Die so entstandene Lanxess wurde unter eigenem Management bald saniert. Die Aktie liegt heute 200 Prozent im Plus und ziert, wie die Mutter, inzwischen den Dax. Anleger, so zeigen es die Beispiele Osram und Lanxess, die zum richtigen Zeitpunkt zugreifen, bekommen von Konzernen abgespaltene Töchter (Spin-offs) oft zum Schnäppchenpreis.
Denn meist sind die ausgegliederten Bereiche die Stiefkinder der Mutterkonzerne. Sie gelten beim Start ins eigene Börsenleben oft als wachstumsschwach oder unrentabel, mindestens aber als langweilig. Zum echten Spin-off, bei dem die Aktionäre des Mutterkonzerns ungefragt Aktien der neuen Firma ins Depot gebucht bekommen, kommt es zudem oft erst, wenn andere Mittel, um die Bereiche unter die Anleger zu bringen, schon gescheitert sind – ein Verkauf an Investoren, Konkurrenten oder ein klassischer Börsengang.
Genau darin liegt die Chance für geduldige Investoren: Spin-offs kommen so gut wie nie überteuert an den Markt, eben weil es nicht die Filetstücke der Konzerne sind. Abgabedruck durch Investoren, die die Aktien im Rahmen der Abspaltung unfreiwillig in die Depots gebucht bekamen, sorgt nicht selten dafür, dass die Aktien der Börsenneulinge in den ersten Handelswochen sogar noch billiger werden. Im günstigen Fall entwickeln die früheren Stiefkinder bald ein Eigenleben mit neuem, fokussiertem Management, Zugang zum Kapitalmarkt und einer besser motivierten Mannschaft.
Preise nicht ausreizen
„Wäre etwa Lanxess als klassisches IPO an den Markt gekommen, wäre die Wertentwicklung sicher schwieriger gewesen“, sagt Klaus Schlote, Chef des Research beim Broker Solventis. Der Grund: Das Gros der Börsengänge findet statt, wenn die Aktienmärkte schon gut gelaufen und die Bewertungen hoch sind – das Marktumfeld also günstig ist, wie es in der Sprache der Investmentbanker heißt.
Bei IPOs wird der Preis oft überzogen: In der Hausse hungern Investoren nach neuen Aktien, das Unternehmen will möglichst viel Geld einsammeln, Banken überbieten sich gegenseitig mit ihren hochfliegenden Businessplänen und Schätzungen; kein Wunder, dass die spätere Wertentwicklung der allermeisten IPOs sehr zu wünschen übrig lässt.
Anders bei Spin-offs. Christian Funke und Timo Gebken von der Fondsboutique Source-for-Alpha haben Spin-offs wissenschaftlich untersucht. Die Frankfurter betreiben einen Fonds, der unter anderem gezielt in junge Unternehmen an der Börse investiert. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Spin-offs den Gesamtmarkt fast immer schlugen; das galt sowohl in positivem Börsenumfeld wie in Bärenmärkten.
In einer US-Studie von 2003 schaffte ein Korb aus 101 zufällig zusammengestellten Spin-offs eine Wertentwicklung von 29,8 Prozent in vier Jahren. Der Gesamtmarkt verbuchte einen Verlust von neun Prozent im selben Zeitraum. Funke: „Allerdings ist die Wertentwicklung der einzelnen Spin-off-Aktien sehr unterschiedlich; es gab zahlreiche ausgegliederte Unternehmen, die mehr als 90 Prozent verloren haben, aber noch viele Aktien mehr, deren Kurs in den ersten vier Jahren nach dem Börsenlisting gleich um mehrere Hundert Prozent zulegte; insgesamt ist die Bilanz positiv.“