S&P wirft Tesla aus Nachhaltigkeitsindex „Elon soll sich nicht so aufregen“

Tesla-Chef Elon Musk (hier in einer Gigafactory des Elektroautoherstellers) ist kein Mann der leisen Töne. Quelle: REUTERS

Die Aktie des Elektroautopioniers Tesla fliegt aus dem Nachhaltigkeitsindex S&P 500 ESG, Tesla-Chef Elon Musk schäumt. Was ist dran an seiner Behauptung, mit dem Rauswurf werde eine „linke Agenda“ umgesetzt?

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Elon Musk ist für seine oft grenzwertigen Beiträge auf Twitter berüchtigt. Was der Chef des Elektroautobauers Tesla am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst von sich gab, hat aber eine neue Qualität. Er werde – anders als in der Vergangenheit – bei Wahlen künftig für die republikanische Partei stimmen, kündigte Musk an. Die Demokraten hätten sich zur „Partei der Spaltung und des Hasses“ entwickelt.

Was war passiert?

Der US-Indexanbieter S&P Dow Jones Indices hat im Zuge seiner turnusmäßigen Indexanpassung die Aktie von Tesla aus seinem Nachhaltigkeitsindex S&P 500 ESG entfernt. Der Zusatz „ESG“ steht für Environment, Social und Governance (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung). Ebenso wie einige andere Unternehmen – darunter der Spielehersteller Activision Blizzard und der Sportartikelhersteller Under Armour – erfülle Tesla nicht mehr die Kriterien für den Index, teilte S&P in einem Unternehmensblog mit.

Der Indexanbieter begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass Tesla keine Strategie zur Senkung seiner CO2-Emissionen vorweisen könne. Ein weiterer Grund seien Berichte über rassistische Diskriminierung in Tesla-Werken und insgesamt schlechte Arbeitsbedingungen. Der dritte Grund für den Rauswurf: Teslas Umgang mit den Untersuchungen zu teils tödlichen Unfällen, die in Verbindung mit dem hauseigenen Fahrassistenzsystem stehen. Das Unternehmen und auch Musk weisen eine Mitschuld des Systems „Autopilot“ an den Unfällen von sich.

Insgesamt sei das Nachhaltigkeitsrating von Tesla zwar stabil geblieben, schreibt S&P. Weil andere Unternehmen aus der Branche aber ihre Ratings verbessern konnten, fällt Tesla nun aus dem Index.

Musk, der bislang kein Problem mit den Indexkriterien zu haben schien, wittert hinter dem Rauswurf eine „linke Agenda“ und vermutet „wacktivism“ – frei übersetzt in etwa: „Kacktivismus“. Mit Politik oder gar Parteipolitik, wie der Tesla-Chef auf Twitter vermutet, dürfte die Entscheidung des Indexanbieters indes nichts zu tun haben.

Weiterer Indexanbieter sieht Tesla kritisch

S&P geht bei der Zusammensetzung seines Nachhaltigkeitsindex nicht freihändig vor, sondern folgt selbstgesetzten Regeln. Unternehmen, die in Geschäftsfeldern wie Tabak, umstrittenen Waffen oder Kraftwerkskohle aktiv sind, werden ausgesiebt. Hinzu kommen weichere Kriterien wie das Verfolgen der zehn Nachhaltigkeitsprinzipien der Vereinten Nationen. Auch Unternehmen, die bei der ESG-Bewertung zu den schlechtesten 25 Prozent ihrer Branche gehören, fliegen raus.

Die Zusammensetzung des Index wird regelmäßig überprüft. Jetzt traf der Rauswurf Tesla, jedenfalls vorübergehend. Ein Wiederaufstieg in den Index ist durchaus drin: Der E-Auto-Bauer müsste nur bei den Kritikpunkten nachbessern.

„Elon Musk sollte sich nicht so aufregen“, sagt Jan Altmann, Analyst bei der Plattform justETF. Er ist überzeugt: Musk, der zuletzt mit einer geplanten Übernahme von Twitter von sich reden machte, hat Teslas Index-Rauswurf überhaupt erst zu einem großen Thema gemacht. Immerhin sei das Unternehmen nach wie vor im wichtigsten Marktbarometer von S&P prominent vertreten, dem US-Leitindex S&P 500 – in diesem Fall ohne den Zusatz ESG.



Im Nachhaltigkeitsbereich ist S&P nur einer unter vielen Indexanbietern und keineswegs marktführend. Zwar war früher der Index Dow Jones Sustainability einer der meistbeachteten Indizes im Nachhaltigkeitsuniversum. Viele Fondsmanager nutzten ihn als Vergleichsmaßstab, als sogenannte Benchmark. Heute ist der Index weniger relevant für die Investmentindustrie. Der S&P-Konkurrent MSCI hat inzwischen die Führungsposition inne: Rund drei Viertel der in Europa in Nachhaltigkeits-ETF investierten Gelder basieren auf Indizes von MSCI, analysierte Jan Altmann von justETF.com.

Bei MSCI kommt Tesla ebenfalls nicht gut weg, ist bei der Nachhaltigkeit gerade einmal Durchschnitt. Unter den 41 Unternehmen aus der Autobranche, die ESG-Ratings von MSCI bekommen, hat Tesla ein A. Bestnote wäre AAA, die schlechteste Note CCC. Zwölf Prozent der Autohersteller sind besser bewertet als Tesla.

Auch bei MSCI schneidet Tesla in puncto Arbeitsbedingungen und Produktsicherheit schlecht ab. Das Unternehmen habe zudem keine Strategie, um seinen CO2-Ausstoß zu verringern, und auch keine Ziele, mit denen es dazu beitragen wolle, die Erderwärmung aufzuhalten, kritisiert MSCI – und bemängelt damit dieselben Dinge wie S&P. Allerdings gehört Tesla bei dem beliebten MSCI-World-Aktienindex mit ESG-Komponente noch immer zu den fünf größten Aktien wie beim MSCI USA ESG-Index - jeweils macht die Aktie rund zwei Prozent des Index aus. Würde sie aus diesen MSCI-Indizes herausfliegen, könnte das den Kurs drücken. Aktionäre können nur hoffen, dass Musk alles tun wird, um das zu verhindern. Schimpfen reicht da nicht.

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Bei manchen aktiv gemanagten Fonds ist Tesla schon 2021 rausgeflogen. Für viele Fondsmanager ist es ein Problem, dass der für den Antrieb der Autos genutzte Strom in vielen Ländern nicht umweltfreundlich erzeugt wird. Auch die Arbeitsbedingungen und die Unternehmensführung durch Musk, der offiziell nur noch eine Aufsichtsfunktion ausübt, sehen aktive Manager kritisch. „Seine Rolle als Alleinherrscher ist nicht akzeptabel“, sagt ein Fondsmanager, der anonym bleiben will. Doch Elon ohne Alleinherrschaft wäre wohl kein Elon mehr.

Lesen Sie auch: Musks Twitter-Übernahme würde die Marke Tesla gefährden

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