Deutlich konkreter sind seine Vorstellungen zur Sanierung der Eurozone. „Teurer Freund“ titelte der Spiegel in dieser Woche und verwies darauf, dass die Überlegungen Macrons vor allem den deutschen Steuerzahler belasten. Ein weiteres Beispiel für die negativen Folgen unserer Exportobsession, die von der Tatsache ablenkt, dass wir Deutschen zu den Ärmsten in der Eurozone gehören. In praktisch allen anderen Ländern verfügen die privaten Haushalte über ein höheres Vermögen als bei uns.
Abgesehen von der Finanzierung stellt sich die Frage, ob die Maßnahmen, die Macron vorschlägt, überhaupt die Lösung brächten. Ein Euro-Zonen-Budget, überwacht von einem Euro-Zonen-Parlament und gesteuert von einem Euro-Zonen-Finanzminister ändert zunächst wenig. Es wäre eine Umverteilungsmaschinerie mit dem Ziel, über eine offizielle Transferunion (statt der inoffiziellen, welche die EZB derzeit umsetzt) einen Ausgleich zwischen den Ländern und vor allem den verschiedenen Konjunkturzyklen zu erzielen.
Um einen solchen Ausgleich zu erzielen, muss es sich allerdings um erhebliche Summen handeln, die faktisch eine Verschuldungskompetenz auf der EuroZonen-Ebene erforderlich macht. Macron strebt – nicht als Erster – eine Lösung der durch zu viel Schulden ausgelösten Krise durch noch mehr Schulden an. In die gleiche Richtung gehen auch seine Überlegungen zur vollständigen Umsetzung der Bankenunion, die nichts anderes als eine Sozialisierung fauler Privatschulden ist.
Es gibt also noch die Erwartung, man könnte die Probleme durch mehr Umverteilung lösen. Leider ist dem nicht so. Wir haben es zu tun mit:
Einer strukturell fehlenden Wettbewerbsfähigkeit vieler Länder in der Euro-Zone. Die wird durch mehr Umverteilung verfestigt, nicht gelöst. Man denke nur an die über 100-jährige Währungsunion zwischen Nord- und Süditalien.
- Einer Überschuldung von Privaten (faule Banken) und Staaten. Daran ändern mehr Transfers nichts. Das geht nur, wenn man die Schulden bereinigt. Wie das ginge, habe ich unter anderem hier erklärt.
Einem strukturellen Trend zu geringerem Wachstum aufgrund von Demografie und Produktivitätszuwächsen. Daran ändert mehr Umverteilung auch nichts.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wir uns in den kommenden Monaten mit Scheinthemen beschäftigen, die zwar zu mehr Umverteilung zu unseren Lasten innerhalb von EU und Euro-Zone führen werden, nicht jedoch die eigentlichen Probleme lösen. Derweil wächst der politische Druck weiter. In Italien liegt das BIP real immer noch deutlich unter dem Vorkrisenstand und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Eurokrise in die nächste Phase tritt.
Genießen wir den Frühling
Gut möglich, dass sich die Erholung in der Eurozone und damit an den Märkten in der Hoffnung auf den „Macron-Effekt“ in den kommenden Wochen und Monaten fortsetzt. Genießen wir den Frühling und freuen uns an steigenden Kursen von Aktien und Euro, ohne zu vergessen, dass es nur eine vorübergehende Phase ist. Solange die Politik sich vor den harten Entscheidungen drückt, kann es nur eine kurze Pause im japanischen Szenario Europas sein. Spätestens, wenn Italien wählt, hat die Krise uns wieder.