Tagesgeld Frustrierender Zinsvergleich

Werbeangebote für Tagesgeldkonten haben meist nicht lange Bestand. Eine Auswertung der FMH-Finanzberatung für das Handelsblatt zeigt, wo Sparer langfristig mit guten Konditionen rechnen können.

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Zinskonditionen von 600 Banken analysiert. Quelle: EyeEm/Getty Images

Frankfurt Wenn Banken neue Kunden für Tagesgeldkonten gewinnen wollen, werben sie gerne mit besonders guten Konditionen. Von hohen Zinsen kann zwar seit Jahren keine Rede mehr sein, egal bei welchem Institut. Zu Werbezwecken versprechen viele Banken ihren Neukunden aber Zinssätze, die immerhin über denen der Konkurrenz liegen.

Sparer sollten bei solchen Angeboten vorsichtig sein, sagt Max Herbst, Chef der Finanzberatung FMH. Die Zinssätze für Tagesgeld können sich nämlich rasch ändern. Sonderangebote sind in der Regel nur für wenige Monate garantiert, danach sinken die Zinsen wieder. „Man sollte für sein Tagesgeldkonto eine Bank wählen, die langfristig überdurchschnittlich hohe Zinsen bietet“, rät Herbst deshalb.

FMH hat für das Handelsblatt ausgewertet, welche Institute im vergangenen Jahr am häufigsten die höchsten Zinsen boten. Ergebnis: Bei der Renault Bank waren Sparer 2017 an der besten Adresse. Die Onlinebank ist ein Ableger der französischen RCI Banque, die zum Autohersteller Renault gehört. Das Institut war im vergangenen Jahr bei den Neukunden-Konditionen in jeder Woche unter den Top drei, meist sogar auf Platz eins. Zuletzt bekamen neue Kunden dort für Tagesgeld 0,7 Prozent Zinsen pro Jahr. Der Zinssatz ist allerdings nur für drei Monate garantiert.

FMH hat insgesamt 600 Banken analysiert, die auf dem deutschen Markt aktiv sind. Nur 40 Institute boten überhaupt mehr als 0,1 Prozent Zinsen für Tagesgeld, darunter viele ausländische Geldhäuser. Entsprechend finden sich im FMH-Ranking kaum Banken aus Deutschland.

Viele deutsche Sparer betrachten ausländische Banken mit Skepsis. Dafür gibt es allerdings nicht immer einen Grund, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Banken mit ungewohnten Namen sind nicht automatisch weniger vertrauenswürdig“, betont er. Die Frage ist, welcher Einlagensicherung die Institute unterliegen.

Bei der Renault Bank ist es die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland. Das heißt: Spareinlagen sind bis zu einer Höhe von 100 000 Euro gegen eine Pleite der Bank geschützt. Für höhere Summen haben viele Banken eine erweiterte Einlagensicherung geschaffen. FMH hat die Institute mit erweiterter deutscher Einlagensicherung separat analysiert.

Unter diesen Geldhäusern bot die Consorsbank Neukunden im vergangenen Jahr am häufigsten die besten Konditionen: Die Direktbank, die zur französischen BNP Paribas gehört, lag jede Woche auf Platz eins. Aktuell bekommen Neukunden dort für Tagesgeld ein Prozent Zinsen pro Jahr. Der Zinssatz ist für sechs Monate garantiert. Weitere sechs Monate Zinsgarantie gibt es, wenn man zwischenzeitlich in Wertpapiere investiert.

Sparer können auch über Portale wie Zinspilot oder Weltsparen ein Tagesgeldkonto eröffnen. Solche Dienstleister vermitteln Konten bei Banken im europäischen Ausland, die mitunter höhere Zinsen bieten als deutsche Institute. Kunden müssen nicht selbst ein Konto bei der ausländischen Bank eröffnen, sondern lediglich bei einer der Partnerbanken der Vermittler. Diese Institute legen das Geld dann treuhänderisch bei der gewählten Bank an.

Momentan lohnt sich dieser Umweg nicht, zeigen die FMH-Zahlen. Beim Spitzenreiter des vergangenen Jahres, der Alpha Bank Romania, gibt es für Neukunden aktuell nur 0,5 Prozent Zinsen fürs Tagesgeld. Zudem greift bei Angeboten über Zinspilot und Co. im Insolvenzfall die Einlagensicherung des Landes, in dem man sein Geld angelegt hat. Je nach Höhe der Anlagesumme und je nach Bonität des Landes können dann Verluste drohen.

Die Einstiegsangebote der Banken sind vor allem für Kunden interessant, die ihr Geld nur für wenige Monate auf einem Tagesgeldkonto parken wollen. Theoretisch sind sie auch für Sparer von Interesse, die Zeit und Muße haben, mit ihrem Tagesgeldkonto immer wieder die Bank zu wechseln und die jeweils besten Neukunden-Konditionen abzugreifen.

„Zinshopping lohnt sich aber angesichts des niedrigen Zinsniveaus kaum noch“, sagt Verbraucherschützer Scherfling. Wer beispielsweise tausend Euro ein Jahr lang auf einem Tagesgeldkonto mit dem relativ hohen Zinssatz von einem Prozent parkt, hat nur zehn Euro mehr im Portemonnaie.

Wer längere Zeit bei derselben Bank bleiben möchte, sollte sich die Zinssätze für Bestandskunden anschauen. Unter den Banken mit gesetzlicher Einlagensicherung bot die Renault Bank auch für langjährige Kunden im vergangenen Jahr am häufigsten die höchsten Tagesgeldzinsen. Sie stand in 51 Wochen in den Top drei. Aktuell bekommen Dauerkunden dort 0,5 Prozent Zinsen pro Jahr.

Bestandskunden im Blick

Unter den Instituten mit erweiterter deutscher Einlagensicherung stand die türkischstämmige Akbank bei den Angeboten für Bestandskunden ausnahmslos jede Woche auf Platz eins. Momentan bietet sie ebenso wie die Renault Bank für Tagesgeld 0,5 Prozent Zinsen pro Jahr.

Die Neukunden-Siegerin unter den Banken mit erweiterter Einlagensicherung, die Consorsbank, ist in der Bestandskunden-Auswertung so weit nach hinten gerutscht, dass sie gar nicht mehr in der FMH-Tabelle auftaucht. Kein Wunder: Bestandskunden bekommen bei der Direktbank für Tagesgeld nur 0,01 Prozent Zinsen pro Jahr. Unter den Banken, die über Vermittler zugänglich sind, steht erneut die Alpha Bank Romania auf Platz eins. Aktuell bietet auch sie 0,5 Prozent Zinsen pro Jahr.

Im Gegensatz zu Tagesgeld können Banken die Zinsen für Festgeld nicht kurzfristig ändern. Sonderkonditionen für Neukunden gibt es seltener. FMH hat sich beim Festgeld ausschließlich die Konditionen für Bestandskunden angeschaut. Bei einem Anlagebetrag von 10 000 Euro und einer Laufzeit von zwölf Monaten waren je nach Art der Einlagensicherung die estnische Bigbank und die türkische Akbank im Jahr 2017 besonders häufig in den Top drei. Aktuell gibt es dort pro Jahr 0,8 beziehungsweise 0,75 Prozent Zinsen für Festgeld.

Bei den Angeboten via Vermittler steht erneut die Alpha Bank Romania vorn. Derzeit bietet die rumänische Tochter der griechischen Alpha Bank Kunden für Festgeld 1,26 Prozent Zinsen – ein deutlicher Unterschied zu anderen Instituten. Sollte die Bank allerdings pleitegehen, müssten Sparer ihr Geld in Rumänien einklagen. Sie hätten zudem lediglich einen Anspruch auf den Gegenwert von 100 000 Euro in rumänischen Lei.

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