Stelter strategisch

Gefährlich nah am Abgrund

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Langfristzinsen sinken wieder

Was die Profis erkannt haben. So herrscht zwar noch die Meinung vor, dass die US-Fed die geplanten Zinserhöhungen durchzieht, was die kurzfristigen Zinsen nach oben getrieben hat. Die langfristigen Zinsen gemessen an US-Staatsanleihen sind im März jedoch deutlich gesunken. Die Kurse der Anleihen also gestiegen.

Vordergründig ist das eine gute Nachricht, schließlich verträgt unsere überschuldete Welt keine höheren Zinsen. Es könnte aber auch das Signal dafür sein, dass die Investoren mit einer erneuten Rezession und Turbulenzen an den Märkten rechnen. Rutschen die Börsen nämlich weiter, dürften wir vor einer erneuten Finanzkrise stehen, haben wir doch in den letzten 10 Jahren nicht wirklich etwas an den Grundursachen geändert.

Im Gegenteil: die Schulden sind deutlich höher und die Krisenanfälligkeit damit entsprechend auch. (Das Märchen von der bewältigten Finanzkrise)

Kommt es zu einer neuen Krise, wirkt diese erst mal deflationär: die Preise von praktisch allen Assets kommen unter Druck. Der beste Fluchtpunkt sind dann die Anleihen erstklassiger Schuldner ohne Ausfallrisiko. Zwar mag man an der Kreditwürdigkeit des US-Staates (und angesichts der demografischen Entwicklung und der verdeckten Verbindlichkeiten für Rente und Euro-„Rettung“ auch des Deutschen!) zu recht zweifeln. Kurzfristig sind die Anleihen dennoch der beste Parkplatz für Vermögen.

Rasch wären die Sorgen vor steigender Inflation und steigenden Zinsen vergessen.

Endspiel für die Notenbanken

Die Notenbanken sind gefordert, erneut Weltfinanzsystem und Weltwirtschaft zu retten. Dabei ist es höchste Zeit, dass sie sich endlich eingestehen, dass sie mit ihrer Politik kläglich gescheitert sind: Seit Jahren outperformen die Assets, die eher von Deflation profitieren, dabei wollen die Notenbanken doch offiziell die Inflationsrate nach oben treiben. Seit Jahren bekämpfen sie Krisen die aus zu hoher Verschuldung resultieren mit der Erleichterung weiterer Schuldenaufnahme. Seit Jahren befördern sie damit die schleichende „Zombifizierung“ unserer Wirtschaft, was zu immer geringeren Wachstumsraten führt und damit die Schuldenprobleme weiter verschärft.

Dies wird Draghi und Co. nicht daran hindern, erneut in den geldpolitischen Giftschrank zu greifen. Wie bereitwillig sie das tun werden, kann man schon aus der Tatsache erahnen, dass die EZB bereits im März ihre Käufe von Unternehmensanleihen ausgeweitet hat. Dass die Bilanz der EZB mittlerweile mehr als 40 Prozent des Eurozonen-BIP ausmacht, stört die Notenbanker auch nicht. Auch in Zukunft gilt „whatever it takes“.
Allerdings erst nachdem es so deutlich brennt, dass die Notenbanker eine gute Begründung haben, die Geldschleusen wie noch nie zuvor zu öffnen. Bis zu diesem Zeitpunkt heißt es: Untergewichtung bei Aktien und trocken halten des Pulvers auf einem sicheren Parkplatz.

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