Trump droht Impeachment Wie die Börse auf Amtsenthebungen reagiert

Impeachment Trump Quelle: imago images

In der Geschichte der USA musste noch kein Präsident sein Amt räumen, weil der Kongress ihn entmachtete. In Ländern wie Brasilien und Südkorea dagegen verliefen solche Verfahren schon erfolgreich. Wie die Börsen reagierten – und was Anleger aus den Fällen lernen können.

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US-Präsident Donald Trump droht ein Amtsenthebungsverfahren. Der Grund: Trump soll in einem Telefonat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky nahegelegt haben, Ermittlungen gegen den Sohn des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden, Hunter Biden, einzuleiten.

Joe Biden war unter Barack Obama Vizepräsident und soll sich in dieser Zeit nach Trumps Andeutungen in Ermittlungen gegen die ukrainische Gasfirma Burisma eingemischt haben. Bei dieser hatte sein Sohn Hunter im Verwaltungsrat gesessen. Trumps mutmaßliches Kalkül: Ein solches Ermittlungsverfahren könnte seinem Konkurrenten Biden schaden – denn der gilt als aussichtsreicher Kandidat der Demokraten für die US-Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr.

Laut der „New York Times“ sollen bereits 221 Abgeordnete ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten unterstützen. Damit wäre eine einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus erreicht. Danach müsste allerdings der US-Senat mit einer Zweidrittelmehrheit ebenfalls einer Amtsenthebung zustimmen. Der wird jedoch von den Republikanern geführt.

Es ist das vierte Mal in der Geschichte der USA, dass ein Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten angestrebt wird. Bill Clinton und Andrew Johnson überstanden die entscheidende Abstimmung im Senat. Richard Nixon hingegen trat zurück, bevor ihn ein Verfahren überhaupt treffen konnte.

Was bedeutet Amtsenthebung an den Kapitalmärkten?

Verfahren zur Amtsenthebung sind oft politische Machtspiele. Ihr Einfluss auf die Finanzmärkte ist meist begrenzt. Doch neben den USA gab es auch in Brasilien und Südkorea bereits Verfahren, um Präsidenten zu entmachten. Der Chef-Ökonom für Schwellenländer der Fondsgesellschaft Schroders, Craig Botham, hat sich 2017 bereits in einer Analyse mit den Auswirkungen dieser Amtsenthebungsverfahren auf die Finanzmärkte beschäftigt. „Obwohl es kaum ignoriert werden kann, lassen sich solche politischen Störgeräusche meist nur schwer handeln“, schreibt Botham.

Die wenigen historischen Beispiele aus den USA, aber auch aus anderen Ländern zeigen, wann Märkte auf diese politischen Nachrichten reagieren – und wann nicht.

In den USA versuchte das Parlaments erstmals 1868 seinen Präsidenten zu entmachten. Andrew Johnson musste sich dem Amtsenthebungsverfahren stellen – wurde aber im Mai 1868 freigesprochen. Dass die Reaktion der Märkte vor 150 Jahren noch aussagekräftige Erkenntnisse für die heutigen Märkte liefert, hält Analyst Botham für zweifelhaft.

Was sich damals beobachten ließ: Der Kurschart des S&P Total Return Index reagierte kaum auf die Einleitung des Amtsenthebungsverfahrens. Nach dem Freispruch aber legte er zu - und konnte bis zum Jahresende ein Plus von rund 14 Prozent verzeichnen. Und schnitt damit besser ab, als die Aktien in Großbritannien. Sie konnten im gleichen Jahr nur rund vier Prozent an Wert gewinnen.

Die beiden weiteren Verfahren gegen die Präsidenten Richard Nixon und Bill Clinton liefern nach Bothams Analyse keine klaren Reaktionen der Finanzmärkte.

Kursschwankungen nehmen zu

Was sich jedoch beobachten lässt: Die außergewöhnliche politische Unsicherheit, die ein Amtsenthebungsverfahren mit sich bringt, sorgt auch an den Märkten für größere Nervosität. Sie lässt sich daran messen, wie stark die Kurse innerhalb eines Zeitraums nach oben oder unten ausschlagen. Das Maß dafür: die Volatilität, also Schwankungsbreite. Und nach der Analyse von Ökonom Botham von Schroders sorgen Amtsenthebungsverfahren in den USA zumindest dafür, dass die Volatilität über dem historischen Schnitt liegt.

Er berechnete die durchschnittliche jährliche Schwankungsbreite des US-Leitindex S&P 500 von 1996 bis 2017. Sie lag bei 13,64 Prozent. Um den Wert nicht zu verzerren, schloss er dabei Krisenphasen wie die Finanzkrise 2008 aus. Und so zeigt sich, dass der Watergate-Skandal, den Botham von September 1972 bis August 1974 verfolgt, zu etwas höherer Volatilität führte. Mit 15,5 Prozent lag sie leicht über dem Schnitt.

Das eingeleitete Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Bill Clinton hatte einen noch stärkeren Einfluss. Von Januar 1998 bis Februar 1999 lag die jährliche Schwankungsbreite des S&P500 bei knapp 20 Prozent. Allerdings fiel in die Zeit des Verfahrens gegen Präsident Clinton auch die Kursrally der Dotcom-Blase, die die Stimmung an der Börse dominiert haben dürfte.

Weil Amtsenthebungsverfahren keine einheitlichen und klaren Signale für die Märkte liefern, rät Botham Anlegern dazu, sich zwei grundlegende Fragen zu beantworten.

Erstens: „Wie wird sich die politische Agenda ändern, sollte das Verfahren erfolgreich sein.“ Beispiel Schwellenländer: Nachfolgekandidaten für das Präsidentschaftsamt könnten ein positives Signal für die Märkte senden, wenn sie eine liberalere Wirtschaftspolitik verfolgen.

Zweitens: „Wie wahrscheinlich ist es, dass die Amtsenthebung klappt.“ Wer sich an diesen beiden Fragen orientiert, sagt Botham, „der erhält etwas Klarheit in einer Zeit, in der die Märkte ansonsten in einer Flut an Informationen ertrinken.“ Im Falle des drohenden Enthebungsverfahrens gegen Präsident Trump hat sich Aktienguru Jim Cramer diese Fragen bereits beantwortet. In seiner CNBC-Sendung „Mad Money“ sagte der ehemalige Hedgefonds-Manager: „Der Senat wird Trump wohl entlasten.“ Cramer hält die Mehrheit der Republikaner im Senat für zu stark, als dass die nötige Zweidrittel-Mehrheit für die Entmachtung erreicht werden könnte.

Auch Kaspar Hense, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter BlueBay, hält es für unwahrscheinlich, dass der Impeachment-Prozess Erfolg hat. „Zudem würde im Falle eines erfolgreichen Impeachments gegen Trump wohl Vizepräsident Mike Pence nachrücken. Er hätte unter Umständen bessere Chancen, die Präsidentschaftswahl 2020 zu gewinnen als Trump selbst. Dies wäre langfristig ein positives Signal für die Bewertung von Kapitalanlagen.“

Während die US-Märkte bislang noch kaum signifikant auf die drohende Entmachtung des Präsidenten reagieren, erwartet Cramer, dass die Diskussion um die Ukraine-Affäre zu kurzfristigen Rückschlägen führen wird. Und die hält er, insbesondere bei Technologie-Aktien mit solidem, operativen Geschäft, für Kaufchancen.

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