Wenn Bundestrainer Jogi Löw im Danziger Mannschaftsquartier vor die Presse tritt, sind Dutzende Scheinwerfer und Kameras auf ihn gerichtet. 300.000 Kilowattstunden Strom wird das Pressezelt des Deutschen Fußball-Bunds während der drei Wochen Europameisterschaft schlucken – so viel wie 100 Haushalte in einem Jahr. Kleiner Trost für Umweltbewegte: Windparks einer polnischen RWE-Tochter liefern dem DFB politisch korrekten Ökostrom. Stehen die Windräder an der Ostsee jedoch still, muss RWE auch in Polen andere Quellen anzapfen – oder Strom an der Börse nachkaufen.
Das passiert täglich und überall. Stromhandel ist ein Multimilliardengeschäft: In Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden und Skandinavien werden jährlich etwa 480 Milliarden Euro im professionellen Stromhandel umgesetzt.
Preisbarometer für den gesamten Markt
Zwar laufen nur 18 Prozent davon über Börsen, doch an der Strombörse EEX in Leipzig, bei ihrer Tochter EPEX in Paris oder an der skandinavischen Nord Pool werden die Preise ermittelt, zu denen die Stromhändler ihre oft grenzüberschreitenden Deals machen. Der Börsenpreis gilt als Preisbarometer für den gesamten Markt.
Für dieses Barometer brechen nach dem von der Bundesregierung forcierten Atomausstieg völlig neue Zeiten an. „Mit der deutschen Energiewende ist der Stromhandel unberechenbarer geworden“, bilanziert Edgar Lange, Leiter Energievertrieb und Risikomanagement der Investmentbank JP Morgan in London. Grund dafür sei der steigende Anteil an erneuerbaren Energien am Strom-Mix. Derzeit sind es in Deutschland 20 Prozent. Weil der Wind nicht immer gleich weht und die Sonne nicht immer scheint, schwanken Stromangebot und -preis.
Extreme Preisschwankungen
Wird viel Wind- und Sonnenstrom ins Netz gespeist wird, geht der Börsenpreis in die Knie. Am sonnigen Pfingstwochenende vom 26. bis 28. Mai etwa kostete Strom, der am selben Tag geliefert werden musste, an der Pariser EPEX zeitweise nur noch 0,1 Cent je Kilowattstunde. Die deutschen Solarparks stellten über Pfingsten 20.000 Megawatt bereit, so viel wie 20 Atommeiler. Zum Vergleich: Am 16. Juni, einem Samstag mit durchwachsenem Wetter, lag der niedrigste Preis bei 1,2 Cent je Kilowattstunde – zwölf Mal so hoch. Wenn besonders viel Wind- und Sonnenstrom auf schwache Nachfrage trifft, können die Preise an der EEX dann sogar ins Minus stürzen. Netzbetreiber geben den Strom gratis ab und zahlen sogar noch etwas drauf.
Stromanalyst Tobias Federico von Energy Brainpool in Berlin erwartet, dass sich wegen der Energiewende solche Extreme häufen werden. Sein Rechenmodell signalisiert für den Sommer einen Börsenpreis nahe null und für den kommenden Winter in einzelnen Stunden bis zu 20 Cent je Kilowattstunde. „Bis 2030 sind sogar Preisspitzen bis zu einem Euro je Kilowattstunde denkbar“, sagt Federico.
Achterbahnfahrten beim Strompreis
Dass solche Achterbahnfahrten beim Strompreis realistisch sind, zeigt ein Blick auf den Staat New York. Dessen Gouverneur Andrew Cuomo will das Atomkraftwerk Indian Point 3 abschalten. Als Ende Februar der Atommeiler zeitweise vom Netz musste, schnellte an der New Yorker Börse der Strompreis von 3 auf 25 US-Cent je Kilowattstunde hoch. New York fehlt es an Leitungen ins Umland, um Strom zu importieren. Falls nicht ausreichend Ersatz für abgeschaltete Kraftwerke geschaffen wird, drohen Engpässe.
Stärker schwankende Börsenpreise werden für Stromproduzenten und -abnehmer zum Problem. Um Kosten und Erträge zu glätten, müssen sie sich mit Derivaten, Finanzprodukten auf den Strompreis an der Börse, absichern. Ein Energieerzeuger kann zum Beispiel direkt oder über ein Finanzinstrument zu einem Termin in sechs Monaten an der Börse eine fixe Menge Strom zu einem heute schon feststehenden Preis verkaufen. Fällt der Strompreis unter das heutige Niveau, gleicht der Gewinn aus dem Finanzinstrument die Einbußen beim verkauften Strom aus. Die Absicherung gegen schwankende Preise kostet allerdings Geld, das die Stromerzeuger auf ihre Preise draufschlagen werden.
Genaue Wetterprognosen wichtig
Schon jetzt, so Martin Schelker, leitender Stromhändler bei EnBW, sichere sich der Energiekonzern mit Terminkontrakten auf Kohle, Strom und CO2-Verschmutzungsrechte ab. Diese drei Komponenten seien wesentliche Elemente für den Strompreis und die Marge, die EnBW aus der Vermarktung des Kraftwerksparks erziele. Für die kurzfristige Vermarktung sind genaue Wetterprognosen zur Einschätzung der Preisentwicklung zunehmend wichtig. EnBW beschäftige daher Meteorologen in ihrem Analysten-Team.
Auch Vattenfall will in Wetter-Know-how investieren. „Insbesondere Windprognosen sind wegen der Offshore-Anlagen in der Nordsee wichtiger geworden“, sagt Alfred Hoffmann, Leiter Kraftwerkseinsatz und -vermarktung Zentraleuropa bei Vattenfall. Falle viel Wind an, fahre der Stromkonzern seine konventionellen Kraftwerke herunter oder speichere Energie in seinen Pumpspeicherkraftwerken, dafür fließe mehr Ökostrom ins Netz.
In der Strompreis-Falle
Wenn mehr Ökostrom ins Netz kommt, fällt der Börsenpreis für Strom. Private Haushalte profitieren jedoch kaum vom sinkenden Börsenpreis. Denn der Börsenpreis trägt nur etwa ein Drittel zum Strompreis für Haushalte bei. Die Ökostrom-Umlage und die wegen des Netzausbaus steigenden Netzentgelte bleiben beim Börsenpreis außen vor. Sinkt der Börsenpreis, steigt im Gegenzug die Ökostrom-Umlage. Diese Umlage gleicht die Differenz zwischen Börsenpreis und der staatlich garantierten Einspeisevergütung für Wind- oder Solarstrom aus. Stromerzeuger und Industrie reichen die Ökostrom-Umlage voll an ihre Kunden weiter. „Nur wenn wir einen funktionierenden Wettbewerb auf dem Strommarkt hätten, wären die Erzeuger gezwungen, die sinkenden Börsenpreise zulasten ihrer Marge weiterzugeben“, sagt Thomas Pilgram, Geschäftsführer bei Clean Energy Sourcing in Leipzig.
Marktteilnehmer an den Börsen aber profitieren durchaus von den dank Solar- und Windeinspeisung stärker schwankenden Preisen. Je stärker der Strompreis schwankt, desto lukrativer wird die Strombörse für Spekulanten. Wenn nicht nur Angebot und Nachfrage den Preis machen, sondern auch Wind und Sonnenschein, bleibt genügend Raum für riskante Wetten. Bei diesen spekulativen Geschäften mischen vor allem Hedgefonds und Investmentbanken mit.
Energieversorger und Banken
Die wichtigsten Spieler in diesem Markt sind Goldman Sachs und Morgan Stanley und die britische Barclays Bank. Die EEX gehört zu 56 Prozent der Deutschen Börse, die restlichen Anteile liegen vor allem bei Energieversorgern und Banken. Sie hat bereits auf das verstärkte Interesse der Finanzinvestoren reagiert: Im vergangenen Jahr eröffnete sie ein Büro in London, um näher an ihren Kunden zu sein.
Die EEX registriert nach eigenen Angaben seit der Energiewende mehr Nachfrage nach kürzeren Terminkontrakten für Strom, der in Wochen oder Monaten geliefert wird. Weil Handelsteilnehmern nicht klar sei, welcher Strom-Mix in einigen Jahren auf dem Markt sein werde. Der kurzfristige Handel gewinne an Bedeutung.
Derivate für einzelne Tage
Derzeit prüft die Strombörse, ob sie auch spezielle Derivate (Futures) für einzelne Tage am Terminmarkt anbieten soll. „Es geht dabei nicht um den physischen Handel, sondern diese Futures werden finanziell durch Barausgleich erfüllt“, sagt EEX-Chef Peter Reitz. Bisher bot die EEX am Terminmarkt nur Futures für Stromlieferungen an, die ganze Wochen oder Monate umfassen.
Nicht nur Finanzinvestoren, auch die Händler der Stromerzeuger lassen sich bisweilen auf riskante Geschäfte ein. So stehen Stromhändler unter Verdacht, im Februar einen Beinahe-Blackout in der deutschen Stromversorgung ausgelöst zu haben. Strom, der im Inland gebraucht wurde, floss damals über die Grenze nach Frankreich. Wegen des Kälteeinbruchs hatten die Franzosen ihre Elektroheizungen aufgedreht. In Deutschland mussten die Netzbetreiber die Notreserve für Störfälle anzapfen, also zusätzliche Kraftwerke ans Netz bringen – etwa ein Gaskraftwerk in Wiesbaden und ein Kohlekraftwerk in Mannheim.
Bedarf nach unten gerechnet?
Stromhändler an der Börse, so der Verdacht, hätten den Bedarf ihrer deutschen Stromkunden bewusst nach unten gerechnet, um Kosten zu sparen. Bei korrekter Berechnung hätten sie Strom teuer an der Börse kaufen müssen, um ihre Lieferverpflichtungen gegenüber Kunden zu erfüllen. Stattdessen hätten sie darauf gesetzt, dass die Netzbetreiber die Stromlücke füllen. Viel Luft war nicht mehr: Anfang Februar war die Notreserve zeitweise zu 90 Prozent beansprucht.
„Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass es sich für die betroffenen Stromhändler nicht gelohnt hat, auf die Regelenergie zu vertrauen, statt sich an der Strombörse einzudecken“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Abschließend geklärt ist der Fall noch nicht.
Spekulationen auf Strompreise
Auch ein Kartellverfahren, das EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia gegen die Strombörsen eingeleitet hat – im Februar wurden deswegen unter anderem die EPEX und Nord Pool durchsucht –, läuft nach Auskunft von Almunias Büro noch. Die Börsen sollen Preise untereinander abgesprochen haben.
Die Stromkonzerne handeln nicht nur im Auftrag ihrer Kunden, sondern auch auf eigene Rechnung. Wie Investmentbanken mit Aktien oder Anleihen spekulieren die Handelstöchter von E.On und RWE auf steigende oder sinkende Strompreise.
Legale Geschäfte
Dabei kommt ihnen entgegen, dass sie in direktem Kontakt mit den Kraftwerken des Mutterkonzerns stehen. Die Kraftwerke nutzen die Marktinformationen der Händler, um ihre Leistung zu steuern, die Händler können mithilfe der Kraftwerksdaten ihre Deals genauer kalkulieren. Anders als bei Banken gibt es keine „Chinese Walls“, Brandmauern zwischen Abteilungen, die Insidergeschäfte verhindern sollen. Wer exklusive Informationen hat, etwa über die bevorstehende Abschaltung eines Kraftwerks und die damit verbundene Verknappung von Strom, kann diese an der Börse zu Geld machen. Im Stromhandel ist dies, anders als etwa bei Aktien, weitgehend legal.
Trotz des Informationsvorsprungs der konzerneigenen Händler geht nicht immer alles glatt. Bei einem Händler des Energiekonzerns E.On etwa kam es bei Strom-Deals am Terminmarkt zu Unregelmäßigkeiten. Der Energiekonzern rechnet mit einem Verlust von bis zu 20 Millionen Euro. E.On habe bei einer internen Prüfung festgestellt, dass im Buch eines Händlers Positionen am Terminmarkt noch offen waren, die er eigentlich längst hätte schließen müssen. Ob sich daraus auch strafrechtliche Konsequenzen ableiten ließen, sei noch offen, so E.On. Der unter Verdacht stehende Händler habe das Unternehmen inzwischen verlassen.
Derivate auf Stromkontrakte
Hedgefonds gehen noch einen Schritt weiter. Sie haben, anders als die Energiekonzerne, kein Interesse an der Lieferung von physischem Strom und nutzen daher ausschließlich Derivate auf Stromkontrakte. Mit ausgefeilten Strategien nutzen sie vor allem Preisdifferenzen im Stromhandel aus:
- Länder-Wette: Da in jedem europäischen Land ein anderer Energie-Mix den Strompreis beeinflusst, kommt es zu Preisunterschieden, wenn sich Rohstoffpreise oder die Wetterverhältnisse ändern. In Deutschland stehen viele Windräder, Wetterprognosen haben daher einen großen Einfluss auf den Strompreis. In Italien dagegen, das viele Gaskraftwerke betreibt, hängt der Strompreis vor allem vom Gaspreis ab. Wenn also in Deutschland viel Wind weht, der Gaspreis jedoch konstant bleibt, wird Strom in Deutschland relativ zu Italien billiger. Der Hedgefonds wettet demnach auf eine steigende Preisdifferenz.
- Rohstoff-Strom-Wette: Der Strompreis wird hauptsächlich vom Gas- und Kohlepreis beeinflusst. Hedgefonds wetten darauf, dass sich die Differenz aus Strompreis und Gas- oder Kohlepreis einschließlich der Kosten für CO2-Emissionsrechte vergrößert oder verkleinert.
Wasserkraft-Wette: In Schweden und Norwegen ist der Anteil des Stroms aus Wasserkraft am Energie-Mix besonders hoch. Rechnen Meteorologen mit wenig Niederschlägen, leeren sich die Stauseen, es gibt weniger Wasserstrom. Teurere Kohle- und Gaskraftwerke müssen die Lücke füllen, der Börsenpreis steigt.
Der liquideste Markt in Kontinentaleuropa
„Die Spekulationen mit Wasserkraft funktionieren, weil es in Europa noch immer keinen einheitlichen Strommarkt gibt“, sagt Hedgefondsmanager Henrik Wennberg vom schwedischen Vermögensverwalter Coeli.
Hedgefonds können zwar keinen Preistrend auslösen, sie können ihn aber verstärken. Erzeuger und Abnehmer müssen zukünftig mit stärker schwankenden Preisen rechnen. „Wenn Hegdefonds auf dem Strommarkt aktiv sind, dann bevorzugt auf dem deutschen Markt, weil er der mit Abstand liquideste in Kontinentaleuropa ist“, sagt Investmentbanker Lange.
Für Privatanleger kaum Möglichkeiten
Für Privatanleger gibt es kaum Möglichkeiten, bei den Profis im Stromgeschäft mitzumischen. Die Deutsche Bank hat im Oktober vergangenen Jahres den db Strom ETC aufgelegt. Rechtlich handelt es sich um eine Schuldverschreibung, vergleichbar einem Zertifikat, auf den db German Electricity Index. Der Index bildet Terminkontrakte mit einer Laufzeit von einem Jahr auf Grundlaststrom ab, also auf Strom, der rund um die Uhr fließt.
Bisher haben die Anleger Verlust gemacht, weil der Börsenpreis für Strom wegen der abflauenden Konjunktur stetig nach unten geht. Weil die Kontrakte, die der Index abbildet, über ein Jahr laufen, kann der Anleger nicht von den kurzfristigen Schwankungen auf dem Spotmarkt profitieren (siehe Grafik).
Mindestens 250.000 Dollar
Erfolgreicher sind einige Hedgefonds. Cumulus Energy Fund, der derzeit beste Fonds, hat im Handel mit Energiederivaten allein im ersten Quartal dieses Jahres ein Plus von 21,5 Prozent geschafft. Anders als Privatanleger können Fonds auch auf sinkende Strompreise wetten.
Fondsmanager Peter Brewer will dieses Jahr 45 Prozent plus schaffen. „Die europäischen Energiemärkte bieten, angesichts von Versorgern, die unter finanziellem Druck stehen und sich um jeden Preis absichern müssen, hervorragende Chancen“, sagt er. Wer bei ihm investieren will, muss mindestens 250.000 Dollar mitbringen.
Lasche Kontrolle
Der Börsenhandel mit Strom ist reguliert. An der Strombörse Leipzig kontrolliert eine unabhängige Handelsüberwachungsstelle den Handel. Schlupflöcher bleiben dennoch. So hatte die Bundesregierung 2009 Regeln für den bis dahin weitgehend unregulierten Spotmarkt für Strom eingeführt. Im selben Jahr verlagerte die EEX pikanterweise ihren Spotmarkt von Leipzig nach Paris. In Frankreich greifen die deutschen Handelsvorschriften nicht.
Der außerbörsliche Handel zwischen Energiekonzernen, Abnehmern aus der Industrie und Stromhändlern unterliegt derzeit so gut wie gar keiner staatlichen Kontrolle. Erst Ende 2013 greift eine neue EU-Richtlinie. Danach müssen sich alle Handelsteilnehmer registrieren lassen und ihre Transaktionen der zentralen Aufsichtsbehörde Acer (Agency for the Cooperation of Energy Regulators) melden. Sie müssen nicht nur die Menge des gehandelten Stroms, den Preis und das Datum für Kauf und Lieferung angeben, sondern auch den Namen ihres Auftraggebers nennen. Bis dahin können vor allem die vier großen Stromerzeuger RWE, E.On, EnBW und Vattenfall im außerbörslichen Handel weitgehend frei schalten und walten. Jeder von ihnen allein produziert mehr Strom, als an der Leipziger Strombörse gehandelt wird. Die Vermutung, dass vor allem sie den Strompreis bestimmen, liegt nahe.
Außer Spesen nichts gewesen In diesem Jahr haben Strom-Investments Privatanlegern Verluste gebracht | ||||
Anlageprodukt | Basis | Emittent | ISIN | Wertentwicklung seit 1.1.2012 |
Open End Phelix Baseload Year Future | Index auf Terminkontrakte für Grundlaststrom¹ (Laufzeit: 1 Jahr)
| Vontobel | DE000VT14PX2 | -8,5 % |
db Strom ETC | Deutsche Bank | DE000A1L9YM6 | -10,2 % | |
¹ Strom für den Grundbedarf, muss rund um die Uhr verfügbar sein; Quelle: Morningstar, Börse Frankfurt; Stand: 18. Juni 2012 |
Angepasste Gesetze
„In Amerika ist das Wettbewerbs- und Kartellrecht schärfer als in Europa“, sagt Peter Becker, Anwalt für Energierecht in Marburg. Inzwischen hätten die Europäische Union und Deutschland jedoch ihre Richtlinien und Gesetze zugunsten der Stromkunden angepasst.
Abzuwarten bleibt, ob die Behörden hierzulande ähnlich hart zur Sache gehen wie in den USA. Derzeit ermittelt die Energieaufsichtsbehörde FERC unter anderem gegen Stromhändler der Deutschen Bank. Sie sollen in Kalifornien Richtlinien im Stromhandel verletzt haben. Offiziell will sich die Bank nicht zu den Ermittlungen äußern. Der Schaden, den die FERC ermittelt habe, so bestätigen banknahe Kreise, bewege sich aber nur im unteren sechsstelligen Bereich.
Sonnenstaat Kalifornien
Ebenfalls im Fadenkreuz der FERC steht die Barclays Bank. Vier Barclays-Händler sollen mit riskanten Geschäften an der US-Terminbörse Intercontinental Exchange (ICE) den Strompreis in Kalifornien nach oben getrieben haben. Die an den Wetten beteiligten Händler arbeiten nicht mehr für Barclays, der Handelsstützpunkt in Kalifornien wurde geschlossen. Die Schließung habe rein ökonomische Gründe und nichts mit den Ermittlungen der FERC zu tun, so Barclays.
Dass sich die Barclays-Händler gerade Kalifornien für ihre Stromwetten ausgesucht haben, ist kein Zufall – der Sonnenstaat ist in den USA Vorreiter beim Ökostrom.