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US-Wirtschaft boomt unter Donald Trump - bis zum bösen Erwachen Quelle: imago images

Die USA boomen dank Trump – doch das böse Erwachen wird folgen

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Die US-Wirtschaft boomt unter Trump, das Land hat die Finanzkrise weit besser bewältigt als Europa. Auch die Börsen spielen mit. Doch wie lange noch?

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Kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den USA habe ich an dieser Stelle prognostiziert, dass Donald Trump – sollte er entgegen allgemeiner Erwartung US-Präsident werden – alles daransetzen werde, die US-Wirtschaft massiv zu stimulieren. „Mit Trump kommt die Reflation“ war das Fazit dieser Überlegungen:

„Ein Blick in die Geschichte – und zwar sowohl in die Zeit der großen Depression wie auch in die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts – zeigt, dass es jenen Ländern wirtschaftlich am besten erging, die am erfolgreichsten eine Reflationierung erwirken – also einen deutlichen Anstieg des Preisniveaus, der dazu beiträgt, die Schuldenlast real zu entwerten. Je protektionistischer ein Land war und je schneller es schaffte, die eigene Währung zu entwerten, desto größer war der Erfolg. Ein Präsident Trump würde vermutlich genau diesen Weg beschreiten.

Eine Begrenzung der Zuwanderung dürfte zu steigenden Löhnen führen, protektionistische Eingriffe – wie auch immer begründet – zur Verlagerung von Produktion in die USA und tendenziell steigenden Preisen. Helikopter-finanzierte Konjunkturprogramme zu höherem Wachstum und – vermutlich – zu einer deutlichen Schwächung des US-Dollars, was wiederum Exporte fördert und Importe beschränkt. Macht Trump seine Drohung wahr, von den Verbündeten mehr militärische Eigenleistung zu fordern und die militärischen Aktivitäten im Ausland zurückzuführen, so hat auch dies eine belebende Wirkung für die USA.

Damit wären die USA das Land, welches am aggressivsten diesen Kurs verfolgt. Europa könnte darauf schon alleine aufgrund der Struktur des Eurosystems nicht oder nur sehr zeitverzögert regieren. Der Euro würde deutlich aufwerten, die Inflation weiter sinken. Die Spannungen in der Eurozone würden weiter zunehmen, und die hier mehrfach diskutierten Szenarien für eine Auflösung des Euro an Aktualität gewinnen.“

Rückblickend kann man nur feststellen, dass Donald Trump macht, was er angekündigt hat. Er hat die Steuern deutlich gesenkt, die Staatsverschuldung massiv nach oben getrieben und wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch die steigenden Defizite wie angekündigt über die Notenpresse finanzieren. Ohne Frage dürften die USA das Land sein, in dem die geldpolitischen Helikopter als erstes starten, käme es zu einer erneuten Krise.

Vorerst scheint das nicht nötig. Trump wirkt. Die Wachstumsraten der US-Wirtschaft legen seit seiner Wahl kontinuierlich zu. Im letzten Quartal wuchs die Wirtschaft mit real 4,1 Prozent. Hinzu kommt eine Inflationsrate von nahe drei Prozent, was zu einem Nominalwachstum von beeindruckenden sieben Prozent führt. Dieses Wachstum macht es leichter, die immer noch hohe (und steigende) Verschuldung der US-Wirtschaft zu stemmen. Die USA sind damit weit vor Europa, wenn es darum geht, die Folgen der Finanzkrise zu überwinden. Das ändert allerdings nichts daran, dass auch die USA noch weit unter dem Vorkrisentrend liegen.

Dabei scheint das Wachstum auf einem breiteren Fundament zu stehen, als man gemeinhin annimmt. Außenhandel, Investitionen und Staatsausgaben haben einen höheren Anteil, während der Anteil der Konsumausgaben zurückgeht. Könnte es also sein, dass die USA mit mehr Investitionen nicht nur die Wirtschaft beleben, sondern auch die Grundlage für nachhaltig höheres Wachstum legen?

Vorerst wirkt die Politik. Die Folgen der deutlich gestiegenen Verschuldung von Staat und Unternehmen, die schon länger als denkbarer Auslöser der nächsten Krise gesehen wird, werden erst in der Zukunft spürbar werden. Zunächst gelingt jedoch die Reflation.

Gewinne explodieren – Börse legt zu

Kein Wunder, dass es um die Ertragslage der Unternehmen gut bestellt ist. Gab die Bewertung an der US-Börse immer wieder Anlass zur Warnung, gerade auch bei Stelter Strategisch, so führen die steigenden Gewinne zu einer etwas günstigeren Bewertung. Seit der Abstimmung über die große Steuerreform im US-Senat im letzten Dezember sind die Gewinnerwartungen für das zweite Quartal deutlich gestiegen: von 35 US-Dollar Gewinn pro Aktie im S&P 500 auf fast 41 US-Dollar, ein Sprung um über 15 Prozent.

Alle Branchen verzeichnen Gewinnzuwächse und die Anzahl der Unternehmen im S&P 500 Index, die ihre eigenen (optimistischen) Prognosen schlagen, ist so hoch wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Mit dieser Entwicklung unterscheiden sich die USA Donald Trumps deutlich vom Rest der Welt. Während über 80 Prozent der US-Unternehmen die Erwartungen schlagen, gelingt das in Europa nur der Hälfte.

Dies erklärt auch, weshalb wie hier vor vier Wochen diskutiert die US-Börse mit Abstand den Rest der Welt geschlagen hat. Wo die Wirtschaft wächst, die Gewinne steigen und die Politik alles daran setzt, den Boom weiter zu befeuern, lohnt es sich zu investieren.

Diese Aspekte sollten zur Vorsicht mahnen

Doch so einfach ist es dann doch nicht. Mehrere Aspekte sollten zur Vorsicht mahnen:

  • Buy the rumor, sell the news: Da ist zunächst die bekannte Tatsache, dass an der Börse die Zukunft gehandelt wird und nicht die Gegenwart. Wichtiger als die heutigen Gewinne sind die Einschätzungen der Börsianer zu künftigen Gewinnen und Zinsen. Kommt es zu weiteren Zinserhöhungen in den USA könnte es schneller als gedacht mit dem Doppel-Boom an Börse und in Wirtschaft zu Ende sein. Schon in diesem Herbst dürfte es zum Schwur kommen.
  • Erhebliche politische Risiken: Nicht nur bleibt Donald Trump unberechenbar und der mit der EU ausgehandelte Waffenstillstand im Handelskrieg nur einen Tweet entfernt vom nächsten Angriff. Nordkorea, Iran, ungelöste Eurokrise, chaotischer Brexit, es gibt genug Stoff, der für Turbulenzen an den Märkten sorgen kann.
  • China vor der Rezession: Das Wirtschaftswachstum in China schwächt sich schon seit Längerem ab. Hintergrund ist der Versuch der Führung, das Land etwas weniger von der Schuldendroge abhängig zu machen. Deshalb trifft der Handelskrieg mit den USA das Land zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Sollte sich daraus eine Abschwächung des Renmimbi ergeben, droht gar eine weitere Eskalation im Handelsstreit.
  • Enger Markt: Zum Jahresanfang hatten wir die Diskussion über einen möglichen „Melt-up Boom“ an den Börsen. These war, dass wir uns zwar in einer Blase befinden, diese aber noch nicht am Ende ist, bevor es zu einem letzten Boom an der Börse kommt. Nun hatten wir zwar nicht diesen Boom, allerdings haben wir es mit einer Konzentration des Aufschwungs auf immer weniger Werte zu tun. Die auch hier viel diskutierten FAANGs (Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google) haben zwar nur 13,6 Prozent Anteil am S&P, stehen aber für die Hälfte des Zuwachses seit Jahresbeginn.

Facebook als Kanarienvogel?

Aller Skepsis zum Trotz haben es die FAANGs in diesem Jahr allen gezeigt. Trotz hoher Bewertungen ging es immer weiter aufwärts. Bis vor zwei Wochen. Dann stürzte Facebook nach enttäuschenden Wachstumszahlen beeindruckende 20 Prozent ab. Ein Tagesverlust von 120 Milliarden US-Dollar. Wenig später folgten Netflix (minus 17 Prozent) und Twitter (minus 20 Prozent an einem Tag). Selbst der Börsenliebling und berüchtigte Short-Seller-Töter Tesla kam unter Druck.

Natürlich spielen diese Verluste angesichts der enormen Kursgewinne der letzten Monate keine Rolle. Wer vor einem Jahr investiert hat – wo ich zugegebenermaßen schon skeptisch war –, sitzt auf schönen Gewinnen. Andererseits zeigen Geschwindigkeit und Ausmaß der Kurskorrektur, auf welch dünnem Eis wir tanzen. Keine Änderung der Geschäftsaussichten von Unternehmen, die so intensiv von Analysten beobachtet werden wie diese Schwergewichte, sollte so überraschend sein, dass sie derartige Anpassungen der Bewertung in kurzer Zeit zur Folge hat. Wenig verwunderlich, dass sich die Investoren auch bei den anderen Tech-Werten fragen, ob die Bewertung (noch/überhaupt) gerechtfertigt ist.

Schon seit ein paar Wochen zeichnet sich eine Umschichtung ab. Nachdem sichere Werte längere Zeit hinterherhinkten, stiegen die Aktien von langweiligen Unternehmen wie Versorgern, Gesundheit und Telekom auch in den USA stärker als der Markt. Auch der Schweizer Markt, dominiert von Schwergewichten wie Nestlé, Roche und Novartis erholte sich deutlich.

Diese Umschichtung in vermeintlich sichere Bereiche hält die Indizes hoch, selbst wenn die einstigen Zugpferde schwächeln. Stellt sich die Frage: Wie lange noch? Gerät die US-Börse mehr unter Druck, könnten wir rasch den Punkt erreichen, wo der doppelte Hebel von hoher Unternehmensverschuldung und Wertpapierkäufen auf Kredit die Abwärtsbewegung beschleunigt. Egal wie hoch die Gewinne der Vergangenheit auch sein mögen.

Diese US-Produkte werden durch die Zölle teurer
Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU hängen am seidenen Faden, seit die USA Stahl- und Aluminiumexporte aus der EU im Wert von 6,1 Milliarden Euro mit Strafzöllen belastet. Nun ergreift die EU ab Juli Gegenmaßnahmen. In zwei Schritten sollen Waren von ebenfalls knapp sechs Milliarden Euro mit neuen oder höheren Zöllen belegt werden. Ab Juli die erste Hälfte, 2021 folgen dann weitere Zollerhöhungen auf Waren im Wert von noch einmal gut drei Milliarden. Etwa ein Viertel dieser betroffenen US-Waren geht nach Deutschland. Unsere Bildergalerie zeigt, welche US-Produkte ab Juli auf dem deutschen Markt am stärksten betroffen sind. Quelle: imago images
1. Schrauben (aus Eisen/Stahl )US-Exporte nach Deutschland (2017)103 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr3,7 %4 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %26 Mio. Euro(eigene Hochrechnungen der jährlich zu erwartenden Zollkosten auf Basis von Exportdaten aus dem Jahr 2017; Daten von Comtrade, WTO, TARIC, EU; teilweise Warenuntergruppen zusammengefasst; Werte gerundet) Quelle: imago images
2. Whiskey US-Exporte nach Deutschland (2017) 84 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahrzollfreikeinezusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %21 Mio. Euro Quelle: REUTERS
3. Schminke/NagellackUS-Exporte nach Deutschland (2017) 77 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahrzollfreikeinezusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %19 Mio. Euro Quelle: imago images
4. Leitern, Paletten, Trommeln und sonstige EisenwarenUS-Exporte nach Deutschland (2017) 73 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr2,7 %2 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %18 Mio. Euro Quelle: dpa
5. AluminiumblecheUS-Exporte nach Deutschland (2017)60 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr7,5 %4,5 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %15 Mio. Euro Quelle: imago images
6. Yachten und BooteUS-Exporte nach Deutschland (2017) 35 Mio. Eurobisheriger Einfuhrzollbisherige Zollkosten/Jahr0 - 2,7 %bis 1 Mio. Eurozusätzlicher Strafzollzusätzliche Zollkosten/Jahr25 %9 Mio. Euro Quelle: dpa
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