Streaming-Anbieter Cliq Digital Wächst hier das nächste Netflix heran – oder bloß ein Scheinriese?

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Satte Kursgewinne

Die Aktie des Unternehmens machte in dem Zeitraum, in dem die Nutzerzahlen von Scream-Stream zulegten, jedenfalls einen gewaltigen Kurssprung. Zeitweise vervierfachte sich der Kurs. Wer Mitte August 2020 eingestiegen und bis heute investiert ist, dem bleiben immer noch satte 250 Prozent Kursplus.

Etwa elf Prozent der Aktien hält Vorstandschef Luc Voncken. Laut Bloomberg ist er damit der größte Einzelaktionär. Er profitiert so auch am stärksten von der hohen Dividendenausschüttung des Unternehmens. Die Dividendenrendite ist mit 5,9 Prozent durchaus beachtlich, zugleich wirkt das Unternehmen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von sieben nicht teuer.

Börsianer kennen Voncken womöglich vom Spieleanbieter Bob Mobile, aus dem Cliq Digital hervorgegangen ist. Voncken war auch Anteilseigner von Golden Bytes, einem Dienstleister, der unter anderem das erste SMS-TV-Voting für Big Brother in den Niederlanden organisiert haben soll. Er ist also ein echter Pionier, wenn es ums Onlinegeschäft geht.

Neben Voncken sind auch Fondshäuser wie Hansainvest und MK Luxinvest bei Cliq Digital investiert. Sie haben nach Angaben von Bloomberg zuletzt sogar zugekauft. Auch das international tätige Fondshaus HSBC Asset Management ist an Bord, ebenso eher unbekannte Gesellschaften wie Cumulant Capital aus Finnland und Recanati aus Israel.

Undurchsichtiges Firmengeflecht

Insgesamt soll Click Digital 1,7 Millionen Nutzer haben. Aber wo diese Nutzer eigentlich Geschäft bringen, ist in den Geschäftsberichten nicht aufgeschlüsselt. Lag der Umsatz im ersten Halbjahr 2021 noch bei 63 Millionen Euro, stieg er jedenfalls bis Ende des ersten Halbjahres 2022 auf 117 Millionen. Dieses Wachstum, so das Unternehmen, sei vor allem auf den „Anstieg der Marketingkampagnen für Multi-Content-Portale“ zurückzuführen, die mehr Mitgliedschaften gebracht hätten. Wo diese Mitgliedschaften abgeschlossen wurden und für was die Mitglieder genau zahlen, gibt Cliq Digital nicht bekannt.

Tatsächlich sind die Geldströme bei dem Streaming-Anbieter schwer zu durchschauen. Cliq Digital habe mehr Unterfirmen als Tesla-Chef Elon Musk Kinder, scherzte Philipp Klöckner in dem Podcast „Doppelgänger TechTalk“. Klöckner war früher bei Rocket Internet für Investments zuständig und ist heute Berater für Private-Equity-Unternehmen. Zusammen mit dem Seriengründer Philipp Glöckler durchleuchtete er in einer Folge des Podcasts unter anderem Cliq Digital. 

Zum Firmenkonglomerat der Düsseldorfer gehören zahlreiche weitere Unternehmen, darunter viele Zahlungsdienstleister. Cliq Digital schreibt dazu, dass die Anzahl der Tochtergesellschaften für ein multinationales Unternehmen mit Ambitionen zur internationalen Expansion nicht ungewöhnlich sei. Die Töchter seien aus Fusionen hervorgegangen, die das Unternehmen in den vergangenen zwölf Jahren vollzogen habe.

Nicht ausgeschlossen, dass über die Internetseiten der Tochtergesellschaften auch Abos verkauft werden. Statt im zentralen Streaming-Geschäft könnten Abonnements und Mitgliedschaften, die in die Gesamtrechnung einfließen, teilweise über andere Kanäle generiert werden. Glöckler und Klöckner bemängeln jedenfalls, dass es ihnen nicht gelungen sei, irgendwo auf der Internetseite von Cliq Digital ein Abo abzuschließen. Für ein Unternehmen, das von Abos lebt, ist ein derart versteckter Zugang eher ungewöhnlich.

Auf Wachstumskurs

Eine der Internetseiten, die über eine Tochtergesellschaft zum Cliq-Digital-Universum gehören, ist wizzgames.com. Im April 2022 warnt ein Kunde auf der Beurteilungsplattform Trustpilot vor dem Angebot der Spieleplattform: „Spiele, die in anderen Kontexten bereits kostenlos sind, werden zu exorbitanten Preisen angeboten“, so die deutsche Übersetzung des dänischen Textes. Ohne, dass man es merke, habe man zudem ein festes Abonnement abgeschlossen. Er habe sich an den Verbraucher-Ombudsmann gewandt, schreibt der Kunde.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband warnt seit Jahren davor, dass es Streaming-Netzwerke gebe, die Verbraucher in Abofallen lockten. Die Testphasen seien meist sehr kurz, anschließend würden den Nutzern teure Jahresabos aufgedrückt. 

Negative Bewertungen seien in einem Geschäft „mit Millionen von Verbrauchern“ durchaus üblich, heißt es von Cliq Digital. Man betreibe keine Abofallen: „Jede bezahlte Mitgliedschaft beginnt immer mit einer kostenlosen Probemitgliedschaft und verfügt bei der Registrierung über zahlreiche Opt-in-Sicherheitsmaßnahmen sowie eine unkomplizierte Kündigungsregelung.“

Die Düsseldorfer bleiben jedenfalls auf Wachstumskurs. Künftig soll über das neue Multi-Content-Portal Cliq.de mehr geboten werden: Filme, Serien, onlinebasierte Spiele und Sportübertragungen. Im Jahr 2021 hatte das Unternehmen einen Umsatz von rund 150 Millionen Euro, bis 2025 soll es eine halbe Milliarde werden. 

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Mit einer neuen Strategie und einem Kampfpreis von 6,99 Euro pro Monat fürs Streamen von Filmen, Musik, Spielen und Hörbüchern soll das Umsatzwachstum gelingen. 200 Stunden Filmmaterial haben die Düsseldorfer eingekauft beim Lizenzunternehmen Leonine Studios aus München, heißt es in einer Mitteilung. Insgesamt stehen derzeit rund 2000 Filme in der hauseigenen Mediathek. Wie viele Menschen diese Filme abrufen? Unklar.

Lesen Sie auch: Wie sich Streaming-Anbieter mit Telekomunternehmen zoffen

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