Schaden in Millionenhöhe Diözese Eichstätt zeigt Geldverwalter wegen Untreue an

Die katholische Kirche trudelt offenbar in den nächsten Finanzskandal: Nach den Verschwendungen im Bistum Limburg erwischt es nun die bayerische Diözese Eichstätt.

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Das Bischofshaus mit der Wohnung des Eichstätter Bischofs vor dem Dom zu Eichstätt im Hintergrund. In der Diözese gab es offenbar einen Finanzskandal um ungesicherte Kredite. Quelle: dpa

Düsseldorf Als 2014 der Skandal um den verschwenderischen Limburger Franz-Peter Bischof Tebartz-van Elst ans Licht kam, gelobte die katholische Kirche Besserung. Transparente Finanzierung war eines der Haupt-Versprechen. „Wir spüren und verstehen das wachsende Bedürfnis der Menschen, zu wissen, über welches Vermögen die deutschen Bistümer verfügen und wofür diese Mittel eingesetzt werden“, vermeldete die Deutsche Bischofskonferenz.

Doch es ist anders gekommen, wie jüngst eine exklusive Recherche des Handelsblatts zum Vermögen der 27 Bistümer in Deutschland offenbarte. Die Bistümer besitzen ein Vermögen von mindestens 26 Milliarden Euro. Doch eine Auswertung der Geschäftsbücher für das Jahr 2015 zeigt: Sie horten einen Großteil ihrer Überschüsse. Und Fragen, in welchen Finanzinvestments genau sie die Milliarden anlegen, werden weitgehend nicht beantwortet.

Nun erleben die Gläubigen in Bayern schmerzhaft, wohin so viel Geheimniskrämerei führen kann. Wie die Diözese Eichstätt am Montag in einer Pressemitteilung bekannt gab, sei ihr erst bei der Aufstellung ihrer Finanzen für die angekündigte Transparenzoffensive aufgefallen, dass sie über Jahre von ihrem Geldverwalter betrogen wurde.

Der Mann, ein Deutscher, soll in US-Immobilien investiert haben – und setze dabei laut einem Bericht von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR offenbar bis zu 60 Millionen Dollar in den Sand. Die Strafverfolgungsbehörden sollen bereits ihn und einen möglichen Komplizen inhaftiert haben. Die Diözese hatte laut dem Bericht in über 30 Fällen Kredite für Bauvorhaben in den USA vergeben, ohne diese dafür Sicherheiten zu verlangen.

Bischof Gregor Maria Hanke, betonte, er habe bereits im vergangenen Jahr eine Münchner Anwaltskanzlei damit beauftragt, Anzeige gegen den früheren Mitarbeiter und eine weitere, als Projektentwickler im Immobilienbereich tätige Person zu erstatten. „Der Vorwurf lautet auf Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“, so Hanke.

Die Staatsanwaltschaft München II vermutet offenbar, dass der Haupttäter, der für das Anlegen der Kirchengelder verantwortlich war, mit einem Komplizen in den USA zusammengearbeitet hat. Dabei soll es sich ebenfalls um einen Deutschen handeln.

Wie aber kann es sein, dass die Taten erst jetzt ans Licht kamen? Der Bischof von Eichstätt führt dies auf seine Vorgabe zurück, die Finanzen an international übliche Standards anzupassen. Mit anderen Worten: Die Täter profitierten offenbar Jahre lang von einem falschen Finanz-Management.

Erst im Herbst 2015 hatte Hanke laut eigenen Angaben entschieden, im Zuge der von den deutschen Diözesen vereinbarten Transparenzoffensive das Vermögen nach den strikten Regeln des Handelsgesetzbuchs zu bewerten. Den eingeschalteten Betriebsprüfern sollen dann die Ungereimtheiten aufgefallen sein.

Die Verteidiger der beiden Beschuldigten konnten sich laut Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern, da sie das Material selbst noch nicht gesichtet hätten oder sich mit ihren Mandanten beraten mussten.

Der Sachverhalt mache es zwingend erforderlich, „dass eine umfassende Aufarbeitung und gegebenenfalls auch Ahndung der Vorgänge durch die dazu berufenen staatlichen Stellen erfolgt“, betonte Bischof Hanke nun. „Nur dadurch kann dem in der Transparenzoffensive formulierten Anspruch genügt werden und sich die Diözese als – im Wortsinn – vertrauenswürdig erweisen“.

Das klingt vorbildlich – und könnte auch für andere Bistümer zwingend geboten sein. Denn nach Angaben einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die zahlreichen Bistümer zu ihren Kunden zählt, bilanzieren noch viel zu viel Kirchenbezirke nach ihren eigenen Regeln.

Andere tun nicht einmal das. Wie die Handelsblatt-Recherche zum Kirchenvermögen gezeigt hat, haben die Bistümer Münster und Bamberg bisher gar keine Bilanzen offengelegt. Freiburg oder Paderborn machen nur Teilangaben.

Und die Dokumente, die vorliegen, sind nur schwer vergleichbar, weil jedes Bistum das Projekt Transparenz anders angeht. Daten werden auch nicht zentral gesammelt, etwa bei der Deutschen Bischofskonferenz. Wer sich einen Überblick verschaffen will, muss den Leidensweg gehen – und die Finanzberichte bei allen Bistümern einzeln abfragen. Das soll sich bis 2018 ändern, sagen die Bischöfe. Noch ein Versprechen.

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