Stelter strategisch

Aktien im Angebot oder der Griff ins fallende Messer?

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Zinsen bleiben auf Rekordtief

Auf der anderen Seite hat sich seit Jahresbeginn eigentlich nicht so vieles verändert. Die Zinsen bleiben auf Rekordtief, allen gegenteiligen Beteuerungen der Fed zum Trotz, der sinkende Ölpreis befördert die Konsumlaune in den Industrieländern, China hat die üblichen Probleme eines Schwellenlandes beim Umbau der eigenen Wirtschaft, und der dortige Aktienmarkt hat eigentlich keine Bedeutung, weil er weder für die Finanzierung der Unternehmen noch als Vermögensklasse der Investoren wirklich relevant ist. Und sollte es dennoch zu Problemen kommen, verfügt die Regierung über genug Macht und Mittel diese zu bereinigen.

Dem gegenüber stehen allerdings die ebenfalls schon lange bekannten Probleme: die Kapitalflucht aus China und den anderen Schwellenländern und der Druck auf die Ölexporteure, Vermögenswerte zu verkaufen, wirken wie ein gigantischer Margin Call für die Finanzmärkte. China hat nur eine begrenzte Finanzkraft, um eine Abwertung des Renmimbi zu verhindern. Sie wird spätestens in drei Jahren aufgebraucht sein, womit sich der deflationäre Druck weltweit verschärft. Wie das halt ist am Ende eines Schulden-Super-Zyklus.

Alle Dax-Aktien im Check für 2016

Im verzweifelten Versuch, die schmerzhaften Folgen dieses Schuldenbooms aufzuschieben, haben die Notenbanken soviel Geld in die Finanzmärkte gepumpt, dass man überall viel Risiko für wenig Rendite bekommt. Natürlich ist es besser, den Dax bei einem Stand von 9.500 Punkten zu kaufen als bei 11.000. Doch das allein kann als Kaufargument nicht genügen. Natürlich hat man mit Cash einen sicheren Verlust– doch dieser ist bekannt. Nicht bekannt ist, ob es wirklich nicht noch weiter nach unten geht. Ich gebe zu bedenken, dass es in einem Umfeld von mageren Renditen zwölf  Jahre dauert, um einen Verlust von 30 Prozent wieder wettzumachen – und das unter der Annahme einer Nachsteuerrendite von drei Prozent im Jahr.

Zur Erinnerung: 2001 war nur Dank der massiven Intervention der Fed für den Investor ein verlustfreier Einstiegszeitpunkt. Wer heute kauft, setzt wieder auf die Notenbanken. Auf die Notenbanken und ihre erneute Fähigkeit, das System eine Runde weiter zu bekommen und darauf, dass das Vertrauen der Finanzmärkte in die Notenbanken Bestand hat. Erstes halte auch ich für sehr wahrscheinlich,  Zweites aber für zunehmend zweifelhaft. Das muss einem nur klar sein. Es sei denn, das vorherrschende Motiv für Aktien ist die Angst vor zu hohen Cash-Beständen auf dem Bankkonto. Auch ein ehrenwertes Motiv, ist es doch nur eine Frage der Zeit bis es zu den ersten Bail-ins, also der Beteiligung bei Bankensanierungen, kommt.

Letzte Woche habe ich selbst, wie auch in meiner Kolumne erwähnt, taktisch auf eine Korrektur gesetzt. Ansonsten halte ich an meiner simplen Strategie der Diversifikation fest. Wenn Sie noch untergewichtet sind mit Aktien, nutzen Sie die Schwäche zum gezielten Zukauf von Qualität. Ansonsten: Kurs halten! Das Messer kann noch weiter fallen, egal was die Anlageberater erzählen.

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