Rohstoffe Wie China den Ölhandel aufmischen will

China hat einen Öl-Terminvertrag eingeführt. Dieser soll nicht nur die Dominanz der beiden Weltsorten Brent und WTI brechen.

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Frankfurt China ist zu Beginn dieser Woche mit einem eigenen Terminkontrakt in den Öl-Terminhandel eingestiegen. Damit wollen sich die Chinesen weiter am Rohstoffmarkt emanzipieren – und die Macht der zwei vorherrschenden Leitsorten am Ölmarkt, Brent und WTI, brechen und einen für ihren Markt relevanteren Preis etablieren. Der Preis für ein Barrel Öl soll künftig nicht mehr nur in Dollar, sondern eben auch in der chinesischen Landeswährung Yuan bemessen werden. Geht der Plan Chinas auf, könnte sein Einfluss weit über den Ölmarkt hinaus steigen.

Angefangen hat das Vorhaben zumindest schon einmal gut. Die Analysten der Commerzbank sprechen von einem „großen Erfolg“. „Das Handelsvolumen belief sich am ersten Handelstag auf 20 Millionen Barrel. Davon entfielen gut 15 Millionen Barrel auf die ersten zweieinhalb Stunden, womit zeitweise das Handelsvolumen von Brent übertroffen wurde“, schreiben sie in einem Kommentar.

Für China ist der Schritt an den Öl-Terminmarkt ein wichtiger: Im vergangenen Jahr überholten sie die USA als größten Ölimporteur der Welt. Im Schnitt importierte China 8,4 Millionen Barrel Öl pro Tag, die Amerikaner 7,9 Millionen Barrel.

Trotzdem sind sie bislang als Großkonsument maßgeblich auf die Ölpreise in US-Dollar angewiesen – sie haben also kaum Einfluss auf den Preis und sind zudem einem Währungskursrisiko ausgesetzt. Beides soll nun mit dem chinesischen, auf Yuan laufenden Öl-Terminvertrag behoben werden. „Aus regionaler Perspektive ergibt der Terminkontrakt Sinn: Asien verfügt mit China, Südkorea und Japan über einen riesigen Nachfragemarkt, der bis heute keine eigene Benchmark besitzt“, erklärt David Wech, Chef der Wiener Energieanalysefirma JBC Energy.

Der Terminvertrag umfasst sieben Sorten, die China vorrangig konsumiert. Darunter befinden sich vor allem Ölsorten vom Persischen Golf wie Basrah Light aus dem Irak oder Omanisches Rohöl. China importiert 600.000 Barrel Omanisches Rohöl pro Tag – genug, um den Preis dieser Sorte zu beeinflussen, urteilen die Ölexperten der Energieanalysefirma Wood Mackenzie.

Trotz des erfolgreichen Starts warnt Wech von JBC Energy vor voreiligen Schlüssen. Noch sei es viel zu früh, um von einem Erfolg zu sprechen. „Um das einschätzen zu können, braucht es wahrscheinlich Jahre. Wir müssen sehen, ob internationale Finanzakteure den Markt annehmen – und ihn in der Größe mit den Leitsorten Brent und WTI vergleichbar machen“, erklärt Wech. Bislang wird das Gros des Rohöls in der Welt auf Basis der Brent- und WTI-Preise vermarktet.

Zudem hat China schon 1993 probiert, einen eigenen Öl-Future, wie die Verträge im Fachjargon genannt werden, zu etablieren. Ein Jahr später stellten die Chinesen den Kontrakt wegen zu starker Schwankungen und zu geringen Interesses ein.

Das muss keineswegs heißen, dass der heutige Versuch zum Scheitern verurteilt ist. Bei den Metallmärkten haben die Chinesen gezeigt, wie schnell sie sich zur bedeutenden Preisreferenz aufschwingen können. An der Shanghai Futures Exchange, wo auch der Ölvertrag gehandelt wird, notieren schon seit längerer Zeit bedeutende Verträge für unter anderem Kupfer, Zink oder Aluminium.

Zuletzt wurde 2015 ein Future auf Nickel eingeführt, der nach Angaben von Bloomberg binnen sechs Monaten das Handelsvolumen des bisherigen Benchmarks an der London Metal Exchange überstieg. Kein Wunder: China steht bei vielen Industriemetallen für knapp die Hälfte der weltweiten Nachfrage. Bei Öl sind es laut BP Statistical Review knapp 13 Prozent.

Die Ambitionen Chinas reichen indes über den Rohstoffmarkt hinaus. Vor allem die Währung - Yuan oder auch Renminbi genannt - steht im Fokus. Bereits 2016 hat der Internationale Währungsfonds den Yuan in den Währungskorb der „Sonderziehungsrechte“ aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine Kunstwährung, die als Währungsreserve anerkannt ist. Mit der Aufnahme in den Währungskorb gelang China ein wichtiger Schritt. Mittlerweile kaufen unter anderem die EZB oder die Bundesbank Yuan als Reservewährung.

Die geplante Ausweitung des Yuan-Einflusses am Rohstoffmarkt dürfte den Anspruch der Chinesen, dass ihre Währung zu den bedeutendsten Devisen der Welt gehört, weiter untermauern. „Bei den aktuellen Importvolumina könnte der Handelsumsatz 200 Milliarden Renminbi (25,6 Milliarden Euro) umfassen. Das wird den Chinesen helfen, den Renminbi zu internationalisieren“, kommentieren Analysten der Energieanalysefirma Wood Mackenzie.

Entscheidend wird nicht zuletzt sein, ob internationale Finanzakteure den chinesischen Öl-Future ähnlich annehmen wie Brent und WTI. Bei einigen am Ölmarkt bedeutenden Akteuren findet der Vertrag schon Anklang. Große Rohstoffhändler wie Glencore, Trafigura, Mercuria und Freepoint Commodities zählten zu den ersten Marktteilnehmern.

Jan Edelmann, Rohstoffanalyst der HSH Nordbank, bleibt dennoch zurückhaltend was die Perspektiven des Terminkontrakts angeht: „Die chinesische Regulatorik stellt ein Risiko dar.“ Bedenken dieser Art teilt auch Wood Mackenzie. Sollte der Future nicht genügend Liquidität – lies: Kapital – anlocken, bleibe der Einfluss auf die globalen Ölpreise gering.

Der Schanghai Futures Exchange und seine Öllager mit einer Kapazität von 37,4 Millionen Barrel Öl – zum Vergleich: allein die für WTI bedeutendsten Lager in Cuhsing, Oklahoma, kommen auf eine Kapazität von ungefähr 90 Millionen Barrel Öl – befinden sich zwar in Freihandelszonen. Doch die Kapitalverkehrskontrollen, die die chinesische Regierung in den vergangenen Jahren in Zeiten größer Geldströme außer Landes einsetzte, könnten einige Investoren abschrecken, meint Edelmann.

„Die Vormachtstellung von Brent und WTI dürfte vorerst unangetastet bleiben“, sagt der HSH Nordbank-Analyst.

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