Die dritte jährliche London Value Investor Conference war deutlich international geprägt, sowohl mit Blick auf die Teilnehmer, als auch im Hinblick auf die von den Anlageexperten abgegebenen Investitionsempfehlungen. Die Konferenz zählte 400 Teilnehmer aus aller Welt, ein Drittel davon aus Übersee.
Neben der Vorstellung ihrer Favoriten erörterten die Referenten die Herausforderungen, denen sie sich heute bei der Suche nach werthaltigen Aktien in zum Teil überhitzten Märkten ausgesetzt sehen. Außerdem diskutierten die Manager eifrig darüber, welcher Bargeldanteil aktuell angemessen sei. Wer aber sind nun ihre Favoriten?
Boom bei Tierfutter
Tim Hartch, Co-Manager des Core Select Fonds von Brown Brothers Harriman, sieht beim Tiergesundheitsunternehmen Zoetis und bei der schwedischen Svenska Handelsbanken Wertsteigerungspotenzial.
Zoetis, ein weltweit agierendes Unternehmen mit Sitz in New Jersey, erwirtschaftet zwei Drittel seines Umsatzes mit Arzneimitteln und Impfstoffen für Nutztiere wie Rinder und Schweinen, das restliche Drittel mit Pflegeprodukten für Haustiere. Die Aktie notiert allerdings zum 25-Fachen des für 2014 erwarteten Gewinns.
Hartch zufolge verdiene das Unternehmen einen Bewertungsaufschlag. Als Gründe nennt er den steigenden Appetit der Weltbevölkerung auf Fleisch und den Anstieg der Ausgaben für Haustiere.
Fähiges Management
Bei dem ursprünglich von Pfizer ausgegliederten Unternehmen seien ablaufende Patente oder eine starke Abhängigkeit von nur einem Produkt kein Thema. Außerdem profitiere es von hohen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, einer vorteilhaften Aufstellung im Vertrieb und einem fähigen Management.
Das Branchenwachstum liege im hohen einstelligen Bereich, bei Zoetis aber um ein bis zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt. Hartch beziffert den inneren Wert des Unternehmens mit 40 Dollar je Aktie; gehandelt wird sie derzeit mit 30,70 Dollar.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Traditionelles Bankgeschäft aus Schweden
Svenska Handelsbanken ist nach Ansicht von Hartch „eine der wenigen Banken, die ihren Job in den vergangenen 25 Jahren gut gemacht haben“, und neben Wells Fargo aus den USA die einzige Bank im Portfolio von Brown Brothers.
Die Bank habe Kapitalerhöhungen, die den Anteil ihrer Aktionäre am Gewinn verwässern, zu vermeiden gewusst und verdiene gutes Geld mit dem traditionellen Bankgeschäft. Sie habe eine solide Eigenkapitalbasis und profitiere von einer kostengünstigen Betriebsstruktur, die 2013 stolze 13 Prozent Eigenkapitalrendite möglich machte.
Gefallen findet Hartch auch an dem in Großbritannien verfolgten Expansionskurs. Auf der Insel eröffnet die Bank, anstatt den Sprung mit einer großen Akquisition zu wagen, Jahr für Jahr 20 bis 30 neue Filialen.
Beim Kurs von 336,50 schwedischen Kronen notiert die Aktie auf Basis des für 2014 erwarteten Gewinns mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14 und zum 1,9-Fachen des Buchwertes. Im Vergleich mit anderen europäischen Banken wirkt die Bewertung hoch, aber Hartch meint, Handelsbanken sei „ein anderes Kaliber und sollte auch anders bewertet werden“. Ein Kursziel nannte er nicht.