Überhaupt hat die Bank of England interessante Studien im Köcher. So erschien kürzlich ein Papier, welches aufzeigt, dass die Zinsen noch für mindestens weitere 15 Jahre tief bleiben werden. Die Forscher erklären dies mit sieben Einflussfaktoren, die auch in Zukunft eine Rolle spielen werden:
• Die demografische Entwicklung führt zu einem erhöhten Angebot an Sparkapital, weil immer mehr Menschen für das Alter vorsorgen.
• Eine zunehmend ungleiche Vermögens- und Einkommensverteilung führt zu mehr Sparkapital, weil Menschen mit höheren Einkommen und Vermögen mehr sparen als der Durchschnitt der Bevölkerung.
• Die Schwellenländer versuchen ihre Wirtschaft über eine Stärkung des Exportsektors zu entwickeln. Da Exportüberschüsse immer auch mit einem Kapitalexport einhergehen, investieren diese Länder in den Kapitalmärkten der Industrieländer und vergrößern so zusätzlich das Angebot an Ersparnissen.
• Die Sparer sind risikoaverser geworden und deshalb bereit, ihr Geld auch zu tiefen Zinsen anzulegen, statt in andere, risikoreichere aber potenziell rentierlichere Anlagen auszuweichen. Oder sie – wie im Falle der Versicherungen - werden von der Regulierung in diese Anlagen gezwungen. Nur deshalb kaufen sie 100-jährige Anleihen von Irland und Belgien.
Diesem Angebot an Kapital steht nach Einschätzung der Experten eine sinkende Nachfrage gegenüber:
• So sind in den letzten Jahren die Preise von Investitionsgütern deutlich gefallen, was unter anderem auf die digitale Revolution zurückzuführen ist. Deshalb benötigen Unternehmen weniger Kapital, um ihre Investitionen zu finanzieren.
• Derweil sind die Investitionen der Staaten deutlich zurückgegangen, was an der schon bestehenden hohen Schuldenlast der Staaten liegt.
• Das geringere Wirtschaftswachstum, verursacht durch den Rückgang der Erwerbsbevölkerung und deutlich geringere Produktivitätszuwächse, wirkt zusätzlich dämpfend auf Investitionen.
Fazit: mehr Ersparnisse und weniger Investitionen führen dazu, dass – so die Prognose der Bank of England – die Zinsen noch für weitere 15 Jahre tief bleiben. Zwar bin ich kein so großer Anhänger dieser „Badewannen-Theorie“, wie an dieser Stelle diskutiert, dennoch ist an den Argumenten etwas dran.
Die Eiszeit dauert noch
Damit nicht genug. Selbst wenn es diese fundamentalen Gründe nicht gäbe, dürften die Realzinsen nicht spürbar steigen. An der Überschuldung der westlichen Welt hat sich in den letzten Jahren nämlich nichts geändert. Schulden und Fehlinvestitionen hängen wie ein Mühlstein an der Wirtschaft. Die Verschleppung der Schuldenkrise verschärft dieselbe und hält die Weltwirtschaft in der Eiszeit gefangen.
Höhere Zinsen würden zwangsläufig eine Konkurswelle auslösen. Nur Dank Null- und Negativzins ist unser Schuldenturm noch nicht zusammengebrochen. Nur wenn es deutliche Inflation gäbe, könnten die Nominalzinsen steigen, die Realzinsen jedoch nicht. Doch von Inflation ist allen Bemühungen der Notenbanken zum Trotz bisher nichts zu sehen.
Solange dies so bleibt, sollten wir vom deflationären Szenario ausgehen. Egal, was die Fed in der kommenden Woche beschließt. Die Trendwende dürfte es noch nicht sein.