Stelter strategisch
Logo der NYSE Quelle: AP

Gefährlich nah am Abgrund

Daniel Stelter Quelle: Presse
Daniel Stelter Unternehmensberater, Gründer Beyond the Obvious, Kolumnist Zur Kolumnen-Übersicht: Stelter strategisch

Die Märkte sind angeschlagen. Mochte man bis zum Durchbrechen der 200-Tages-Linie an der Wall Street am letzten Montag noch von einer Korrektur sprechen, so dürfte nun klar sein, dass uns Schlimmeres bevorsteht.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Märkte crashen nicht am Höchststand. Sie brechen erst ein, nachdem sie schon mehrere Wochen oder Monate unter Druck waren. Zunächst herrscht die Überzeugung vor, dass es sich lohnt, bei einem Zurücksetzer zuzukaufen. War das doch seit Jahren die richtige Strategie. Danach kommt die Hoffnung, dass es sich um eine „gesunde“ Korrektur handelt, die die Grundlage für die nächste Phase des Bullenmarktes legt. Sodann wird die Alternativlosigkeit der Aktien gepredigt und die wahre Gefahr in den Anleihenmärkten gesehen. Auch die robuste Lage der Weltwirtschaft und die nachhaltig gute Gewinnentwicklung der Unternehmen wird dann gepriesen. Ein Umfeld, indem man nur Aktien kaufen könne.

Trotzdem fallen die Aktien weiter. Der Markt ist angeschlagen.

Rutschig nach unten

Wie im Bärenmarkt Anfang der 1970er Jahre kann es auch deutlich bergab gehen, ohne dass es einen spektakulären Crash gibt. Diesmal glaube ich das nicht. Sollten die Aktien weiter sinken, droht in der Tat ein Crash. Der Grund dafür ist einfach: die zu hohe Verschuldung im System. Wir haben es mit Unternehmen zu tun, die sich – gerade in den USA – so hoch verschuldet haben wie noch nie und Investoren, die im verzweifelten Versuch bei Niedrigzinsen noch gute Erträge zu erwirtschaften, mit immer mehr Kredit spekulieren.

Beides zusammen macht die Märkte so anfällig für eine Fortsetzung der Korrektur.

Sinkt der Aktienkurs, sinkt der Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens. Damit steigt der Verschuldungsgrad und damit aus Sicht der Fremdkapitalgeber das Risiko. In der Folge verkaufen diese die Anleihen des Unternehmens, was zu steigenden Zinsen/Risikoprämien führt, was wiederum ein höheres Risiko signalisiert. Das bringt mehr Investoren dazu, die Anleihen und die Aktien zu verkaufen.

Beschleunigt wird diese Abwärtsbewegung durch die Investoren, die bei immer höherer Verschuldung und immer weniger Puffer haben, um Verluste zu tragen. Sinkt der Wert ihres Portfolios, kommen sie unter zunehmendem Verkaufsdruck. Zunächst noch freiwillig um Gewinne zu sichern, dann immer mehr auf Druck der Kapitalgeber. Der berüchtigte Margin Call.

So kann aus einer anfänglich als nur vorübergehend angesehenen Entwicklung ein sich selbst verstärkender Abwärtstrend werden. Wie auf einer Rutschbahn wird es immer schneller und unmöglich, sich festzuhalten. Wir nähern uns genau diesem Punkt.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%