Stelter strategisch

Der Bluff mit Banken erhöht das Verlustrisiko

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Einfache Arithmetik

Nehmen wir an, ein Investor könnte in zwei aufeinander Jahren jeweils 10 Prozent Gewinn oder Verlust machen, wobei die Ereignisse unabhängig voneinander sind. Natürlich würde man sich über zwei Gewinnjahre freuen und über zwei Verlustjahre ärgern. Was wäre, wenn er in einem Jahr einen Gewinn von zehn Prozent macht und im anderen ein Verlust von zehn Prozent?

Spontane Antwort: das Vermögen ist unverändert. Doch das stimmt nicht. In Wirklichkeit verliert der Investor ein Prozent und zwar egal in welcher Reihenfolge Gewinn und Verlust auftreten:

  • 100x1,1 = 110x0,9= 99

  • 100x0.9 = 90x1,1 = 99

Das ist einfache Arithmetik, die aber relevant ist, vor allem je größer der Verlust ist. Beträgt der Verlust 15 Prozent brauchen wir 17,5 Prozent Gewinn, bei 20 Prozent Verlust, 25 Prozent Gewinn um wieder auf Einstiegsniveau zu sein.

Einfluss der Notenbanken auf die Börsen seit 2008*
Entwicklung des US-Aktienindex S&P 500 und Bilanzsumme der US-Notenbank Fed seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008*reine Kursentwicklung ohne Dividenden; logarithmische Darstellung;Quelle: Bloomberg
Die expansive Geldpolitik Japans im Vergleich zum japanischen Aktienindex Nikkei seit 2008*reine Kursentwicklung ohne Dividenden; logarithmische Darstellung;Quelle: Bloomberg
Der Deutsche Aktienindex Dax im Vergleich zur Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank (EZB) seit 2008*reine Kursentwicklung ohne Dividenden; logarithmische Darstellung;Quelle: Bloomberg

Damit ändern sich aber auch die Preise, die wir bereit sind für eine Aktie zu bezahlen. Mag ein Kurs von 100 für eine Aktie mit gleichmäßiger Gewinn/Verlust-Chance noch angemessen sein, ist dies nicht mehr der Fall, wenn man sich zwar noch 10 Prozent Gewinn erhofft, die Verluste aber bei 15 Prozent oder mehr liegen können. Im Falle eines Verlustrisikos von 30 Prozent rechnet Harlyn vor, dass es völlig rational ist, für die Aktie nur noch 88 Euro zu bezahlen.

Und dabei wurde die Gewinnhoffnung noch nicht mal gesenkt.

Da mögen die Analysten noch so sehr betonen, dass sie ihre Annahmen nicht geändert haben. Die Einschätzungen für den worst case haben sie sehr wohl geändert und damit das Verlustpotenzial erhöht, ohne zugleich die Gewinnchance anzuheben. Wie sollten sie auch, gab es doch eher negative Meldungen in den letzten Wochen.

Solange sich die Gewinn-Verlust-Erwartung der Marktteilnehmer nicht wieder grundsätzlich ändert, dürfte damit eine Rückkehr zu den alten Höchstständen ausgeschlossen sein. Will die EZB das ändern, sollte sie gleich wie die Bank of Japan direkt Aktien aufkaufen. Wundern würde mich das angesichts der immer verzweifelten Interventionen nicht.

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