Titelseiten zur Börse Verkaufen, wenn der Börsenjubel am größten ist

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Hochgesänge der Wirtschaftsmagazine

Alle Dax-Aktien im Härtetest

Vorangeprescht war das Anlegermagazin „Der Aktionär“ am 15. Januar: „Dax 10.000 – Neue Rekorde in Sicht“ prangte auf dem Heft, versehen mit der Unterzeile: „So schlagen Sie den Index“. Das Handelsblatt kleidete seine Wochenendausgabe vom 18. Januar in eine Titelseite mit der Überschrift „Dax 10.000“. Subtext: "Warum der Aufstieg der deutschen Standardwerte sich fortsetzen wird – ohne dass eine Spekulationsblase entsteht." Die Tageszeitung widmet den Argumenten für eine lang anhaltende Hausse der Börsen neun Seiten.

Wettbewerber Börse Online titelte nur sechs Tage später mit „Aktien auf Rekordkurs“. „Focus Money“ legte Ende Januar nach: „Zögerst Du noch – oder kaufst Du schon?“. Die Unterzeile verriet: „Deutsche Aktien sind günstiger als Sie glauben“. Das Cover war zudem mit weiteren Kaufargumenten gespickt: „Zinssparer verlieren“ war auf der Titelseite ebenso zu lesen wie „Aktien sind die besseren Anleihen“.

von Stefan Hajek, Martin Gerth, Sascha Grundmann, Anton Riedl

Der Reigen setzt sich fort: „Der Aktionär“ lässt am 6. Februar auf seinem Cover einen Mann „Kaufalarm!“ in ein Megafon brüllen. Dax und Dow wären auf Rekordjagd, lässt die Unterzeile den Leser wissen und verspricht sechs Top-Aktien, die man jetzt haben müsse. Noch überschwänglicher schürt die wenige Tage später erschienene zitronengelbe Ausgabe von „Focus Money“ den Börsenoptimismus: „Alternativlos!“ steht dort dramatisch über einem dicken Geldstapel, der fünf Prozent Rendite mit dividendenstarken Aktien verheißt. „Warum Sie jetzt deutsche Aktien kaufen müssen! Und welche…“ erläutert der nebenstehende Satz die Schlagzeile. Nur einen Tag später zündet „Der Aktionär“ erneut eine Börsenrakete: „Europa feiert Comeback – Die Chance des Jahrzehnts“. Das Magazin empfiehlt mit Blick auf Spanien, Italien, Frankreich & Co. solide Aktien, mit denen Leser ein Vermögen verdienen können.

"Das billige Geld wird von den Märkten nicht mehr angenommen"

Aufschwung lässt auf sich warten

Doch an der Börse lässt sich der nächste Aufschwung Zeit. „Derzeit haben wir zu wenig Privatanleger am Aktienmarkt. Nach neuesten Zahlen finden überhaupt nur etwa zehn Prozent der Anleger Aktien als Geldanlage überhaupt attraktiv. Da ist noch viel Platz für neue Investoren“, sagt der Experte für Anlegerverhalten Joachim Goldberg von Cognitrend. „Für eine starke Aufwärtsbewegung ist der Markt noch nicht gerüstet.“ Tatsächlich belegen aktuelle Zahlen Deutschen Aktien Instituts (DAI), dass nach einem Zwischenhoch Anfang 2012 in der zweiten Jahreshälfte 2012 die Zahl der Aktionäre um 1,3 Millionen auf nur noch 8,8 Millionen Menschen gesunken ist. Viele nutzten nach Einschätzung des DAI die gute Entwicklung der Kurse für Gewinnmitnahmen.

Dabei sind die 8000 Punkte ohnehin nur für Liebhaber großer glatter Zahlenwerte eine wichtige Hürde. Im Grunde geht es darum, wann die Börse die dramatischen Verluste der Finanz- und Schuldenkrise wieder wettgemacht hat und den alten Rekordstand vom 16. Juli 2007 überwindet. Damals erreichte der Dax 8105 Punkte – und übertraf damit sogar das alte Rekordhoch auf dem Höhepunkt der New-Economy-Blase vom Frühjahr 2000. Schade, dass Anleger nach Erreichen des neuen Rekords von 2007 nicht sehr viel Zeit hatten, um sich über ihren Erfolg zu freuen. Spätestens mit Beginn des Jahres 2008 ging die Börse für mehr als ein Jahr in den nahezu freien Fall über – und änderte erst unterhalb von 4.000 Punkten wieder die Richtung. „Das ist in den Köpfen der Anleger“, so Goldberg. „Viele wissen, dass der Dax bereits zweimal über die 8000 Punkte geklettert war – und es danach lange massiv abwärts ging.“

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