Uber, Snapchat und Co. Die heißesten Börsen-Anwärter des Silicon Valley

Mit Uber und Snapchat könnten 2016 zwei weltbekannte Start-ups in den USA an die Börse gehen. Weil Risikokapitalgeber langsam Profite aus ihren Beteiligungen ziehen wollen, dürften noch weitere Start-ups auf Anleger warten.

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Die heißesten Kandidaten 2016 aus dem Silicon Valley
Uber Quelle: REUTERS
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CEO Tien Tzuo von Zuora Quelle: PR
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Okta Quelle: Okta
GitHub Quelle: PR

Sie sind erst wenige Jahre alt, wachsen rasant ­und schreiben hohe Verluste: Start-Ups aus dem Silicon Valley. Venture Capital Investoren reißen sich um die größten und bekanntesten von ihnen und überschütten sie mit Geld: Uber, der Taxischreck, der mittels App private Fahrer und Fahrgäste zusammenbringt, sammelte bislang mehr als sechs Milliarden Dollar Wagniskapital ein, soll nach 12 Finanzierungsrunden rund 61 Milliarden Dollar wert sein.

Mehr als 140 Start-Ups sind inzwischen mehr als eine Milliarde Dollar wert. Sie müssen irgendwann an die Börse kommen. Denn die Wagniskapitalfonds und deren Geldgeber brauchen einen Exit, wie der Verkauf der Anteile an Ottonormalanleger an der Börse heißt. Investoren, denen die Erlöse aus Börsengängen (IPOs) fehlen, haben irgendwann selbst kein Geld mehr, um in neue Start-ups zu investieren. Der Kreislauf des Gelds käme zum Erliegen.

Das Wichtigste zu Uber

Geld staut sich im Kanal zur Börse

Auffällig: 2015 floss mehr Geld vorbörslich in Start-ups, als bei Verkäufen oder Börsengängen erlöst wurde. Normalerweise ist das Verhältnis anders herum. Viele Beobachter plagt nun die Sorge, dass die jungen Firmen, die oft hervorragende Technologie und schnelles Kundenwachstum haben, schon so teuer bewertet sind, dass es viele nicht mehr an die Börse schaffen könnten. „Wir sind mitten in einer neuen Techblase“, sagte Tim Chang, Managing Director beim bekannten US-Wagniskapitalgeber Mayfield, einem der großen Techinvestoren. „Es gibt besonders im Silicon Valley zu viel Geld für zu wenige richtig gute Ideen.“

Beispiel Square: Der digitale Bezahldienst von Twitter-Gründer Jack Dorsey, schaffte es zwar mit Ach und Krach an die Börse. Jedoch mussten die Investoren deutliche Abstriche hinnehmen. Mit den ausgegebenen 27 Millionen Aktien nahm Square nur gut 240 Millionen Dollar ein; geplant waren laut Prospekt Mittelzuflüsse aus dem IPO von bis zu 350 Millionen Dollar. Das Unternehmen ist derzeit nur rund 2,8 Milliarden Dollar an der Börse wert, 4,6 Milliarden waren einst angepeilt. Auch die MatchGroup aus Los Angeles, Mutter der Online-Dating Plattformen Tinder und Friendscout24, musste 2015 ähnliche Abstriche bei ihrem Börsengang machen. 

Warum Uber so umstritten ist

Dabei sollte es aus Sicht der Wagniskapitalgeber anders herum sein: Früh und günstig bei schnell wachsenden, innovativen Unternehmen einsteigen und dann beim Börsengang mit viel Gewinn wieder aussteigen.

Branche unter Erfolgsdruck

„2016 müssen ein paar Börsengänge kommen“, sagt Risikokapitalmanager Chang. „Zwar ist richtig, dass gerade die großen, bekannten Unternehmen wie Uber und Airbnb sehr viel Geld eingesammelt haben, aber sie verbrauchen auch sehr viel, weil sie teilweise schnell international expandieren müssen, um von der Konkurrenz nicht abgehängt zu werden in einem dynamischen Markt“.

Zudem wachse bei den Geldgebern der Venture-Capital Investoren - meist Family Offices, Vermögensverwalter, große Fonds und Pensionskassen - die Nervosität angesichts der Monster-Bewertungen von verlustreichen Start-Ups wie Uber und Airbnb. Einige sorgen sich wohl inzwischen, dass sie zu teuer eingestiegen sein könnten. „Die sagen sich: lieber ein kleines IPO oder ein paar Prozent Verlustabschreibung, als ein veritabler Crash wie 2000, der Tech-Börsengänge wieder auf Jahre hinaus unmöglich macht“, sagt ein Risikokapital-Investor aus Menlo Park, der selbst in zahlreiche Startups investiert hat.

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„Wir beobachten seit einiger Zeit eine Zunahme der sehr großen Finanzierungsrunden“, sagt Jenny Lee, Managing Partner von GGV Capital. „Venture-Capital-Runden mit mehr als einer halben Milliarde, das gab es früher nicht.“ Klar ist, dass die Finanzierungen außerhalb der Börse auf diese Weise nicht mehr lange steigerbar sein werden. „Vielleicht sind es, anders als 1999/2000, nicht die Unternehmen selbst und auch nicht die Wagniskapitalfinanzierer, die auf ein IPO drängen“, sagt Lee, „aber früher oder später werden die Geldgeber der Venture-Capital-Fonds die Geduld verlieren.

Sehr gute Bedingungen

Dass Wagniskapital-Investments eher Langfrist-Anlagen sind, dürfte zwar allen klar sein, die im Silicon Valley mit Milliarden jonglieren. Die meisten Pensionsfonds, Hedgefonds oder großen Investmentgesellschaften planen bis zu zehn Jahre Anlagezeitraum ein, wenn sie Geld in Tech-Start-ups investieren. Doch die jüngsten Flops wie Square und Box lassen nicht gerade Hoffnungen auf große Zeichnungsgewinne bei den Investoren sprießen. Einer verlor kurz vor Weihnachten schon die Nerven: Fidelity schrieb etwa 25 Prozent seines vorbörslichen Investments an der Video-Chat-Plattform Snapchat aus Los Angeles ab.

Dabei waren die Bedingungen für eine Flut von Technologie-Börsengängen in den USA selten besser: viele Kandidaten in der Pipeline, Nervosität bei den Geldgebern, und ein enormer technologischer Wandel namens Digitalisierung.

So konnte der Branchendienst CB Insights aus San Francisco Ende Dezember ganze 531 US-Technologie-Start-Ups identifizieren, die 2016 am wahrscheinlichsten an die Börse kommen dürften.

Dazu speichert CB Insights jede Wagniskapitalrunde und jede Unternehmens-Nachricht der Start-Ups-in seinen Datenbanken und wertet diese aus. Nach einem komplexen Punktesystem ermittelt die hauseigene Analyse-Software die aussichtsreichsten Börsenkandidaten. Pluspunkte gibt es in drei gewichteten Kategorien:

  1. Momentum (Kundenwachstum, Personalzuwachs),

  2. Marktattraktivität (Wie gefragt ist die Branche des Kandidaten gerade bei Investoren?) - gemessen werden hier zum Beispiel Börsengänge von Konkurrenten der gleichen Branche, Investitionen in die Branche, die Zahl der Übernahmen und

  3. Finanzkraft. Hier fließen die Wagniskapital-Spritzen und die Cash-Burn-Rate ein - also das Maß, wie schnell die Start-ups ihre Finanzierung aufbrauchen - und der Leumund der Risikokapitalgeber.

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531 heiße Kandidaten

„Das ist sozusagen die Crème der noch nicht börsennotierten US-Hightech-Unternehmen“, sagt CB Insights Chef und Gründer Anand Sanwal. „Alle diese 531 Firmen haben von namhaften Wagniskapitalfinanzierern teils erhebliche Summen bekommen, haben ein am Markt bereits gut eingeführtes Produkt und erste Maßnahmen für künftige Börsengänge unternommen“. Das kann die passende Rechtsform sein, oder das Anheuern von IPO-Beratern und entsprechendem Personal (etwa Investor-Relations-Profis).

Man dürfe seine Liste nicht mit einer Investment-Empfehlung verwechseln, sagt Sanwal, „unsere Kriterien haben sich in der Vergangenheit als gute Indizien für einen bevorstehenden Börsengang erwiesen; das heißt nicht zwangsläufig, dass die Unternehmen blendende Investments sind.“

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Anleger dürfen dennoch den einen oder anderen künftigen Börsenstar aus der CB-Insights Liste erwarten.  Viele sind, anders als die viel diskutierten Stars wie Uber und Airbnb, außerhalb der Tech- und Wagniskapitalszene Kaliforniens weitgehend unbekannt. „Sie kommen oft aus Geschäftsfeldern, die gemeinhin nicht so sexy sind“, sagt Sanwal, etwa Unternehmens-Software, Big-Data-Software-Analyse, oder System-Integration.

Die aussichtsreichsten Technologie-Start-ups

Sanwal’s Liste erhebt keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit. „Natürlich werden nicht alle diese 531 Unternehmen 2016 an die Börse kommen.“ Von der CB-Insights Tech-IPO Pipeline aus dem Vorjahr kamen zwar nur 38 an die Börse. Zusammen nahmen sie 26 Milliarden Dollar ein. Allerdings gab es 2015 auch kein Tech-IPO, von der Aufspaltung Hewlett-Packards abgesehen, das nicht auf der Liste gewesen wäre.

Die CB-Insights Analyse fördert noch einige andere interessante Daten zutage: Die 531 börsenreifen US-Start-Ups haben bisher zusammen 89 Milliarden Dollar frisches Eigenkapital von Venture Capital - und anderen Fonds bekommen. Es gab 92 so genannte Mega-Finanzierungsrunden mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Dollar. Die Anzahl dieser Mega-Runden hat sich gegenüber 2015 mehr als verdoppelt. Noch 2011 hatte es nur sieben solche Megarunden gegeben, 2010 zwei.

Wenig überraschend: Mehr als die Hälfte der IPO-Kandidaten (291 Start-Ups) stammen aus Kalifornien, gefolgt von New York (64). Das meiste Geld steckt vorbörslich in Elektronik-Firmen, nämlich im Schnitt 139 Millionen Dollar an Wagniskapital.

Von theoretisch 1000 möglichen Punkten im Ranking erreichten die Software-Anbieter Mule Soft und Okta mit je 910 Punkten die meisten; auch der Abonnement- und Zahlungs-Abwickler Zuora, der gerade auch nach Deutschland expandiert, gilt mit 880 Punkten als sehr börsenreif.

Zuora wurde erst 2007 gegründet, der Finanzdienstleister wickelt Zahlungsströme für Abos ab und analysiert die Daten für seine Kunden, etwa Musikstreamer Spotify, Videoplattform Netflix oder Verlage. Salesforce-Gründer Marc Benioff ist ein prominenter Unterstützer von Zuora. Das Start-up bekam bisher von 17 unterschiedlichen Investoren 243 Millionen Dollar in insgesamt sechs Finanzierungsrunden. Der Wert des Unternehmens wird auf weit mehr als eine Milliarde Dollar geschätzt.

Ebenso aussichtsreich sind Okta und MuleSoft. Okta aus San Francisco bietet Sicherheitssoftware an. Das Geschäftsfeld ist sehr lukrativ. Mit Andreessen Horowitz und Sequoia sind zwei der namhaftesten Risikokapitalgeber an Bord. Die Plattform von MuleSoft ermöglicht es den Kunden (ausschließlich Firmen, kein Privatkundengeschäft) über eine Programmierschnittstelle (API) verschiedene eigene und fremde Software zu kombinieren. Das Unternehmen hat bereits Kunden im mehr als 60 Ländern, darunter etwa BMW und Boeing. Auch hier hat Multimilliardär Marc Benioff als Investor über Salesforce Ventures seine Finger im Spiel. Insgesamt konnte sich Mule bisher in sieben Finanzierungsrunden 260 Millionen Dollar sichern.

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