Rohstoffspekulation "Finanzanleger bescheren Bauern Zusatzerträge"

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Verlust trotz hoher Preise

Rohstoffkonzerne an der Börse
Mine von Vale Quelle: Presse
Mine von Rio Tinto Quelle: rtr
Mine von BHP Billiton Quelle: Presse
Mine von Anglo American Quelle: rtr
Silberbarren von Glemncore Quelle: rtr
Chinesischer Minenarbeiter Quelle: rtr

Wie läuft dieser Prozess ab?

Nun, die Mittelzuflüsse der Finanzinvestoren heben die Terminmarktpreise relativ zu den Spotpreisen an.

Das bedeutet?

Verluste für Finanzanleger.

Obwohl die Preise steigen?

Ja. Finanzanleger wollen keinen Weizen physisch ins Haus geliefert bekommen. Deshalb verkaufen sie den jeweiligen Kontrakt kurz vor Ende der Laufzeit wieder und investieren den Erlös in einen neuen Kontrakt mit späterer Fälligkeit. Nun unterscheiden sich die Preise der Terminkontrakte von denen am Spotmarkt, am Ende der Laufzeit nähern sie sich aber zwangsläufig an. Dadurch entsteht ein relativer Gewinn, der Rollertrag. Wobei sich die Investoren seit einigen Jahren Rollverluste einhandeln.

Und daraus folgt?

Wo Verluste gemacht werden, gibt es am Terminmarkt auch Gewinner. Die Rollverluste der Anleger, die in Rohstoffe auf Termin investiert haben, tauchen als Gewinne bei den Gegenparteien auf, die die Ware per Termin verkauft haben. Bei Agrargütern sind das die Bauern.

Der Herdentrieb der Finanzinvestoren beschert Bauern also zusätzliche Erlöse?

Genau. Investoren, die Agrarindizes kaufen, zahlen an die Landwirte einen laufenden Zuschuss. Für die Landwirte schaffen diese Zuschüsse den Anreiz, ihre Produktion auszuweiten. Wenn es keine Finanzinvestoren mehr gäbe, fielen diese Erlöse weg, ebenso wie der Anreiz, die Produktion auszuweiten. Der Hunger in der Welt würde sich vergrößern.

Ohne Finanzanleger wäre es für Bauern also teurer, sich gegen das Risiko eines Preiseinbruchs abzusichern?

Genau. Bis 2004 waren die Rollerträge für Produzenten meist negativ. Sie mussten so am Terminmarkt letztlich eine Versicherungsprämie zahlen. Hintergrund ist, dass die Zahl der Verarbeiter am Terminmarkt tendenziell geringer ist als die der Produzenten. Letztere haben ihre Kosten nämlich vor dem physischen Handel bereits bezahlt, weshalb sie ein höheres Absicherungsbedürfnis haben. Seit 2005 hat sich das durch das zunehmende Engagement der Finanzinvestoren geändert. Dieses gleicht die langjährige Asymmetrie des Warenterminmarktes aus. Würden sie sich zurückziehen, fielen sie als Gegenpartei der Landwirte aus, und diese hätten wieder geringere Erlöse.

Umgekehrt sind die Rollerträge für Investoren seit 2005 unter dem Strich negativ. Warum wird dann weiter investiert? Sind Finanzinvestoren nicht lernfähig?

Institutionelle Anleger wollen ihre Portfolios mit Rohstoffen diversifizieren. Sie kommen um Rollverluste nicht herum, wenn sie in der Anlageklasse investieren wollen. Außerdem haben die Investoren nicht damit gerechnet, dass sie sich ihre Erträge durch ihr eigenes Anlageverhalten selbst reduzieren werden.

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