SDax-Rauswurf Baywa-Chef kritisiert Auswahlkriterien

Der bayerische Mischkonzern Baywa muss den Kleinwerteindex SDax verlassen. Firmenchef Klaus Josef Lutz kritisiert erneut die Entscheidung der Deutschen Börse – und regt eine Diskussion über die Indexzusammensetzung an.

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Baywa muss am 18. September den SDax verlassen. Quelle: dpa

Frankfurt Den Rauswurf aus dem SDax will Baywa-Chef Klaus Josef Lutz nicht einfach so hinnehmen. Bereits unmittelbar nach der Entscheidung hatte er in einem offenen Brief an den Chef der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, sein Unverständnis zum Ausdruck gebracht. An diesem Mittwoch stellte er bei einem Pressegespräch in Frankfurt klar: „Ich bin weder wütend noch enttäuscht über den SDax-Abstieg, will aber eine Diskussion über die Zusammensetzung der Indizes anregen.“ In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit und soziale Haltung immer wichtiger werden, seien rein quantitative Kriterien für die Indexzusammensetzung nicht mehr angebracht.

Am 5. September hatte die Deutsche Börse im Rahmen ihrer regelmäßigen Indexüberprüfung mitgeteilt, dass Baywa den Kleinwerteindex verlassen muss. Ab 18. September wird der bayerische Mischkonzern daher nicht mehr in dem Auswahlindex geführt.

Ausschlaggebend für die Aufnahme in oder die Herausnahme aus Dax, MDax, SDax und TecDax sind zwei Kriterien: die Marktkapitalisierung der sich in Streubesitz befindlichen Aktien sowie der Börsenumsatz. Zum Abstieg aus dem Index kommt es bei Baywa vor allem deshalb, weil das Unternehmen bei dem zweiten Kriterium schwach abschneidet.

Lutz erklärt das so: „Bei uns ist der Börsenumsatz relativ gering, weil auch die Aktien im Streubesitz bei loyalen Aktionären liegen – häufig Landwirte oder Volks- und Raiffeisenbanken. Viele Investoren halten die Aktie wegen der Dividende, die wir für das Geschäftsjahr 2017 wohl weiter anheben werden.“ Etwa 60 Prozent der Aktien halten ohnehin Ankeraktionäre mit ihren wesentlichen Beteiligungsanteilen. Daher bleiben sie beim Kriterium Marktkapitalisierung unberücksichtigt. Ändern will Firmenchef Lutz daran aber nichts: „Wir haben keine Pläne, den Streubesitz zu erhöhen, auch wenn wir dann schnell wieder in einem Auswahlindex wären.“

Baywa trommelt daher viel bei potenziellen Anlegern für die Aktie: Der Austausch mit den Investoren sei ihm sehr wichtig, betont Lutz: „Wir führen etwa 200 Einzelgespräche im Jahr und präsentieren uns regelmäßig auf Road Shows.“ Doch offenbar kommt nicht alles, was Lutz erzählt, bei den Investoren richtig an: „Der Agrarhandel ist sehr volatil. Im Geschäft mit erneuerbaren Energien, das stabiler ist, haben wir große Erfolge. Der Kapitalmarkt goutiert das bisher aber nicht.“

Dennoch sei er der „klaren Auffassung“, dass ein Index grundsätzlich das Gesamtbild der wichtigsten Branchen in Deutschland abbilden sollte, schrieb Lutz in seinem Brief. Derzeit seien in den Indizes vor allem Immobilientitel überproportional vertreten. Allein im MDax sind mit dem Aufstieg von Grand City Properties sechs Immobilienfirmen enthalten. „Wir haben aber in der Vergangenheit sehr häufig erlebt, dass solche Hypes sehr schnell auch wieder in sich zusammenfallen können“, betonte Lutz. „Erfahrungsgemäß führt dies an der Börse zu hohen Volatilitäten und kann die Anleger nachhaltig schädigen.“ Investoren, die in Indexfonds (ETFs) investieren, würden deshalb hohen, völlig unnötigen Risiken ausgesetzt.

Zudem sei für ihn unverständlich, dass die wertorientierte Unternehmensführung bei der Zusammensetzung der Indizes bisher keine Rolle spiele. Beim Pressegespräch ergänzte er: „Andere Unternehmen haben nach der Veröffentlichung meines Briefes gesagt, dass sie meine Kritik verstehen, aber dass es schwierig sei, die 'Soft Facts' zu messen.“

Baywa sei ein wertschöpfendes und werthaltiges Unternehmen, das in den letzten Jahrzehnten solide und profitabel gewachsen sei, hieß es in dem Brief weiter. „Von daher ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass Unternehmen in Indizes rücken, die deutliche Verluste schreiben und somit Unternehmen mit kontinuierlichem Erfolg wie die Baywa verdrängen“, meinte Lutz in Anspielung auf den Börsenneuling Delivery Hero, der den Sprung in den SDax geschafft hat. Insgesamt kritisiert er, dass nur Rechner und Algorithmen darüber entscheiden, welche Unternehmen in den wichtigsten Indizes der Deutschen Börse vertreten sind und kein Mensch an den Entscheidungen beteiligt ist.

Börsen-Chef Carsten Kengeter habe bislang nicht auf den Brief reagiert, sagte Lutz am Mittwoch: „Ich habe aber ein Mitglied des Börsenrats gebeten, meine Anregungen mit auf die Agenda zu setzen.“ Unterdessen verteidigte eine Sprecherin der Deutschen Börse gegenüber dem Handelsblatt die geltenden Regeln: „Für den Auswahlprozess der Unternehmen in den Indizes gibt es keinen transparenteren und objektiveren Weg als unseren vollständig automatisierten Ansatz. Diesen wenden wir seit dem Jahr 2016 nicht nur für den Dax, sondern auch die anderen Auswahlindizes an. Damit sind Wechsel in den Indizes vorhersehbarer und werden rein faktenbasiert bestimmt.“

Zugleich wies sie auf weitere Indizes der Deutschen Börse hin: „Bei Dax, MDax, SDax und TecDax werden bewusst nur die beiden quantitativen Kriterien Freefloat-Marktkapitalisierung und Orderbuchumsatz berücksichtigt. Über unsere Tochtergesellschaft Stoxx bieten wir aber viele weitere Indizes an, die andere Kriterien wie etwa die Nachhaltigkeit der Unternehmen berücksichtigen.“

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