Stelter strategisch

Die Märkte sind angeschlagen

Seite 2/2

30 Jahre Verschuldungspolitik

Die Zinsen steigen aus verschiedenen Gründen: Die Notenbanken versuchen langsam aber sicher die Geldpolitik zu normalisieren, US-Unternehmen repatriieren Auslandsgelder im Zuge der Steuerreform in den USA und die Inflationserwartungen gehen nach oben. Dabei spielt es keine Rolle ob man wie ich eher nicht an Inflation glaubt. Entscheidend ist, was die Märkte glauben. Und die spielen zur Zeit das Thema Inflation.

Notenbanken mit dem Latein am Ende

Bisher waren es immer die Notenbanken, die dem System Zeit erkauft haben. Immer tiefer sanken die Zinsen, immer aggressiver wurden die Maßnahmen. So tief waren die Zinsen vor der nächsten Rezession noch nie. Hat die Fed die kurzfristigen Zinsen etwas nach oben gebracht, – oder die Märkte haben es für sie erledigt – bleibt die EZB gefangen in der Rolle des Euro-Retters um jeden Preis. Daran dürfte auch die sich abzeichnende Verpfändung der deutschen Steuergelder für das europäische Projekt durch die neue Regierung nichts ändern.

Die Lage für die Notenbanken ist wenig attraktiv:

- Sie haben es mit einer Rekordbewertung der Assetmärkte zu tun, getrieben von tiefen Zinsen und Rekord-Leverage. Die Börsen dürften relativ zum Bruttoinlandsprodukt nicht nur in den USA den höchsten Stand der Geschichte erreicht haben, sondern auch weltweit.
- Sie haben es mit einer Rekordverschuldung der Realwirtschaft zu tun. Konsumenten und Unternehmen haben weltweit immer noch Rekordschulden. In einigen Ländern ist die Verschuldung gar weiter gestiegen, wie beispielsweise bei US-Unternehmen.
- Sie befinden sich in einem Währungskrieg miteinander. Zur Zeit haben die USA die Nase vorn und schaffen eine Abwertung der eigenen Währung. Japan, China aber auch die Euro-Zone spüren schon jetzt die Folgen der Dollarschwäche und es setzt sie unter Druck, noch mehr zu tun, um die eigene Währung wieder zu schwächen.
- Sie stecken im Dilemma, Inflation nicht zulassen zu dürfen, sie eigentlich aber anzustreben, um die Schulden real zu entwerten und zugleich schwer erzeugen zu können.
- Sie haben den Zinssteigerungstendenzen gerade in den USA wenig entgegenzusetzen, wissen aber, dass es eine überschuldete Weltwirtschaft und ein auf Leverage gebautes Kartenhaus schlecht verkraften, wenn die Zinsen steigen.
- Sie haben es mit einer weitgehend dysfunktionalen Politik zu tun. In den USA werden am Höhepunkt des Aufschwungs Steuersenkungen und Infrastrukturprogramme auf Kredit beschlossen und zugleich ein globaler Handelskrieg vom Zaun gebrochen. In Europa veranstaltet die EU eine Strafaktion gegen Großbritannien, um andere Länder von ähnlichen Ausstiegsüberlegungen abzuhalten und verschleppt zugleich eine wirkliche Lösung der Eurokrise, was auch daran liegt, dass man sich mit Scheinlösungen beschäftigt.

Die Notenbanken sind nicht unschuldig an dieser Situation. Sie ist die Folge von einer Politik, die dreißig Jahre einseitig darauf gesetzt hat, die Verschuldung nach oben zu treiben.

Deutlicher Warnschuss an den Märkten

Doch es geht nicht ewig weiter. Die Turbulenzen vom Februar sind einen deutliche Warnung. Auch vegangene Woche ging es an den Märkten weiter bergab. Die Medien propagieren zwar weiter die These, dass es zu Aktien keine Alternative gibt und die Kurskorrektur eine Einstiegschance ist. Das erinnert an die Diskussion vom Melt-up Boom, die sich – wie hier richtig prognostiziert - als Propaganda herausgestellt hat, um den Insidern einen Ausstieg zu erleichtern. Kurz darauf ging es bergab.

So dürfte es in den kommenden Monaten weiter bergab gehen. Die Realwirtschaft mag noch gute Signale senden, die Märkte sind angeschlagen und blicken weiter. Auf die weitere Verknappung der Liquidität, auf die gestiegene Anfälligkeit eines immer fragileren Systems.

Zu pessimistisch, denken Sie? Mag sein. Allerdings befinde ich mich in guter Gesellschaft. Warren Buffett ist mittlerweile zum größten Käufer von US Treasury Bills geworden. Mehr als 100 Milliarden US-Dollar hat Berkshire Hathaway in kurzfristigen US-Staatspapieren geparkt, um dann kaufen zu können, wenn es günstig ist. Dann muss man nämlich liquide sein, ließ der Meister wissen. Gilt auch für uns.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%