Stelter strategisch

Die EZB ist noch lange nicht am Ende

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Wer glaubt, die EZB ist mit ihren Mitteln am Ende, irrt. Jetzt geht es erst richtig los. Doch auch dies bietet Chancen für Anleger. Zum Beispiel ausgerechnet mit Bank-Aktien.

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EZB Quelle: dpa

Die EZB hat geliefert. Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle dazu geraten, in das zu erwartende Strohfeuer hinein zu verkaufen. Denn der EZB wird es mit den beschlossenen Maßnahmen genauso wenig wie bisher gelingen, die Eurozone aus der Krise zu führen. Es funktioniert nun Mal nicht, eine Insolvenz mit immer mehr Liquidität und Schulden zu lösen. Man kann nur die Konkursverschleppung fortsetzen, in dem man den Schuldnern die Zinsen erlässt oder – die wirklich neue Volte in dieser Krise – noch Geld dafür bezahlt, dass sie sich verschulden. Wie hoch die Überschuldung ist, sieht man daran, dass selbst bei Negativzinsen die Schulden noch schneller wachsen als die Wirtschaft. Mathematisch ist da per Definition irgendwann einmal Schluss.

Zur Person

Die EZB und mit ihr die anderen Notenbanken setzen alles daran, den Schlusspunkt der Entwicklung aufzuschieben. Um jeden Preis soll der Status Quo erhalten werden. Im Interesse der Politiker, die ein Scheitern des Euro für undenkbar halten und zudem davor zurückschrecken, dem Wahlvolk die Wahrheit zu sagen. Aber auch im Interesse der Banken, die sonst wie der Kaiser im Märchen für jeder Mann offensichtlich nackt durch die Straßen laufen. Damit braut sich eine explosive Lage zusammen, die Wahlergebnisse mit sich bringen könnte, die die Ereignisse vom vergangenen Sonntag in den Schatten stellen. Aber Politik ist ja nicht Gegenstand dieser Kolumne.

Pressestimmen zum EZB-Entscheid

Wirtschaftspolitik in Wellen

Sicher ist, dass die letzten Zweifel am Endspiel verfliegen. Die Zeichen stehen ganz klar auf umfassende Monetarisierung der Schulden. An dieser Stelle habe ich bereits mehrfach erläutert, was zu tun ist, wenn die Helikopter kommen, und die Notenbanken Staaten direkt finanzieren und in einem nächsten Schritt die Schulden gleich über die Notenbankbilanz bereinigen.

Vorerst setzt sich der Kampf zwischen Deflation und Inflation fort: Die hohe Schuldenlast, die Fehlinvestitionen und Überkapazitäten aus der Boomphase, die verhinderte Bereinigung derselben und in Folge die Alimentierung von real- und finanzwirtschaftlichen Zombies führen zu einem erheblichen deflationären Druck. Diesem kann reine Geldpolitik immer weniger entgegensetzen. Genau aus diesem Grund lassen sich folgende Wellen der wirtschaftspolitischen Interventionen absehen: 

Zu tiefe Zinsen gestern machen noch tiefere Zinsen heute erforderlich, die wiederum tiefere Zinsen morgen bedingen. Geld muss immer billiger und immer großzügiger ins System gepumpt werden. Jetzt kommen die Helikopter.
von Daniel Stelter
  • In der nächsten Welle ist die direkte Finanzierung von Konjunkturprogrammen zu erwarten.
  • Da dies nicht genügen wird, werden die Notenbanken zusätzlich direkt oder indirekt (also über den Umweg über Staaten) den Banken die faulen Forderungen abnehmen.

  • Intelligente Regulierung vorausgesetzt – was nicht so wahrscheinlich ist – wird Pensionsfonds und Lebensversicherungen ermöglicht, in Sachwerte, also vor allem Immobilien und Aktien zu diversifizieren. Japan macht dies gerade vor, wo diese Investoren Staatsanleihen an die Bank of Japan verkaufen und stattdessen in Aktien und ausländische Wertpapiere investieren.

  • Nach dem massiven Aufkauf von Staatschulden wird die EZB diese zu einem zukünftigen Zeitpunkt annullieren. Oder zins- und tilgungsfrei stellen, was wirtschaftlich dasselbe ist.

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