Stelter strategisch

Der Glaube an den ewigen Aufschwung

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Grummeln im Bauch

Die Kollegen der FT verspüren dennoch ein Grummeln im Bauch. Zwar betonen sie, wie begründet die Hausse ist, schließen aber mit dem wenig hilfreichen Hinweis, dass die besten Jahre auch an der Börse wohl hinter uns liegen. Schön war es für die, die dabei waren, denn – so die FT ziemlich deckungsgleich zu meiner Kolumne vor einigen Wochen - auf heutigem Niveau sind nur noch schwache Renditen zu erwarten. Die Hausse ist nach dieser Logik zwar berechtigt, gleichwohl zu Ende. Nicht, dass sie nun enden müsse, sie bringt halt nur nicht mehr viel.

Stellt sich für mich die Frage, weshalb Anleger und Investoren angesichts einer Kursentwicklung, die nur zum Teil fundamental erklärt werden kann, und deutlichen Risiken in Realwirtschaft und Politik an dem Spiel noch teilnehmen sollte. Nur drei Gründe fallen mir da ein:

- Man spekuliert darauf, dass es einfach weitergeht, weil immer mehr (entnervte) Leser meiner Kolumne und sonstige Skeptiker aufgeben und doch noch einsteigen.
- Man glaubt an die bevorstehende Entwertung des Geldes durch eine deutliche Inflation und kauft Realwerte, egal was sie kosten. Allemal besser, als die Entwertung über Nacht.
- Man vertraut dem Geld bei der Bank nicht – Stichwort: Bail-In – und kauft lieber eine solide Aktie, als das Geld auf dem Konto liegen zu haben.

Die wertvollsten Unternehmen der Welt

Ich selbst kann nur dem dritten Punkt etwas abgewinnen. Auf den greater fool zu setzen ist Spekulation, keine seriöse Geldanlage. Mit Blick auf die Wahrscheinlichkeit, mit dem Timing richtig zu liegen. ist die Gefahr nicht zu unterschätzen, selber der greater fool zu sein. Die Hyperinflation kann kommen, wie an dieser Stelle schon vor einigen Monaten diskutiert, bleibt aber vorerst ein Extremszenario welches die gleiche Wahrscheinlichkeit hat wie eine Fortsetzung des japanischen Szenarios in der Euro-Zone.

Angesichts der Überschuldung und der Gefahr, im nächsten Abschwung zur Kasse gebeten zu werden, ist Misstrauen gegenüber den Banken sinnvoll. Eigentlich wäre Liquidität die billigste und beste Absicherung gegen die bevorstehenden Turbulenzen an den Märkten und man sollte sie auf jeden Fall entsprechend erhöhen.

Deshalb bietet es sich an – trotz Nullzins – den Staaten Geld zu leihen. Zehnjährige US-Staatsanleihen bringen gar 2,5 Prozent. Hinzu kommt ein Anteil in Aktien guter Qualität, die man in dem Wissen kauft, keine großartige Rendite zu erzielen, jedoch eine Absicherung gegen Inflation und Bankpleiten zu kaufen.

Das alles ist super langweilig. Es ist aber auch nicht die Zeit für große Risiken. Diese könnten rasch und überraschend deutlich größer sein, als wir es uns heute ausmalen möchten.

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