirte und Agrarhändler können sich nur gegen Preisrisiken absichern, wenn Finanzinvestoren auf der Gegenseite in die andere Richtung wetten.“ Quelle: obs
Sein Kollege George Rapsomanikis, Ökonom bei den Vereinten Nationen, verweist auf die gegenseitige Abhängigkeit der verschiedenen Märkte: "Wenn der Ölpreis steigt, dann steigt auch die Nachfrage nach Ethanol und damit die Nachfrage nach Mais. All diese Märkte sind eng miteinander verknüpft, weshalb wir bei jedem Ölschock auch eine Nahrungsmittelkrise erwarten." Steigende Rohstoffpreise hängen seiner Ansicht nach in erster Linie auch mit der zunehmenden Industrialisierung in den Schwellenländern sowie mit der veränderten Nutzung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen zusammen. Werden die vermehrt als Energieträger genutzt, dann führt die steigende Nachfrage auf dem Energiemarkt jedes Mal zu einem Preisanstieg auf dem Rohstoffmarkt. Quelle: Pressebild
Der Gießener Agrarökonom Michael Schmitz sieht vor allem die Entwicklungsländer selbst in der Verantwortung: "Der Hunger ist vor allem ein hausgemachtes Problem in den Entwicklungsländern. Die Preisschwankungen waren Anfang der 70er-Jahre ähnlich hoch wie heute - ohne große Zuflüsse an Kapital", sagt der Professor. 2006 bis 2008 gab es zudem massive Ernteausfälle. Das war seiner Ansicht nach der Grund, warum damals die Preise deutlich anzogen. Außerdem waren die Lagerbestände infolge der Knappheit abgebaut worden, was die Märkte besonders nervös werden ließ. Und dann kam infolgedessen die Politik ins Spiel. Viele Importländer verstärkten ihre Importe, und die Exportländer drosselten ihre Exporte, was den Engpass und somit den Preisauftrieb noch verstärkte. Zudem: 74 Studien zum Thema, wie Rohstoffspekulationen Preise und Hunger treiben, hat sich der Experte angesehen. Nur eine stand in einem qualitätsgeprüften Journal. Quelle: Pressebild
Es ist die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, die sich aus ethisch-moralischen Gründen gegen das Spekulieren auf landwirtschaftliche Produkte ausspricht. Kern aller Argumente ist dabei stets, dass sich hinter der Vielzahl von Kontrakten, die an den Terminbörsen abgeschlossen werden, nur selten Absicherungsgeschäfte für Landwirte und Agrarhändler befinden. In den meisten Fällen wollen Spekulanten vom Auf und Ab der Preise profitieren. Quelle: dpa
"Wir erleben derzeit eine Achterbahnfahrt auf den Weltmärkten für Agrarrohstoffe. Dadurch drohen Grundnahrungsmittel für immer mehr Menschen gerade in den Entwicklungsländern unbezahlbar zu werden", äußerte sich beispielsweise kürzlich Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner. Die Politik hat dabei das große Ganze im Auge: Geht die Preistreiberei weiter, dann könnte es irgendwann Krieg um Grundnahrungsmittel geben. Erste Auswirkungen sah man bereits im vergangenen Jahr in Südostasien, als der Reispreis massiv angezogen hatte und die Menschen auf die Straße gingen. Quelle: dpa
Auch an den Börsen sieht man dieses Treiben zunehmend kritisch. „Es gibt volkswirtschaftlich gesehen überhaupt keinen Grund, warum man Investoren erlaubt, Lebensmittel aus dem Markt zu nehmen und zu horten, nur um von Preissteigerungen zu profitieren“, sagt etwa der als „Mister Dax“ bekanntgewordene Börsenmakler Dirk Müller. Immer wieder gab es Berichte, wonach in großen Lagerhäusern Lebensmittel bewusst zu Spekulationszwecken zurückgehalten wurden, um das Angebot gering zu halten. Quelle: dpa

Industriemetalle zu billig

Dass die Preisabschläge der vergangenen Monate übertrieben waren, lässt sich vor allem an Industriemetallen ablesen. „Aluminium, Zink, Nickel und Blei notieren allesamt unterhalb ihrer Grenzproduktionskosten“, erklärt Rohstoffexperte Eugen Weinberg. Anders gesagt: zum aktuellen Preis lohnt die Förderung und Produktion dieser Rohstoffe für die Rohstoffkonzerne nicht.

Darunter leiden die Konzerne, die diese Rohstoffe produzieren, empfindlich. Aktionäre der Konzerne BHP Billiton Rio Tinto oder Glencore mussten seit März empfindliche Kursverluste hinnehmen. Aktien des Marktführers BHP Billiton aus Australien verbuchten im vergangenen Monate einen Rückgang um mehr als sieben Prozent. Bei Glencore erreichten die Verluste im gleichen Zeitraum zehn Prozent, ebenso bei Rio Tinto. Die Probleme der Konzerne mit niedrigen Rohstoffpreisen können selbige aber sogar unterstützen. Nämlich dann, wenn die Produktion gedrosselt wird. Das sorgt für Knappheit und stützt die Rohstoffpreise. Ein Beispiel dafür ist die weltweit größte Platinmine Rustenberg von Impala. Das Unternehmen entließ 15.000 Mitarbeiter. Platin konnte sich so als teuerstes Edelmetall der Welt behaupten.

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