
Abgesehen von einzelnen Schwellenländern in Afrika, Nahost und Asien, verspricht der globale Tabakmarkt schon seit Jahren kein großes Wachstum mehr, dafür aber Konsolidierungsfantasie. Und das zahlt sich für Investoren noch immer aus. British American Tobacco (BAT) steht kurz davor, die vollständige Kontrolle über Reynolds American zu übernehmen. Die Briten kontrollieren bereits 42,2 Prozent des Aktienkapitals des zweitgrößten US-Tabakkonzerns. Der erste Anlauf, sich auch die restlichen 57,8 Prozent zu schnappen, scheiterte zunächst am Widerstand der Reynolds-Aktionäre. Nachgeholfen hat jetzt eine Erhöhung der Barkomponente im Übernahmeangebot. Gegenüber der ersten Offerte vom 21. Oktober 2016 erhöhte BAT den Baranteil von 24,13 auf 29,44 Dollar je Aktie des Camel-Herstellers. Hinzu kommen wie bisher 0,526 BAT-Aktien pro Reynolds-Titel.
Denkbar, dass die vom zukünftigen US-Präsidenten angekündigte Unternehmsteuerreform den Ausschlag gegeben hat, die Offerte zu erhöhen. Dem Deal zustimmen müssen jetzt noch mindestens 50 Prozent der Reynolds-Aktionäre. Nicht einbezogen in die Abstimmung werden die Aktien, die BAT bereits besitzt. Der Lucky-Strike-Hersteller verspricht sich durch den Deal Kosteneinsparungen von 400 Millionen Dollar pro Jahr.
Nach Umsatz wird das neue Kippen-Gespann den Marlboro-Hersteller Philip Morris International als weltweit größten börsennotierten Tabakkonzern ablösen. BAT stärkte seine Stellung auf dem US-Markt, der zukünftig 35 Prozent zum Gesamtumsatz beitragen wird. Zudem verschafft sich BAT Zugriff auf Reynolds führende Marktposition bei E-Zigaretten.
Spekuliert wird bereits über die nächsten Zusammenschlüsse. Als Anwärter für eine Übernahme von Imperial Brands gilt Japan Tobacco. Philip Morris International könnte acht Jahre nach der Abspaltung von Altria wieder mit der Altria-Tochter Philip Morris USA zusammengehen.
Im Zuge der Trump-Rally litten defensive Tabakaktien zuletzt unter Umschichtungen in zyklische Sektoren. Schwächephasen aber bieten Einstiegschancen.
Fakten zum Tabakkonsum
Knapp 30 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren rauchen. Zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede: 33 Prozent der Männer und 27 Prozent der Frauen greifen zu Zigarette und Co.
Quelle: dpa, Stand 2014
Je höher der soziale Status, desto geringer ist laut Studien das Interesse am Nikotin.
Bei 996 Zigaretten lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2013 - ein Rückgang von 1,2 Prozent im Vergleich zu 2012. Im Jahr 2000 hatten die Deutschen noch 1699 Zigaretten pro Kopf konsumiert. Der Gesamtverbrauch lag 2013 bei 80,3 Milliarden. Hinzu kamen knapp 3,6 Milliarden Zigarren und Zigarillos.
Bis zu 120.000 Menschen in Deutschland sterben jährlich an den Folgen, mehr als 3000 durch Passivrauchen. EU-weit sterben pro Jahr fast 700.000 Raucher.
Gut 24,3 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr für Tabakwaren aus.
Die Einnahmen aus der Tabaksteuer lagen 2013 bei 14,1 Milliarden Euro. Damit ist sie ist nach der Energiesteuer (39,4 Milliarden Euro) die zweitergiebigste der Verbrauchsteuern.
Rund 200 Millionen Euro jährlich investiert die Tabakindustrie in die Werbung.
Denn solange Raucher zur Kippe greifen, können Investoren zu Tabakaktien greifen. Auf Raucher ist Verlass. Raucher sterben nie aus – trotz staatlich verordneter Rauchverbote, drastischer Tabaksteuererhöhungen, Ekelbildern auf den Packungen und Kampagnen von radikal-fundamentalistischen Anti-Raucher-Organisationen. Raucher sind verlässliche Kunden, weil ihre Genusssucht nur gering vom Produktpreis beeinflusst wird. Das bedeutet nicht, dass der Preis überhaupt keine Rolle spielt, aber eben eine wesentliche geringere als in anderen Konsumbereichen. Tabakaktien punkten daher bei Investoren, weil man sich bei ihnen auf weitgehend stabile und hohe Mittelzuflüsse einstellen kann sowie auf einen steten Fluss an Dividenden.
Die Sorge, dass die Tabakindustrie von milliardenschweren Klagen ins Jenseits befördert wird, war schon immer Dampfplauderei. Wer schlachtet schon die Kuh, die er endlos melken kann. Allein in Deutschland finanzieren Raucher den Bundeshaushalt über die Tabaksteuer mit zuletzt rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer, die auf den Gesamtpreis einer Schachtel aufgeschlagen wird.