Rohstoffe Spekulanten treiben den Ölpreis

Sinkende Vorräte in den USA lassen den Ölpreis auf 50 Dollar pro Barrel steigen. Experten bezweifeln jedoch eine Trendwende. Ein dauerhaft höheres Preisniveau sei unwahrscheinlich.

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Vor allem Spekulationen treiben derzeit den Ölpreis. Quelle: dpa

Wien Die Euphorie am Markt ist groß: Erstmals seit Juli übersprang der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseeölsorte Brent wieder die psychologisch wichtige Grenze von 50 Dollar. Im August – ohnehin ein Monat mit starker Nachfrage – zogen die Preise deutlich an. Innerhalb der letzten Wochen legten sie um mehr als ein Fünftel zu.

„Es sind vor allem Spekulationen, die den Preis treiben“, sagte ein Öl-Analyst eines unabhängigen Instituts. „Der Markt ist so nervös, dass jede kleinste Informationen oder gar Äußerungen aus dem Umfeld der Opec eine sofortige Preisreaktion auslöst.“ Die Fundamentaldaten, auf die es ankäme, hätten sich aber nicht geändert.

Zuletzt hatten die unerwarteten Angaben der amerikanische Energieministeriums über sinkende Rohöl- und Benzinvorräte für einen Preisauftrieb gesorgt. Der Effekt kam dadurch zustande, dass die USA weniger Öl importierten und gleichzeitig in den traditionellen Ferienwochen mehr Benzin verbrauchten.

Eine nachhaltige Trendwende, nach denen sich die Ölförderländer, die Konzerne und die Technologiefirmen seit zwei Jahren sehnen, bezweifeln jedoch Experten. „Wir erwarten in diesem Jahr sogar einen Preis von unter 30 Dollar pro Barrel“, sagte ein erfahrener Analyst, der den Ölmarkt seit Jahrzehnten kennt. Zuletzt hatte Saudi-Arabien, das Schwergewicht des Ölkartells Opec, im verbrauchsintensiven Monat August die Produktion auf ein Rekordniveau von bis zu 10,9 Millionen Barrel täglich hochgefahren.

„Dieses rekordhohe Angebot würde auf einen Markt treffen, wenn sich die Nachfrage saisonbedingt gerade abzuschwächen beginnt und die Raffinerien ihre Verarbeitung reduzieren. Die Ölpreise dürften daher bald wieder nachgeben“, schreiben daher die Energieanalysten der Commerzbank.

Die Einschätzung deckt sich auch mit den Erwartungen der Industrie. Rainer Seele, CEO des Ölkonzerns OMV, sagte erst vor wenigen Tagen, dass er eine schnelle Erholung im Markt nicht erwartet. Der frühere Wintershall-Chef  geht für dieses Jahr von einem durchschnittlichen Ölpreis von 40 Dollar pro Barrel aus. Aus diesem Grund hat der OMV-Vorstand den Sparkurs noch verschärft. Bis Ende 2017 will der Konzern die Kosten um 150 Millionen Euro senken.

Optimisten erwarten unterdessen, dass sich die OPEC noch in diesem Jahr durchringt, die Ölproduktion einzufrieren und das globale Überangebot einzudämmen. Der russische Energieminister Alexander Novak sagte im Vorfeld eines Treffen mit dem saudischen Ölminister Khalid Al-Falih im September, sein Land sei offen, die Produktion einzufrieren. 

Derartige Versuche gab es in der Vergangenheit immer wieder. Doch bislang hatten Gespräche zwischen Russland und Opec nie zu einem Durchbruch geführt. Die Interessen innerhalb Ölkartells sind sehr unterschiedlich. Das Opec-Mitglied Venezuela, dessen Staatshaushalt sich vor allem aus der Ölförderung finanziert, steht vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Der Iran hingegen verfolgt das ehrgeizige Ziel die Produktion zu erhöhen. Das würde die Preise unter Druck bringen.

Erst vor wenigen Tagen besuchte der iranische Diplomat für die internationalen Organisation, Reza Najafi, die Opec in Wien.  Er versicherte dem neuen nigerianischen Opec-Generalsekretär Sanusi Barkindo, dass der Iran ein stabiler und loyaler Unterstützer der Opec sei. Najafi drückte seine Zuversicht aus, dass die Opec-Mitgliedsstaaten „zusammenarbeiten wie eine Familie“.

Analysten in Wien erwarten deshalb, dass Teheran gegenüber dem Erzrivalen aus Riad kompromissbereiter sein wird als in der Vergangenheit. Die nächste Opec-Konferenz findet am 30. November in der österreichischen Hauptstadt statt. Insider des Ölkartells gehen nicht davon aus, dass es zu einer vorgezogenen Konferenz kommen wird. Der Opec gehören vierzehn Länder an. Ende vergangenen Jahres kehrte Indonesien in die Gemeinschaft zurück. Seit kurzem ist auch das westafrikanische Ölförderland Gabun wieder Mitglied.

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