Staatsschulden und Notenbanken Japan droht Vorreiter beim Helikoptergeld zu werden

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Helikoptergeld wird wahrscheinlicher

Dass sie entgegen aller Erwartungen, ihre Geldpolitik vorerst nicht noch weiter lockern will, ist jedoch kein Ausdruck von Ratlosigkeit, sondern wohl eher ein Indiz dafür, dass im Hintergrund bereits der nächste und vielleicht finale Schlag vorbereitet wird: Die Einführung des viel diskutierten „Helikoptergelds“ – also direkter monetärer Transfers an die Bevölkerung – wird immer wahrscheinlicher. Über den so finanziertem Konsum würden Konjunktur und Inflation quasi mit Gewalt angeschoben.

Die jüngsten, scheinbar zögerlichen Aussagen von Notenbank-Chef Kuroda können tatsächlich so interpretiert werden: Als Aufforderung an die Regierung, nach dem Scheitern der „Quantitave Easing“-Politik nun endlich den Weg frei zu machen für "Helikoptergeld".

Staatsfinanzierung durch die Notenbank

Doch damit muss noch lange nicht Schluss sein. Da Geldgeschenke an die Bevölkerung wohl nur ein kurzes konjunkturelles Strohfeuer entfachen, könnte die Notenbank gezwungen sein, über das sogenannte "overt monetary financing“ (OMF), Staatsschulden gleich selbst zu übernehmen. Die Bank of Japan würde als "Bad Bank" des Landes Staatsanleihen und andere Schulden aufkaufen und diese entweder endlos prolongieren oder, durch simplen Beschluss, entwerten und ausbuchen.

Dies wäre der Beginn eines monetären Endspiels von bisher unbekannter Tragweite und Dramatik. Es versteht sich von selbst, dass damit der letzte Rest an geldpolitischer Integrität verloren ginge. Aber vielleicht ist das immer noch besser als ein krachender Staatsbankrott.

Lehren für Europa

Sollte sich Japan als erste große Industrienation seiner Staatsschulden tatsächlich über die Notenbank entledigen, könnten die anderen großen Zentralbanken der Welt nicht einfach zuschauen. Sie müssten reagieren und ebenfalls massiv Staatsschulden aufkaufen, um eine Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem Yen zu verhindern Der Ausgang dieses monetären Endspiels ist völlig offen.

Auch wenn in Europa bislang noch keine japanischen Verhältnisse herrschen, so sollten die Ereignisse in Fernost doch als deutliche Warnung begriffen werden. Die Parallelen sind nicht zu übersehen: Auch in Europa nimmt die Staatsverschuldung weiter zu, ist das Wirtschaftswachstum schwach und altert die Bevölkerung. Das Beispiel Japans zeigt dem Rest der Welt, welche fatalen Folgen eine fehlgeleitete Wirtschafts- und Finanzpolitik hat. Der Versuch, die japanische Wirtschaft über ultralockere Geldpolitik zu mehr Wachstum zu führen, ist klar gescheitert.

Dessen ungeachtet hält die EZB bisher noch am gleichen Konzept für die Wirtschaft im Euroraum fest. Die Frage ist: wie lange noch?

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