Trade Republic und Co. Etappensieg für die Neobroker

Erfolg für Trade Republic: Die Richtlinie Payment for Order Flow scheint vorerst gestoppt. Quelle: dpa Picture-Alliance

Neobroker wie Trade Republic können vorerst aufatmen: Deutschland will ein in der EU geplantes Verbot der umstrittenen Rückvergütungen, welche die Broker erhalten, offenbar ablehnen. Was das bedeutet – auch für Kunden.

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Richtig viel reden wollten sie über ihre Lobbyarbeit natürlich nicht. Klar gebe es Gespräche, hieß es beim Neobroker Trade Republic. Ja, man sei mit den relevanten Akteuren im Austausch, sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene, hieß es beim Konkurrenten aus München, Scalable Capital. Wenig Lärm also um ein umso wichtigeres Thema, zumindest aus Neobroker-Sicht.

Und nun waren die diskreten Gespräche offenbar erfolgreich. Nach Informationen von „Finanz-Szene“ und „Finance Forward“ will Deutschland einen Vorschlag der EU-Kommission torpedieren, wonach die umstrittenen Rückvergütungen („Payment for Order Flow“ (PFOF)), welche Neobroker erhalten, verboten werden sollen.

In einem vertraulichen Positionspapier der Bundesregierung heißt es demnach, Deutschland würde ein generelles Verbot von Zahlungen gegen Kundenorders „dringend ablehnen“. Auch einige andere EU-Länder seien offenbar gegen ein Verbot der Rückvergütungen auf dem Brokermarkt, andere wiederum dafür. Darunter unter anderem die Niederlande – dort sind PFOF-Zahlungen schon jetzt verboten.

Worum genau geht es bei der Entscheidung? Als PFOF werden Zahlungen bezeichnet, welche Broker von den Handelsplätzen erhalten, an die sie ihre Orders weitergeben. Im Fall von Trade Republic ist das zum Beispiel der Düsseldorfer Börsenhändler Lang & Schwarz mit der Handelsplattform LS Exchange, bei Scalable Capital ist es die Börse gettex. Die Handelsplätze, auf Kleinanleger spezialisiert, rechnen die Aufträge gegeneinander auf und können so den Spread kassieren, die Spanne zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs. Dafür, dass die Neobroker Orders auf die Plattformen spülen, zahlen die Börsen eine Provision an die Fintechs.

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Offiziell sollen die Broker sich nicht daran bereichern, sondern die Gelder sollen im Sinne der Anleger verwendet werden. Etwa, um mehr Service zu bieten. Die EU-Kommission hält die Gebühren allerdings für intransparent und fürchtet Fehlanreize. Broker könnten Kundenorder nicht dort ausführen lassen, wo es für die Kunden am besten ist, sondern dort, wo es die höchsten Rückvergütungen gibt – für den Broker. Außerdem gilt: Je mehr Trades die Broker an die Plattformen weiterleiten, desto höher fallen die Provisionen aus. Kritiker fürchten, Anleger könnten zum Handeln verleitet werden. Auch deshalb wird das Verbot in der EU diskutiert.

Doch schon in den vergangenen Wochen und Monaten war Kritik daran laut geworden. So hielt der Bundesrat das Verbot für überstürzt. Auch der Deutsche Derivate Verband (DDV) erklärte schnell, es dürfe nicht sein, dass „regulatorische Eingriffe“ die deutschen Anleger wieder von Investments in Aktien oder Fonds abhielten – gerade jetzt, da die Aktionärszahlen in Deutschland seit dem Ausbrechen der Coronapandemie endlich wieder steigen und ein regelrechter Aktienboom entstanden ist.

Gänzlich überraschend kommt der Widerspruch Deutschlands auch nicht. Schon im März unkte ein Branchenvertreter, es wäre ja schon sehr verwunderlich, wenn es ausgerechnet unter FDP-Finanzminister Christian Lindner zu einem Verbot von PFOF und somit zu staatlichen Eingriffen auf dem Brokermarkt käme. Tatsächlich stammt das Positionspapier aus dem Finanzministerium. Laut „Finanz-Szene“ und „Finance Forward“ heißt es darin, es gebe keinerlei Belege dafür, dass Anleger durch ein solches Verbot tatsächlich besser gestellt wären. Womöglich wäre ein Verbot der Rückvergütungen gar nicht im Sinne derjenigen, die die EU-Kommission schützen will.

Aktuell spricht also alles für die Neobroker – und ihre Lobbyisten. Denn auch in Brüssel wurde das Thema eher auf die lange Bank geschoben. Vorerst dürfen die Smartphonebroker ihre ultragünstigen Ordergebühren also weiter anbieten. Kunden können davon profitieren, wenn sie die Risiken im Blick behalten.

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