Rohstoffexperte Eugen Weinberg „Diesmal ist durchaus ein Öl-Preisschock möglich“

Rohstoffe: Der Ölpreis könnte kräftig steigen Quelle: Oliver Rüther für WirtschaftsWoche

Die USA wollen Iran die Öleinnahmen abdrehen und drohen den Abnehmerstaaten. Commerzbank-Rohstoffexperte Eugen Weinberg zu den Absichten Trumps, der Opec und die Folgen für den Ölpreis.

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WirtschaftsWoche: Herr Weinberg, wie bewerten Sie die Ankündigung der USA, keine Ausnahmen bei den Iran-Sanktionen mehr zu dulden und Staaten zu bestrafen, die weiter Öl aus dem Iran beziehen? Der Ölpreis hat mit einem Plus von mehr als drei Prozent auf mehr als 74 Dollar für ein Barrel der Sorte Brent heftig reagiert.
Weinberg: Donald Trumps Ankündigung hat uns alle überrascht. Das kam völlig unterwartet, weil sich der Markt bereits in einem Angebotsdefizit befindet. Auf dem Weltmarkt fehlen derzeit 0,5 Millionen Barrel am Tag. Wir schätzen die Ölexporte aus dem Iran auf bis zu 1,3 Millionen Barrel. Das ist schon viel Öl, das den Märkten fehlen würde. Dabei hatte Trump ja in den vergangenen Jahren immer niedrigere Ölpreise gefordert. Seine Aufkündigung der Ausnahmegenehmigungen für Abnehmer von Öl aus dem Iran widerspricht dem völlig.

Halten Sie denn die Begründung der USA, die Terrorfinanzierung im Nahen Osten so austrocknen zu wollen, für stichhaltig?
Grundsätzlich kann das schon sein. Aber wir wissen nicht, was Trump wirklich will. Trump hatte ja selbst die Büchse der Pandora mit den Iran-Sanktionen geöffnet und so dafür gesorgt, dass der Ölpreis schon 2018 auf mehr als 80 Dollar je Barrel, in der Spitze sogar 86 Dollar, geklettert war. Der Ölpreis ist nun mal vom Angebot abhängig und deshalb ist auch diesmal durchaus ein Preisschock möglich.

Bis wohin könnte der Ölpreis nach Ihrer Analyse steigen und wer würde am meisten profitieren?
Im Jahresverlauf könnte der Ölpreis durchaus erneut auf 80 Dollar steigen, vielleicht sogar darüber. Davon würden primär die Opec-Länder und die US-Ölproduzenten beziehungsweise die westlichen Ölkonzerne profitieren, zumindest solange der hohe Ölpreis die Konjunktur nicht gefährdet. Das steht auf Messers Schneide. Aktuell sehe ich aber keine massive Gefahr für die Konjunktur.

Mit welchen Reaktionen rechnen Sie seitens der betroffenen Länder?
Die Hälfte des iranischen Öls geht nach China. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich China auf Trumps Forderungen einlässt. Ich bin aber überzeugt, dass sie sich nicht an den Iran-Sanktionen beteiligen, dafür will China zu sehr Souveränität ausstrahlen. Dafür würden sie auch eine Verschärfung des Handelskonflikts mit den USA riskieren. Indien, das ein Viertel des Öls aus Iran abnimmt, könnte nach Verhandlungen vielleicht doch noch eine Ausnahmeregelung von den Amerikanern bekommen. Das Problem wäre allerdings, dass dann auch andere Staaten Ausnahmen fordern. Das wollen die USA ja offenbar mit der angekündigten Null-Toleranz-Politik verhindern.

Und die Opec?
Die Opec wird mit Trump kooperieren, solange es in ihrem Interesse ist. Vor allem Saudi-Arabien hat zuletzt die eigene Ölförderung stärker gekürzt als geplant und hat ohne weiteres den Spielraum, eine halbe Million Barrel pro Tag zusätzlich zu fördern, ohne sein langfristiges Ziel von mindestens 80 Dollar für das Barrel Öl aufzugeben. Auf dem Opec-Treffen im Juni, wenn auch Russland als zweitgrößtes Förderland dabei ist, wird es jedenfalls sehr schwer, eine Einigung zu erzielen. Auf dem Ölmarkt heißt es, die Opec sei wie ein Teebeutel, der nur im heißen Wasser funktioniert: Fällt der Ölpreis auf 50 oder sogar nur 30 Dollar, wird die Opec aktiv. Bei einem Ölpreis von 80 Dollar hat sie keinen Grund zu reagieren.

Was würde passieren, wenn der Iran wie angedroht die wichtige Öltransportroute zwischen persischem Golf und indischem Ozean, die Straße von Hormus, blockiert?
Dass das passiert, halte ich für ausgeschlossen. Der Iran ist wie viele Länder in der Region auf den Import von Ölprodukten, also vor allem Benzin, angewiesen. Das würde in der Region nur militärische Konflikte schüren. Außerdem kann sich die Situation am Ölmarkt auch schnell ändern. Die Opec kann das Ölangebot eine Zeit lang knapp halten. Das ist aber ein fragiles Gleichgewicht. Eine Stabilisierung in Venezuela etwa oder eine Nichtteilnahme Russlands an den Iran-Sanktionen würde den Markt wieder mit Öl fluten. Deshalb halten wir auch an unserer Langfristprognose von 70 Dollar für das Barrel Öl weiter fest.

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