Spekulation auf Kursverluste Dieser Fall ähnelt dem BVB-Bombenanschlag

Die Kurse von Aktien durch die Explosion von Sprengsätzen zu manipulieren, ist nicht einmalig in der Kriminalgeschichte. Vor wenigen Monaten verhinderten US-Ermittler die Ausführung eines ähnlichen Plans.

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Der Schriftzug „Keine Bombe kriegt uns klein! BVB wird ewig sein“ haben Sprayer an einen Zaun gesprüht. Einen Tag zuvor waren neben dem Mannschaftsbus der BVB-Fußballmannschaft drei Sprengsätze explodiert. Quelle: dpa

Düsseldorf Von deutschen Kriminalbehörden wird der Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund des mutmaßlichen Täters Sergej W. als neue und bislang unbekannte Form der Kriminalität gewertet. Grund: das vermutete Habgier-Motiv in Zusammenhang mit Börsengeschäften. Der mögliche Tod von Fußballspielern sollte den BVB-Aktienkurs drücken und Sergej W. wollte dann von zuvor getätigten Geschäften mit Optionsscheinen profitieren. Doch es gibt einen US-amerikanischen Fall aus der jüngsten Vergangenheit mit Parallelen.

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, hatte am Freitagabend im ZDF gesagt: „Das haben wir auch noch nicht erlebt, dass ein Anschlag, zu dem wir ermitteln, sich dann so entwickelt und am Ende sich als so eine perfide Form von Manipulation von Börsenkursen herausstellt. Das ist schon etwas völlig Neues.“ Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger sagte dem NDR, er habe „so etwas (…) in Deutschland bisher noch nicht gesehen“.

Was den 28 Jahre alten Verdächtigen zu der Tat bewegte, ist unklar. Zumindest bis Ende der Woche hatte er keine Angaben gegenüber den Ermittlern gemacht. Im Reich der Fiktion ist die Idee bekannt: Im erfolgreichen Computerspiel GTA 5 gibt es ein Szenario, bei dem Spieler Verbrechen verüben müssen, um von dadurch ausgelösten Aktienkursabstürzen zu profitieren. Doch auch in der Realität hat es schon eine ganz ähnliche Idee einer Schreckenstat gegeben.

Mitte Februar hat die Staatsanwaltschaft in Zentral-Florida einen Haftbefehl gegen einen 48-jährigen Mann erwirkt, der etwas Ähnliches wie Sergej W. geplant hatte. Der Mann wollte mit Hilfe eines Komplizen Bomben in Filialen einer Supermarktkette zünden – ebenfalls um die Aktie eines Unternehmens nach unten zu treiben und davon zu profitieren. Ein Informant der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden verhinderte jedoch die Tat.

Der Tatverdächtige aus Florida habe dem Informanten im Januar 10.000 Dollar angeboten, wenn er mehrere Päckchen entlang der US-Ostküste ausliefere. Später spezifizierte er den Auftrag: Es sollten Sprengsätze in Filialen der Handelskette Target platziert werden.

Tatsächlich baute Mark Charles Barnett „mindestens zehn als Lebensmittel getarnte Sprengsätze“, schreibt die Staatsanwaltschaft, und übergab die Bomben am 9. Februar an den Informanten. Dazu überreichte er eine Tasche mit Handschuhen, einer Maske und einer Abdeckung für Autokennzeichen.

In den Wochen zuvor hatte Barnett bereits sein Motiv erläutert. Er habe einen Weg gefunden, „die Aktie der Gesellschaft Target fallen zu lassen“. Sobald die Sprengsätze in den Läden explodiert wären, hätte das die Aktie im Kurs fallen lassen und es ihm ermöglichen, die Papiere nach dem Sturz zu kaufen und von späteren Kursgewinnen zu profitieren.


Bewährungshelfer wusste von dem Plan

Doch der in den Plan eingeweihte Mann informierte seinen Bewährungshelfer über das Vorhaben Barnetts, der dann die Strafverfolgungsbehörden informierte. Die Ermittler statteten den Tippgeber mit einer Wanze aus und konnten dann weitere Details von Barnetts Plan abhören – die ersten Sprengsätze sollten demnach „so weit im Norden wie möglich“ platziert werden, um von Anstifter und Ausführer in Florida abzulenken.

Barnett drohen bis zu zehn Jahre Haft wegen des Besitzes der Sprengsätze, er sitzt in Untersuchungshaft. Er war in der Vergangenheit bereits mehrfach straffällig geworden und trug bei der Planung seiner Tat eine elektronische Fußfessel mit GPS-Sender, was die Suche nach einem Komplizen erklären könnte. Barnett wollte nach den Detonationen „den Aktienmarkt beobachten“ und sehen, ob sich etwas bewege. Die Bomben hätten laut Sprengstoffexperten Menschen verletzen oder auch töten können.

Anhaltspunkte für Mittäter gibt es beim Dortmunder Anschlag nicht. Sergej W. wird versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Ihm droht damit eine lebenslange Haftstrafe.

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