
Das Jahr fing eigentlich gut an für Griechenland: Ende Januar bekräftigten internationale Investoren, dass sie das Land langfristig als Teil der Eurozone sehen und der lokalen Wirtschaft Chancen einräumen. Zu einem hochrangigen Treffen mit Premier Alexis Tsipras waren die führenden Köpfe einflussreicher internationaler Hedgefonds und Investmentgesellschaften höchstpersönlich nach Athen gereist.
Mit dabei waren laut griechischer Zeitung "Kathimerini" Finanzgrößen wie John Paulson von Paulson & Co. aus den USA, Prem Watsa von Fairfax Financial Holdings aus Kanada oder Jamie Lowry, Fondsmanager beim Londoner Vermögensverwalter Schroders.
Bei allem Optimismus schwang zwar die Warnung an Griechenlands Regierung mit, dass das Land seine Verpflichtungen zum Sparen und Reformieren erfüllen müsse und sich nicht in eine Sackgasse manövrieren dürfe. Doch der Tenor war optimistisch. Tsipras versicherte den Finanzentscheidern, seinen Reformkurs beibehalten zu wollen.
Keine zwei Wochen später schon hat sich die positive Stimmung in einem Ausverkauf an der Athener Börse aufgelöst. Um rund sieben Prozent hat der dortige Index am Rosenmontag nachgegeben und landete auf dem tiefsten Stand seit 2012. Es könnte ein Zeichen dafür sein, dass Investoren Griechenland nicht mehr zutrauen, mit seinen zahlreichen Baustellen fertig zu werden.
Was Ökonomen von der Währungsunion halten
„Ein Einzelfall“
„Die Zukunft der Währungsunion wird nicht vom Verbleib Griechenlands im Euro bestimmt. Mittlerweile ist klar, dass Griechenland und seine tief greifenden Probleme ein Einzelfall in der Euro-Zone sind. Entscheidend ist daher, wie die übrigen Länder mit der Krise umgehen, insbesondere, ob sie den politischen Willen zu Reformen im eigenen Land und auf der Ebene der europäischen Institutionen haben. Nur dann kann sich die EZB wieder darauf konzentrieren, Preisstabilität im Euro- Raum zu gewährleisten.“
Elga Bartsch, Chefökonomin Morgan Stanley
„Überwachung reicht nicht“
„Um die Währungsunion wieder auf eine solide Basis zu stellen, müssen die Krisenländer den Konsolidierungs- und Reformprozess fortsetzen. Banken und Staaten müssen stärker entflochten werden. Eine Insolvenzordnung für Staaten muss eingeführt werden. Nur so kann es zu einer Disziplinierung der Schuldner durch Marktzinsen kommen. Die Überwachung durch die EU Kommission reicht nicht aus, um nachhaltige Finanzen sicherzustellen.“
Volker Wieland, Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen
„Nicht reparabel“
Auf Dauer wird die Europäische Währungsunion zerfallen. Opportunistische Politiker haben inzwischen alle Sicherungsmechanismen abgeräumt: Defizit- und Schuldenstandgrenzen werden permanent verletzt, die EZB betreibt in großem Stil monetäre Staatsfinanzierung,Einzelstaaten drucken per ELA ihr eigenes Geld, und das Beistandsverbot wurde in sein Gegenteil verkehrt. Reparabel ist das alles nicht mehr.
Stefan Homburg, rofessor Universität Hannover
Kein Wunder, denn das kleine Land hat nicht nur mit Haushaltsproblemen zu kämpfen, die im Sommer 2015 fast zu seinem Rückzug aus der Eurozone geführt hätten. Hinzu kommt die Flüchtlingskrise, die täglich tausende Menschen auf der Suche nach Schutz vor Krieg und Terror an den Küsten der zahllosen griechischen Inseln stranden lässt und selbst größere Staaten zu überfordern droht.