Stelter strategisch

Ein letztes Hurra zum Ende des Bullenmarktes

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"Kreditimpuls" sinkt

Die Notenbanken haben mit ihrer Politik des äußerst günstigen Geldes in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anreiz für Aktienrückkäufe und Übernahmen gegeben. Ohne die tatkräftige Hilfe der EZB wäre der schon lange gehegte Wunsch des Bayer-Managements nach Monsanto zu greifen, ein Traum geblieben.

Doch genau dieser Treiber für Übernahmen droht in den kommenden Monaten wegzufallen. Die Fed scheint es trotz einer sich abzeichnenden Abkühlung der US-Wirtschaft ernst zu meinen mit weiteren Zinserhöhungen. Die EZB stößt an die selbstauferlegten Grenzen für weitere Stimulierungsmaßnahmen und auch in China ist das Kreditwachstum abnehmend. Damit sinkt der „Kreditimpuls“ und die positive Wirkung auf Realwirtschaften und Märkte.

Steigende Zinsen verteuern Übernahmen deutlich. Besser also, noch schnell die Deals durchziehen, die vielleicht in wenigen Monaten nicht mehr finanzierbar sind. Die Erwartung steigender Zinsen war auch bei den letzten Booms von Fusionen und Übernahmen einer der Treiber. Dass die Märkte in den letzten Wochen korrigiert haben, dürfte ein weiteres Argument sein, mit dem Berater und Banker die Unternehmen davon überzeugen, jetzt zuzuschlagen.

Letztes Hurra!

Gut möglich also, dass wir vor einigen spannenden Börsenwochen stehen, die durchaus neue Rekordstände selbst an schon teuren Märkten wie der Wall Street bringen können. Getrieben wird dieser Prozess von Unternehmen, die mit der Übernahme von Wettbewerbern darauf hoffen, die eigene Position zu verbessern, „koste es, was es wolle“.  Hauptbranchen bleiben Pharma (fehlende eigene Produktentwicklung wird durch Akquisitionen kompensiert, Beispiel Pfizer), Telekom (klassischer Markt für maximal drei Spieler, deshalb auch die Diskussionen um Sprint in den USA), die chemische Industrie (anhaltender Konsolidierungsdruck), Konsumgüter (Konsolidierung eine der letzten Möglichkeiten, Wachstum zu generieren) und der Technologiesektor.

Das runderneuerte Portfolio von Warren Buffett

Aus Investorensicht ist dies kurzfristig erfreulich. Die Märkte steigen und wenn man gezielt auf potenzielle Übernahmekandidaten setzt – bzw. spezialisierte Fonds kauft – winken schöne Einmalgewinne. Behalten sollte man die Aktien der kaufenden Unternehmen auf keinen Fall. Ihnen droht im Zuge der unweigerlich bevorstehenden Korrektur an der Börse – ich bin hier keinesfalls optimistischer geworden über die Sommerpause – der größte Einbruch. Erinnert sei an die Übernahme von Time Warner durch AOL im Januar 2000.

Auf jeden Fall wäre die Dienstmädchenhausse der Unternehmen das letzte Hurra für einen Bullenmarkt, der sich seinem Ende nähert. Eine gute Gelegenheit, um Risiken zu reduzieren und das Portfolio wetterfest zu machen. Irre ich mich, und der Rückgang bei den Aktienrückkäufen in den USA ist auch ein Vorzeichen für eine Abnahme der Übernahmetätigkeit in den nächsten Wochen, dürfte es das mit dem Bullenmarkt gewesen sein.

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