Seltene Erden Chinas gefährliches Rohstoff-Monopol

China hat sich zum Vorreiter bei der Förderung Seltener Erden entwickelt, die in High-Tech-Geräten zum Einsatz kommen. Der Westen ist stark abhängig von den Exporten, ist daran aber selbst Schuld.

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Im Tagebau werden im chinesischen Ganxian seltene Erden gefördert. Quelle: dpa

Peking/Frankfurt Die Exportbeschränkungen Chinas für die Seltenen Erden haben einen Aufschrei ausgelöst. Mit der Europäischen Union, den USA und Japan sind die wichtigsten Industriestaaten vor die Welthandelsorganisation gezogen, um die üblichen Regeln im internationalen Handel einzuklagen.

Ein Engpass bei der Versorgung mit den Rohstoffen bedroht die Produktion von High-Tech-Geräten wie Computern oder Smartphones. Die Industrieländer haben allerdings einen guten Teil dazu beigetragen, dass China heute faktisch das Monopol auf die Metalle hat: Sie haben dem Schwellenland das Feld überlassen, nicht zuletzt wegen der enormen Umwelt-Belastungen bei der Ausbeutung der Vorkommen.

„Im Grunde hat der Rest der Welt die Förderung Seltener Erden vor zehn Jahren aufgegeben“, sagt Ian Chalmers, Geschäftsführer der australischen Bergbaugesellschaft Alkane Resources, die sich um die Wiederbelebung des Geschäfts außerhalb Chinas bemüht. Der US-Konzern Molycorp mottete damals wegen Problemen bei der Abwasser-Entsorgung seine kalifornische Mountain Pass Mine ein, die 40 Prozent des weltweiten Bedarfs an Seltenen Erden lieferte.

Danach habe die Welt verschlafen, dass sich China zum Goliath der Industrie entwickelte, kritisiert die Denkfabrik Institute for the Analysis of Global Security. Jetzt kommt das böse Erwachen. Nach Berechnungen des Bergbauers Lynas haben sich die Preise auf dem Weltmarkt seit 2009 versechsfacht und liegen nun doppelt so hoch wie auf dem chinesischen Binnenmarkt.

China liefert etwa 90 Prozent des weltweiten Bedarfs der unter dem Begriff Seltene Erden zusammengefassten 17 Elemente. Hierzu gehört unter anderem Terbium. Dieses silbrig-graue Metall kann mit einem Messer geschnitten werden und wird zur Herstellung von Brennstoff-Zellen und ultraschnellen Computerfestplatten ohne bewegliche Teile (Solid State Disks) verwendet.

Aufgeschreckt durch die Engpässe fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) inzwischen eine Rohstoffstrategie von der Bundesregierung. Diese umwirbt potenzielle Lieferanten wie die Mongolei oder Kasachstan. Russland will ebenfalls in die Bresche springen und lädt deutsche Investoren zur gemeinsamen Erschließung von Vorkommen ein. Aber auch vor der eigenen Haustür wird gesucht: Die Deutsche Rohstoff AG hat nach eigenen Angaben bereits 2,2 Millionen Euro eingesammelt, um im sächsischen Erzgebirge Seltene Erden auszubeuten.


Schwellenländer machen die Drecksarbeit

In den USA hat Molycorp bereits 2007 damit begonnen, die Mountain Pass Mine wiederzueröffnen und zu modernisieren. Alkane und Lynas haben Geldgeber gefunden, die bereit sind, in die Erschließung neuer Vorkommen zu investieren - sofern die Umwelt-Belastung in den Griff zu bekommen ist. Seltene Erden sind meist nur in geringer Konzentration und dann auch noch vermischt mit anderen Erzen zu finden. Dies macht eine Aufbereitung aufwendig.

„Umweltstandards und Technologie haben sich stark verbessert“, betont Alkane-Chef Chalmers. „Die Industrie kann inzwischen sehr viel umweltverträglicher arbeiten.“ Ronald McCoy, Präsident des Verbandes malaysischer Physiker für Soziale Verantwortung, bezweifelt dies. Seine Gruppe will eine Raffinerie zur Verarbeitung Seltener Erden in Malaysia verhindern. Die Zusicherungen des Betreibers Lynas zur Einhaltung strenger Auflagen überzeugen sie nicht.

Umweltschützer werfen den reichen Staaten vor, dass sie es sich zu einfach machen, wenn sie die Drecksarbeit den Schwellenländern überlassen. „Die großen Verbraucher wie die USA, die EU und Japan sollten dies als gemeinsame Verpflichtung betrachten und Abstand davon nehmen, mit dem Finger auf China zu zeigen“, sagt Greenpeace-Aktivist Ma Tianjie. Die Volksrepublik habe mehrere private Bergwerke wegen der Schäden geschlossen, die durch Förderung und Verarbeitung verursacht worden seien. Staatliche Umwelt-Sünder wie Baotou Rare Earth sind von ähnlichen Maßnahmen bislang jedoch verschont geblieben.

Der chinesischen Regierung zufolge fallen bei der Produktion Seltener Erden jährlich mehr als 20 Millionen Tonnen giftiger Abwässer an. Umweltgruppen weisen darauf hin, dass in den betroffenen Regionen das Risiko von Krebserkrankungen, Gen-Defekten und chronischen Lungenleiden gestiegen sei.

Für Kritiker sind Umweltschutz-Gedanke oder hohe Preise nicht die Haupt-Triebfeder Chinas. Sie sehen die Bergwerksschließungen und Export-Beschränkungen als Teil eines industriepolitischen Masterplans. „Es gibt viele Beispiele von Firmen, die auf chinesische Seltene Erden angewiesen sind und ihre Produktionsanlagen nach China verlagern mussten“, sagt David Nolan, Chef von Hastings Rare Metals, die ein Bergwerk für Seltene Erden ausbaut. „Aus wirtschaftlicher Sicht ist dies für China ein gutes Ergebnis.“

David Abraham, freiberuflicher Rohstoff-Analyst in Jakarta, argumentiert ähnlich. „Peking benutzt Export-Kontrollen und seine Monopol-Stellung zum Aufbau von Weltkonzernen, die Arbeitsplätze schaffen. Es entwickelt heimische Firmen nach dem Vorbild der japanischen Hitachi - ehemals eine Bergbaufirma und nun ein Elektronik- und Infrastruktur-Konzern. 

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