Social Media Gute Stimmung auf Facebook bringt Rendite

Fußball-Ergebnisse, das Wetter oder gute Laune: Immer wieder untersuchen Forscher Einflussfaktoren auf Kursgewinne an der Börse. Wie soziale Netzwerke als spontaner Indikator funktionieren können.

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Das Facebook-

Immer wieder untersuchen Forscher, welche Auswirkung die Stimmung der Anleger auf die Kursgewinne an der Börse hat. Sie prüfen, ob die Ergebnisse der Fußball-Weltmeisterschaft, die Wahlen zum US-Präsidenten oder sogar das Wetter die Erträge der Anleger steigern können. Jetzt haben Forscher unter der Leitung von Antonios Siganos von der Universität Rotterdam herausgefunden, dass die Stimmung von Facebook-Nutzern die Börsenkurse beeinflusst.

Dafür nutzten sie den Facebook Gross National Happiness Index, der die Stimmung in 20 Ländern weltweit wiedergibt - darunter Deutschland, die USA und Großbritannien. Facebook wertet in diesem Index aus, ob Nutzer positive oder negative Ausdrücke verwenden, wenn sie einen neuen Eintrag mit ihren Freunden teilen. Ausdrücke wie „Frohe Weihnachten“ und „Frohes neues Jahr“ wurden bei der Untersuchung ausgeschlossen.

Facebook und Twitter im Faktencheck

Für den Untersuchungszeitraum von September 2007 bis März 2012 konnten die Forscher ihre Ergebnisse über verschiedene Länder, für verschiedene Sprachen und verschiedene Religionszugehörigkeiten bestätigen. Sie überprüften die Auswirkungen der Facebook-Stimmung auf Börsenindizes von MSCI, die Aktien meist weltweit aus bestimmten Sektoren abbilden.

Orientierung an Markttrends

Das Ergebnis: Vor allem die Kurse kleinerer Unternehmen lassen sich durch die Diskussionen auf Facebook beeinflussen. Die Forscher vermuten, dass sogenannte Noise Trader bei diesen Unternehmen stärker zur Geltung kommen. Noise Trader orientieren sich bei ihren Aktienkäufen eher an Markttrends, anstatt auf fundamentale Kennzahlen zu achten. Wenn wenige institutionelle Investoren, die für Banken, Fonds oder Versicherungen die Aktien von Unternehmen kaufen, ein Unternehmen beobachten, spielen deren fundamental Anlageentscheidungen keine große Rolle – die Facebook-Stimmung kann sich an der Börse stärker durchsetzen.

Denn für die umsatzstärksten Aktien im MSCI Index, sogenannte Blue Chips wie zum Beispiel Apple oder BASF, konnten die Forscher die Wirkung der Facebook-Kommentare nicht im gleichen Ausmaß feststellen.

Dass Facebook-Kommentare direkten Einfluss auf die Börse haben, versuchte die Studie so zu belegen: Wer sonntags gut drauf ist, macht am Montag Geld an der Börse. Denn bei der Betrachtung anderer Wochentage wäre es möglich, so die Forscher, dass bereits ein guter Börsentag am Montag die Stimmung in den sozialen Netzwerken positiv beeinflusst und somit einen guten Dienstag auslöst. Es ließe sich nur ein indirekter Zusammenhang nachweisen und die Ergebnisse der Studie wären verzerrt.

Am Sonntag hingegen hätten die Kurse vom Freitag keinen Einfluss mehr auf die Stimmung der Anleger, schreiben die Forscher. In anderen Studien zeigte sich bislang vor allem, dass erst Gewinne an den Börsen eine positive Stimmung bei den Anlegern auslösen konnte.

Auch Twitter dient als Indikator

Selbst, wenn die Kommentare der Facebook-Nutzer überwiegend negativ geprägt waren, ließen sich Auswirkungen auf die MSCI-Indizes feststellen. Eine negative Stimmung, so die niederländische Forschergruppe, sorge für erhöhtes Handelsvolumen am Folgetag. Ähnliche Ergebnisse habe es auch in anderen Studien bereits gegeben, die sich allerdings nicht explizit auf die Stimmungslage in sozialen Netzwerken bezogen.

Grundsätzlich waren die Auswirkungen aber nur kurzfristig messbar, langfristige Börsentrends lassen sich aus den Facebook-Kommentaren nicht ablesen. Trotzdem spielen die sozialen Netzwerke an den Börsen eine immer größere Rolle. Das Unternehmen Stocktwits etwa nutzt Kommentare von Twitter, Facebook und anderen Plattformen aber auch Nachrichtenseiten, um die meistdiskutierten Aktien eines Tages herauszufiltern.

Mit dem $-Zeichen als sogenanntem Cashtag und einem entsprechenden Börsenkürzel der Unternehmen können Twitter-Nutzer beispielsweise börsenrelevante Nachrichten direkt markieren.

Die Forschungsabteilung der kanadischen Regierung gewährte einem Professor von der Universität Ottawa gerade ein Stipendium für seine Studie zum Thema. Er möchte herausfinden, ob Anleger, die sich für Aktien von Börsenneuligen interessieren, mit Hilfe von sozialen Medien bessere Kaufentscheidungen treffen können. Und auch, ob Unternehmen, die einen Börsengang planen und den Preis ihrer Aktie einschätzen müssen, diese anhand der Kommentare auf Twitter und Facebook besser am Markt platzieren können.

Dass auch Twitter-Nachrichten als Börsenindikator funktionieren, hatten Forscher in einer anderen Studie bereits 2010 analysiert. Ihr Ergebnis: Wer sich die Stimmung auf Twitter anschaut, schafft es, die Schlusskurse des amerikanischen Dow Jones-Index präziser vorherzusagen.

Die Facebook-Studie der niederländischen Forschergruppe hat dagegen ein großes Manko aus Anleger-Sicht: Der Happiness Index von Facebook ist mittlerweile nicht mehr online verfügbar. Wer die Stimmung seiner Freunde trotzdem als Grundlage für Aktienkäufe und –Verkäufe nutzen möchte, muss sich wohl ein eigenes, subjektives Bild machen.

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