Soziale Medien Snap wagt Börsengang

Das US-Start-up Snap hat seinen Börsengang offiziell angekündigt. Dessen Konditionen sind harter Tobak für Anleger. Auch die Nutzerzahlen sind Anlass zur Sorge.

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Das Logo von Snapchat. Quelle: REUTERS

Der Börsenprospekt von Snap war am Donnerstagnachmittag New Yorker Zeit das begehrteste Dokument an der Wall Street. Mit seiner Veröffentlichung ist nun bestätigt, was seit November als Gerücht die Runde machte. Der im September 2011 von zwei Stanford-Studenten gegründete Messaging Service, dessen Foto und Videonachrichten sich automatisch löschen, wagt tatsächlich den Gang an die Börse.

Offiziell ist nun auch, dass Snap kräftig Verluste schreibt – allein im vergangenen Jahr 514 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 404 Millionen Dollar. Seine täglichen Nutzerzahlen wachsen nur noch geringfügig. Immerhin hat das Start-up seine Werbeinnahmen im vergangenen Jahr fast versiebenfacht – im Jahr 2015 betrug der Umsatz nur 59 Millionen Dollar.

90 Prozent des Umsatzes wurden im vergangenen Jahr in Nordamerika erwirtschaftet, der Rest stammt vornehmlich aus Europa. Snap hat auch wesentlich mehr Beschäftigte als angenommen, knapp 2000 arbeiten für das in einem Vorort von Los Angeles angesiedelte Startup.


Auf Snap ruhen große Hoffnungen. Sein Gang aufs Parkett soll endlich den lange ersehnten Boom bei Hightech-Börsengängen lostreten und in seinem Sog viele andere hochbewertete Jungunternehmen wie Dropbox, Pinterest, Airbnb und Uber mit sich ziehen. Übernehmen die Anleger von den professionellen Investoren, so das Kalkül, würde das Wagnisfinanzierer ermuntern, frische Gelder in Jungunternehmen zu pumpen. Trotz milliardenschwerer Mega-Runden in Uber und Airbnb gingen 2016 wegen ausbleibender Börsengänge die Investitionen von US-Risikokapitalgebern zurück – zum ersten Mal seit vier Jahren.

Gradmesser für Uber, Airbnb & Co.

Ob der Börsengang wirklich als Initialzündung für die Startup-Branche taugt, ist indes fraglich. „Ein einzelner Börsengang allein ist in der Regel nicht ausschlaggebend für den gesamten Markt“, gibt Lise Buyer zu bedenken. Die Gründerin des Beratungsunternehmens Class V Group aus dem Portola Valley gilt als Architektin hinter Googles erfolgreichem Börsengang. Bei Snap wird laut Buyer vor allem dessen Bewertung eine große Rolle spielen. „Sie gibt anderen Unternehmen eine Orientierung, was der Markt für ihre Aktien zahlen könnte“.

Und das könnte weniger sein als erhofft. Nicht nur, weil Snap unprofitabel ist und seine Nutzer nur noch geringfügig wachsen. Da werden Erinnerungen an den Kurznachrichtendienst Twitter wach, der mit Wachstumsproblemen kämpft.

Nutzerzahlen sozialer Netzwerke


Vor allem eine Kondition ist harter Tobak für Anleger. Denn Snap plant zwar, mit der Ausgabe von Aktien mindestens drei Milliarden Dollar einzusammeln. Die offerierten Anteile sind jedoch ausnahmslos stimmrechtlos. Aktionäre haben nichts zu melden.

Den beiden Snap-Gründern Evan Spiegel und Bobby Murphy gehören jeweils rund 20 Prozent der Anteile. Gemeinsam kontrollieren sie fast 90 Prozent der Stimmrechte, zementiert durch besondere Aktien mit zehnfachem Stimmrecht. Sie wurden exklusiv an die Gründer ausgegeben, die sie sich gleichberechtigt teilen. Snap CEO Spiegel und Technikchef Murphy kontrollieren so auch nach Börsengang ihr Unternehmen uneingeschränkt. Selbst der größte externe Investor, der Silicon Valley Risikofinanzierer Benchmark Capital hat trotz 13 Prozent Anteil an Snap nichts zu sagen. Mehr noch: Da Spiegel noch ein Sonderbonus eingeräumt wird, die sich in Aktien mit Superstimmrecht wandeln und innerhalb von drei Jahren ausgeben werden, könnte er künftig sogar ganz allein entscheiden.

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Dass Gründer über Mehrfachstimmrechte ihre Schöpfung auch nach dem Börsengang kontrollieren, ist zwar nichts neues. Bei Google kommt niemand an Sergey Brin und Larry Page vorbei. Bei Facebook hat Mark Zuckerberg die Eigentümerstruktur so gestaltet, dass er stets die Mehrheit der Stimmen hat. Aber bislang hat es noch keinen Börsengang gegeben, bei dem nur Aktien ohne Stimmrecht offeriert wurden. Normale Anleger sind damit enteiert.
Was umso schwerer wiegt, da es sich um ein riskantes Investment handelt. Snap hat seit Gründung rund 1,2 Milliarden Dollar an Kapital verbrannt, allein im vergangenen Jahr 514 Millionen Dollar. Sowohl Google als auch Facebook waren bei ihren Börsengängen profitabel.

Zwar hat Snap noch immer eine Milliarde Dollar auf der hohen Kante und bekommt durch den Börsengang frisches Kapital. Doch dafür hat es mit Facebook einen besonders einflußreichen und finanziell potenten Wettbewerber. Der sackte allein im jüngsten Weihnachtsquartal 3,57 Milliarden Dollar an Gewinn ein.

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