Spotify, Amazon, Apple, Google Wie kreative Zerstörer die Medien-Branche aufmischen

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Individualisierbare TV-Angebote sind die Zukunft

Nachdem es sich mit den drei großen Musiklabels geeinigt hatte, setzte es die restlichen (rund 800 kleineren) unter Druck: Wer die Bedingungen nicht annimmt, dem droht Google mit der Löschung seiner Inhalte auf YouTube. „Das zeigt die Richtung“, sagt McQuivey, „Google und Amazon brauchen die Inhalte gar nicht selbst zu besitzen; es genügt, die Schnittstelle zum Konsumenten zu beherrschen, um den Inhalte-Anbietern die Bedingungen zu diktieren.“

Fondsmanager Dreide geht noch weiter: „Wer die Schnittstelle zum Nutzer hat, sei es iPhone, Google-TV oder Amazons Kindle für Bücher, der kann dort früher oder später eine Art Inhalte-Maut erheben, einen Teil der Einnahmen für das Bereitstellen der Infrastruktur verlangen.“

Zusätzlich geht es um Daten, die sich gewinnbringend verkaufen lassen. Wer alle interaktiven Möglichkeiten etwa von Amazon, YouTube oder Spotify nutzt, hinterlässt dabei eine Fülle von interessanten Daten für die Werbeindustrie: Wer hört wann welche Musik? Wer folgt wessen Listen? Spotify erforscht zusammen mit Universitäten, welche Musik bestimmte Stimmungen verstärkt. Werbeagenturen sind begeistert.

In diesen Ländern wird das Internet zensiert
ChinaEs ist ein Paradox: 300 Millionen Menschen nutzen in China das Internet - von der Zensur jedoch weiß nur ein Bruchteil der Menschen. Die Regierung nutzt dafür verschiedene Methoden. Filter kommen ebenso zum Einsatz wie Ausspähung und Einschüchterung. Neben pornografischen Seiten sperrt die Regierung Auftritte religiöser und politischer Gruppierungen, welche die Regierung als 'schädlich' ansieht. Auch renommierte Nachrichtenseiten wie BBC oder Social-Media-Portale wie Facebook, Twitter und Youtube sind nicht abrufbar. Nun verschärft China die Zensuren und weitet die Blockaden auf mehrere Internetseiten aus. Der Großanbieter von Cloud-Diensten, Edgecast, räumte am 18.November in einer Mitteilung ein, dass viele seiner Dienste seit kurzem von China aus nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abrufbar sind. Die Zensurexperten von Greatfire.org bezeichneten den Schritt als „Versuch, China vom globalen Internet abzuschneiden“. Die Organisation hatte mehrfach angeprangert, dass Chinas Zensurapparat immer ausgefeilter operiere. Teilweise würden Zugriffe auf internationale Internetseiten gezielt verlangsamt, um sie für chinesische Nutzer unbrauchbar zu machen. Chinas Internet wird seit Jahren stark kontrolliert. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie Youtube oder Webseiten von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien wie die „New York Times“ oder die Nachrichtenagentur Bloomberg sind von China aus nicht abrufbar. In diesem Jahr hatte China die Sperren bereits ausgeweitet. Kurz vor dem 25. Jahrestag des Pekinger Massakers im Juni wurde erstmals der Zugang zu allen Google-Diensten in China wie Suche, Gmail, Maps und die Fotoplattform Picasa gesperrt. Quelle: REUTERS
TürkeiSeit 2007 können lokale Strafgerichte Webseiten landesweit sperren lassen, sofern sie pädophile oder pornografische Inhalte, die Verherrlichung von Drogen oder Beleidigungen des Staatsgründers Atatürk zeigen. Jetzt hat die Türkei allerdings nochmals die Kontrolle von Internetnutzern verschärft. Die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB darf künftig Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren lassen, wenn sie die „nationale Sicherheit“ oder die „öffentliche Ordnung“ gefährdet sieht. Außerdem kann sie Daten über das Surfverhalten von Internetnutzern uneingeschränkt sammeln. Einer entsprechenden Gesetzesänderung stimmte das türkische Parlament in der Nacht zu Mittwoch zu, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Es ist bereits die zweite Verschärfung in diesem Jahr. Internetanbieter müssen die Anweisung zur Sperrung von Webseiten innerhalb von vier Stunden umsetzen. Erst nach 24 Stunden müsse die Telekommunikationsbehörde die Entscheidung einem Gericht vorlegen, um die Sperrung bestätigen zu lassen.Mit Material von dpa Quelle: dpa
NordkoreaNordkorea gilt als das Land mit der weltweit striktesten Internetkontrolle, steht laut Machthaber Kim Jong Un aber vor einer "industriellen Revolution". In seiner Neujahrsrede kündigte der Machthaber mehr Investitionen in Forschung und Technologie sowie Computer in allen Schulen an. Bisher haben lediglich ein paar tausend Privilegierte Zugang zu einer stark zensierten Version des Internets. Unter den zugelassenen Seiten befinden sich 30 Portale, die die großen Führer "Kim Jong-il" und "Kim Il Sung" preisen. Quelle: dapd
RusslandStaatschef Vladimir Putin plant eine Ausweitung der Netzzensur. Vorgesehen ist ein Twitter-Verbot für Staatsdiener sowie Klarnamenzwang in sozialen Netzwerken. Damit wollen die Machthaber um den Staatschef gegen "extremistische Propaganda" und Blogger, die "politische Spekulation verbreiten", vorgehen. Derweil gehen immer mehr Menschen gegen Putins Regime auf die Straße. Quelle: dpa
AfghanistanSeit Juni 2010 werden in Afghanistan diverse Webseiten und Soziale Netzwerke gesperrt. Darunter Facebook, Youtube, Twitter und Google-Mail sowie Seiten mit den Themen Alkohol, Dating, Glücksspiel und Pornografie. Quelle: dpa
WeißrusslandSeit Januar 2012 ist ein Weißrussland ein Gesetz in Kraft, das Alexander Lukaschenko bereits 2010 auf den Weg gebracht hatte. Danach dürfen ausländische Dienste nicht mehr für E-Mails, Finanztransaktionen, den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen genutzt werden. Außerdem müssen die Provider inhaltliche Zensur durchsetzen und PC-Nutzer sich in Internetcafés ausweisen. Quelle: dpa
MyanmarIn Myanmar können sich die meisten Menschen Computer gar nicht leisten, weshalb die Zensurmaßnahmen der Militärregierung vor allem Internetcafés betreffen. Der Zugang zu oppositionellen Webseiten wird hier systematisch blockiert. Auch E-Mail-Programme von Yahoo oder Hotmail können nicht genutzt werden. Was die User in den Cafés treiben, wird sehr genau beobachtet. Alle fünf Minuten werden die URLs der aufgerufenen Seiten gespeichert. Quelle: REUTERS

Sollte das globale Experiment der Musikbranche mit All-inclusive-Abos erfolgreich sein, „werden andere Medien folgen“, meint Bird von McKinsey. Schon heute nutzen 40 Millionen Deutsche Video-Streaming im Netz, meist gucken sie dabei YouTube-Videos oder TV über Anbieter wie Zattoo auf dem PC. Auch die Sender selbst, von ARD bis RTL, streamen einen Teil ihres TV-Programms im Netz. „Aber das ist nicht die Zukunft“, sagt Investor Burchart, „die gehört nicht dem Konsum des normalen TV-Programms am PC, sondern den voll individualisierbaren, interaktiven TV-Abos, die TV-Serien und Filme in unbegrenzter Vielfalt anbieten – analog zu Spotify oder Simfy bei der Musik.“

McQuivey sieht das ähnlich: „Sie sind kundenfreundlicher“, sagt der Marktforscher, „man kann seine Lieblingsserie schauen, wenn man Zeit und Lust hat, nicht, wenn Fox oder CBS sie zufällig senden. Wer die Auswahl und Individualität von TV-Streaming kennt, geht nicht zurück zum normalen TV-Programm.“

TV nur noch über das Netz

Der Bezahlsender Sky feiert bereits Erfolge mit seinem On-Demand-Angebot Sky-Go: Die Serie „Game of Thrones“ wurde allein von April bis Juni in Deutschland 2,3 Millionen Mal von zahlenden Kunden abgerufen. Vor allem junge TV-Zuschauer ließen sich „kaum noch mit einem vorgefertigten, alternativlosen Programm abspeisen“, sagt Viva-Gründer Gorny, der heute Medienwissenschaft an der FH Düsseldorf lehrt. Frage er Studenten, wer Musik und TV im Netz nutze, „zeigen alle auf; frage ich nach herkömmlichem TV, ist es noch die Hälfte, bei Zeitungen geht die Quote gegen null“.

TV-Angebote im Internet werden heute noch hauptsächlich in den USA genutzt, wo es dank der weiten Verbreitung des Kabel-TV ein bandweitenstarkes Netz gibt. Marktführer Netflix startet im September in Deutschland. Die Konkurrenten Hulu und WatchEver, eine Tochter von Vivendi-Universal, wachsen schnell. Auch Amazon mischt schon mit: Über Amazon Prime können Kunden Filme downloaden und elektronische Bücher leihen – für nur 100 Dollar pro Jahr.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die neue Art des Fernsehens im Rest der Welt durchsetzt. „Die TV-Branche wird überrollt, sobald ein schnelles, mobiles Netz flächendeckend verfügbar ist“, meint Fondsmanager Dreide. Neue Geräte – UltraHD oder 4K genannt – werden leichter sein und ein noch besseres Bild haben als die heutigen HD-Flachbildfernseher. „Sie werden Spielkonsole, TV, Radio, Computer und Musikanlage in einem sein“, sagt Dreide.

Für den Investor ist klar: „Es wird Platz geben für Netflix und Spotify, aber die besten Karten haben die Großen, die alles aus einer Hand anbieten: Filme, TV-Serien, Musik und Bücher.“ Soll heißen: Amazon, Google und Apple.

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