Saisonale Kursmuster Der Juli wird ein guter Börsenmonat

Wenn es nach Jeffrey Hirschs Zahlen geht und wenn sich die Vergangenheit wiederholt, dann steigen die Aktienkurse im Juli. "Der erste Monat eines Quartals ist immer der beste Monat im Quartal", sagt der Experte für saisonale Muster.

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Aktienmarkt Bulle Quelle: dpa

Seit Monaten geht es an den Börsen munter rauf und runter, ein klarer Trend ist noch nicht auszumachen. Anleger, die trotz schwankungsanfälliger Seitwärtsbörse Orientierung suchen, werden vielleicht im Stock Trader's Almanac 2012 fündig, herausgegeben von Jeffrey A. Hirsch und erschienen im US-Verlag Wiley. Der Almanach ist nicht nur ein Börsenkalender, sondern auch ein Quell der Zahlen und Informationen für Anleger. Vor allem verfolgen und analysieren die Autoren alle möglichen Kennzahlen rund um die Börse über sehr lange Zeiträume. Berühmt ist das seit 1968 jährlich erscheinende Ringbuch daher auch für seine Analysen zu saisonalen Kursmustern.

Die Zahlenreihen sind zwar zunächst nichts weiter als Statistik, aber die Erkenntnisse, die Hirsch daraus extrahiert, verdienen durchaus Beachtung. Auf der Suche nach dem besten Börsenmonat lassen sich aus der Betrachtung der US-Indizes Dow Jones Industrial Average, S&P 500 und dem Nasdaq-Index interessante Schlüsse ziehen. Da der Kurs des deutschen Börsenindex Dax an der Frankfurter Börse grundsätzlich mit der US-Börse schwingt, lassen sich die Aussagen leicht abgeschwächt auf die hiesigen Aktienmärkte übertragen.

Was Pizzen, Wolkenkratzer und Bikinis über die Wirtschaft verraten
Salamipizza-IndexThese: Je teurer die Pizza, desto besser geht es der Region. Beweis: Die Preise für eine kleine Salamipizza im reichen Süden sind etwa doppelt so hoch wie im ärmeren Westen, während der Osten im Mittelfeld liegt. Bestellt man eine "Kleine Salamipizza" (24 cm) bei "Bella Italia" in Essen, so kostet diese 3,50 Euro. Eine "Kleine Salamipizza" beim vergleichbaren Stuttgarter "Bella Pizzaservice" dagegen kostet mit 7,20 Euro mehr als das Doppelte.Quelle: Lieferheld. Die Übersicht der folgenden Indikatoren basiert auf einem Artikel des Business Insider. Quelle: Reuters
Wolkenkratzer-IndexThese: Je höher die Wolkenkratzer sind, die eine Nation baut, desto schlechter wird sich die Wirtschaft entwickeln. Megagebäude werden in einem Umfeld euphorischer Stimmung gebaut werden. Bis die Häuser fertig sind, sind die Börsen zusammengebrochen.Beweis: Mit 828 Metern ist derzeit das Burj Khalifa in Dubai das höchste Gebäude der Welt. Als das Hochhaus nach sechs Jahren Bauzeit stand, hatten die Aktien heimischer Firmen bereits zwei Drittel ihres Wertes verloren. Der Beginn der Asienkrise 1998 erfolgte zeitgleich mit der Fertigstellung der Petronas Towers in Malaysia begann und in den Jahren nach der Grundsteinlegung für den Bau des 509 Meter hohen Taipeh 101, drittelte sich der Aktienindex Taiwans. Quelle: dpa
Bikini-IndexDas Cover für 2012 des Sports Illustrated Swimsuit-Magazins ziert die reizende Amerikanerin Kate Upton. Laut Bikini-Index ein gutes Zeichen für die US-Börse.Die These: In den Jahren, in denen eine Amerikanerin - wie das Model Kate Upton - die Titelseite der Badeanzug-Sonderausgabe der Sports Illustrated ziert, entwickelt sich die Gesamtrendite im US-Börsenindex S&P 500 überproportional, der Index schließt mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Jahresende im Plus.Der Beweis: Zurückgerechnet für die Jahre seit 1978 erreichte der S&P 500, wenn eine US-Amerikanerin auf dem Titelbild prangte, eine Gesamtrendite von durchschnittlich 14,3 Prozent. In 88,2 Prozent der Jahre schloss der Index positiv. War auf dem Cover der Swimsuit-Ausgabe dagegen kein US-Model zu sehen, betrug die durchschnittliche Gesamtrendite seit 1978 nur noch 10,8 Prozent, also rund ein Viertel weniger. Zum Jahresende schloss der Börsenindex S&P500 auch nur noch in 76,5 Prozent der Fälle im Plus. Quelle: dapd
Big-Mac-IndexDie These: Der Index zeigt den Zusammenhang zwischen den Wechselkursen in unterschiedlichen Staaten und den Kosten für einen Big Mac. Wenn der Burger in China 44 Prozent günstiger ist als in den USA, bedeutet dies, dass der Yuan gegenüber dem Dollar 44 Prozent unterbewertet ist.Der Beweis: Das Magazin The Economist veröffentlicht diesen Index jedes Jahr. Das Beispiel China zeigt jedoch, dass der einfache Index noch erweitert werden muss, denn es ist zu erwarten, dass Waren in solchen Ländern günstiger sind, in denen auch die Kosten geringer sind. Deshalb vergleichen die Autoren den Dollar-Preis eines Big Mac auf das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner und stellen dabei einen starken Zusammenhang fest. Quelle: dpa
Rocklängen-IndexDie These: Je kürzer der Rock, desto besser geht es der Wirtschaft. Diese Beobachtung hat der Ökonom George Taylor schon in den 1920er Jahren gemacht, der die Entwicklung des Aktienindex mit der Rocklänge in Verbindung brachte. Laut Einzelhandel ist das aber nur ein Mythos. Der Beweis: Einige Ökonomen bleiben der Theorie treu und verweisen auf die langweiligen Rocklängen, die im Zuge der Finanzkrise 2008 in die Läden kamen. Andere befürchten, dass die Maxi-Röcke, die im letzten Sommer modern waren, auf einen neuen Abschwung hindeuten. Quelle: AP
Bier-Konsum-IndexDie These:  Das Bier zu Hause ist günstiger als das Bier in der Kneipe. Kein Wunder also, dass viele Bierliebhaber, die sparen müssen, auf den Gang in die Kneipe verzichten und sich lieber ein Feierabendbier auf der heimischen Couch gönnen.Der Beweis: In Europa befinden sich 73 Prozent der Arbeitsplätze in der Bierindustrie außerhalb von Brauereien - insbesondere in Bars und Restaurants. Laut den Europäischen Brauereien sank zwischen 2008 und 2010 die Beschäftigung in der Branche um zwölf Prozent. Der Bierkonsum insgesamt sank jedoch nur um acht Prozent und die Beschäftigung in Europa ging nur um zwei Prozent zurück. Quelle: dpa
Lippenstift-IndexDie These: Ein bisschen was will Frau sich auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten gönnen. Wenn das Geld nicht für teure Handtaschen reicht, greifen sie verstärkt zu Lippenstiften. Die Theorie stammt von Leonard Lauder, Geschäftsführer von Estee Lauder.Der Beweis: Tatsächlich hat sich der Verkauf von Lippenstift laut dem Forschungsinstitut Investopia nach der Rezession, die auf den 11. September 2001 folgte, verdoppelt. Quelle: REUTERS

Im Rückblick auf die vergangenen 61 Jahre wird deutlich, welche Monate im langjährigen Mittel die beste Aktienperformance versprechen: Von 1950 bis 2011 stieg der US-Standardwerte-Index S&P 500 Hirsch zufolge im jeweils ersten Monat der ersten drei Quartale im Schnitt um 1,2 Prozent. Nur der erste Monat im vierten Quartal passt nicht so recht ins Bild (0,6 Prozent). Beim jeweils zweiten Monat lag das Plus dagegen bei durchschnittlich nur 0,1 Prozent, im dritten Monat bei 0,2 Prozent. Anleger, die solche Saisonalitäten bei ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen wollen, sollten also ab August ihre Aktienquote senken. Oder anders ausgedrückt: Nach diesem Kursmuster steht mit dem Juli einer der besseren Börsenmonate bevor. Am besten schneidet der April mit einem durchschnittlichen Plus im S&P 500 von 1,5 Prozent ab.

Das Bild für den schwergewichtigen Industrieindex Dow Jones bestätigt dieses Muster: Im April legte der US-Leitindex im Durchschnitt 2,0 Prozent zu. Der Juli ist der zweitbeste Monat mit einem Kursanstieg von 1,2 Prozent. Lediglich an der Nasdaq ist der Juli mit nur 0,04 Prozent Plus eher schwach. Der April ist mit einem Kursanstieg von 1,6 Prozent hier der zweitbeste Monat nach dem Januar mit einem durchschnittlich Anstieg von 2,8 Prozent. Die Technologiebörse, für die es Zahlen erst ab 1971 gibt, tickt eben ein wenig anders. Eines aber ist in allen drei Indizes gleich: Der schwächste Monat ist im langjährigen Durchschnitt immer der September - auch wenn der August sich im Durchschnitt der vergangenen zwanzig Jahre anschickt, dem September diesen Negativrekord streitig zu machen.

Die besten Wochentage an der Börse

Die zehn erfolgreichsten Börsen
Platz 10: Österreich Quelle: dpa
Platz 9: Niederlande
Platz 8: Großbritannien Quelle: dpa
Platz 7: Deutschland
Platz 6: Frankreich Quelle: dpa
Platz 5: USA Quelle: dpa
Platz 4: Schweiz Quelle: AP

Weniger eindeutig fallen die saisonalen Muster bei Betrachtung der einzelnen Wochentage aus. Bis 1989 wies die Statistik den Montag als schlechtesten Tag für den Dow Jones aus. Seit 1990 hat sich das allerdings deutlich gewandelt. Ihre Papiere verkaufen sollten Anleger lieber nicht an einem Donnerstag oder am Freitag, denn diese sind seitdem regelmäßig schwache Börsentage. Hirsch erklärt das so: Die meisten Händler seien dann schon im Wochenende. Über die komplette Zeitreihe von 1953 bis 2011 gerechnet, hat der Wochenanfang die Nase vorn: Gute Tage für den Aktienverkauf sind demzufolge Montag bis Mittwoch, an diesen Tagen steigen die Kurse häufig. Der Dow Jones Index legte allein seit 1989 an den drei Tagen zusammen 13.108 Punkte zu, während er Donnerstag und Freitag insgesamt 3051 Punkte verlor.

Saisonale Kursmuster gibt es viele, aber nur wenige sind wirklich nachhaltig zu erklären, bemängeln Kritiker. Dazu gehört vielleicht das Schon-im-Wochenende-Muster. Ob auch die schwachen Sommermonate ("Sell in May", "Verkaufe im Mai") ein solches Muster sind, ist fraglich. Zuletzt trat der Kursverfall nur wegen der Angst um Griechenland ein, und nicht, weil die Anleger in den Ferien sind – die sonst übliche Erklärung des Musters.

Für ein weiteres Muster gibt es jedoch eine gute Begründung: Wahljahre sind in der Regel gute Börsenjahre. Die amtierende US-Regierung um Präsident Barack Obama tue alles, damit es der Wirtschaft gut geht, und seine Wiederwahl nicht gefährdet ist, so die Theorie der Musterdeuter. Das spricht dann für steigende Aktienkurse. Und dann gibt es ja auch noch die berüchtigte Jahresendrally oder den guten Januar, der für ein gutes Jahr spricht und dieses Jahr auch zu den guten Januar-Monaten gezählt werden durfte.

Am 2. Januar eröffnete der Dax den Handel übrigens bei 5900 Punkten – wir sind also mit aktuell rund 6130 Punkten immer noch deutlich im Plus und das trotz zwischenzeitlichem Auf und Ab, Griechenland-Turbulenzen, Banken-Misere in Spanien und gefühlter Baisse. Wer sich von den Schwankungen nicht verrückt machen lässt, tut also etwas für die Statistik.

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