




Sie sind erst wenige Jahre alt, wachsen rasant und schreiben hohe Verluste: Start-Ups aus dem Silicon Valley. Venture Capital Investoren reißen sich um die größten und bekanntesten von ihnen und überschütten sie mit Geld: Uber, der Taxischreck, der mittels App private Fahrer und Fahrgäste zusammenbringt, sammelte bislang mehr als sechs Milliarden Dollar Wagniskapital ein, soll nach 12 Finanzierungsrunden rund 61 Milliarden Dollar wert sein.
Mehr als 140 Start-Ups sind inzwischen mehr als eine Milliarde Dollar wert. Sie müssen irgendwann an die Börse kommen. Denn die Wagniskapitalfonds und deren Geldgeber brauchen einen Exit, wie der Verkauf der Anteile an Ottonormalanleger an der Börse heißt. Investoren, denen die Erlöse aus Börsengängen (IPOs) fehlen, haben irgendwann selbst kein Geld mehr, um in neue Start-ups zu investieren. Der Kreislauf des Gelds käme zum Erliegen.
Das Wichtigste zu Uber
Uber, eigentlich Uber Technologies Inc, gegründet im März 2009, startete seinen Service 2011 in San Francisco. Zunächst beschränkte sich das Angebot auf einen Chauffeur-Service („UberBlack“), der für einen etwas höheren Preis Limousinen als Alternative zu den im Silicon Valley damals notorisch knappen Taxis bot. Das Unternehmen expandierte aber schnell in andere US-Metropolen, von 2012 an auch international, und erweiterte auch seine Dienste. In vielen US-Metropolen und seit November 2015 auch in London können Uber-Fahrer mehrere Fahrgäste unterwegs aufnehmen und eine Art Sammeltaxi auf Zeit bilden; die Kunden teilen sich den Preis („UberPool“). Der bei Kunden erfolgreichste, aber auch mit Abstand kontroverseste Service ist UberX (In Deutschland bis April 2015 als „UberPop“ im Angebot). Dabei kann der Kunde über sein Smartphone in der Nähe befindliche Privatleute anheuern, die ihn gegen Geld mit ihrem Auto befördern, von Uber vermittelt. In der Regel unterbietet Uber so den Preis einer vergleichbaren Taxifahrt um 25 bis 40 Prozent. Uber gilt als das am höchsten bewertete Start-up der Welt- Der Umsatz soll schnell wachsen, allerdings schreibt Uber noch hohe Verluste.
Der Kunde gibt auf seinem Handy den gewünschten Abholort ein. Nach der Eingabe des Zielorts erscheinen die verfügbaren Uber-Fahrer in der Nähe seines Standortes als kleine Auto-Symbole in der App. Auf Wunsch kann nun der voraussichtliche Fahrpreis angezeigt werden. Nachdem der Kunde die Fahrt verbindlich bestellt hat, bekommen die Uber-Fahrer den Fahrwunsch samt Strecke auf ihrer App angezeigt. Nimmt ein Fahrer an, sieht der Fahrgast dessen Bewertung durch frühere Kunden, den Autotyp und Namen des Fahrers.
Das Kernprodukt ist, technisch gesehen, das Routing der Fahrer zum möglichst attraktivsten und nächsten Kunden. Da das System mit GPS arbeitet, kann der Fahrtpreis grob vorausberechnet werden und ein Taxameter ist nicht nötig. Nach der Fahrt wird der Kunde seinerseits aufgefordert, den Fahrer zu bewerten. Um die Bezahlung muss er sich nicht kümmern; die Abbuchung erfolgt automatisch von der bei der ersten Anmeldung hinterlegten Kreditkarte oder PayPal.
Vor allem der Peer-to-Peer-Dienst, bei dem Privatpersonen andere Privatleute gegen Geld befördern, ist es, der von Taxiunternehmen heftig bekämpft wird. In Deutschland ist er seit Frühjahr 2015 sogar ganz untersagt, seit Gerichte den Argumenten der Taxibranche folgten. Die argumentierten mit unlauterem Wettbewerb: Bei UberPop (in anderen Ländern UberX) werden die oft nebenberuflichen Fahrer lediglich auf ihr Verkehrspunktekonto und auf ein Polizeiliches Führungszeugnis überprüft, während Taxifahrer einen Personenbeförderungsschein, Gesundheitsprüfungen, besondere Versicherungen und (wenn sie ihr eigenes Unternehmen gründen wollen) in vielen Städten eine teure Lizenz benötigen. Das Uber-Auto muss lediglich jünger als zehn Jahre sein, vier Türen und Kofferraum aufweisen und natürlich verkehrssicher sein, während Taxis speziell geprüft werden.
Geld staut sich im Kanal zur Börse
Auffällig: 2015 floss mehr Geld vorbörslich in Start-ups, als bei Verkäufen oder Börsengängen erlöst wurde. Normalerweise ist das Verhältnis anders herum. Viele Beobachter plagt nun die Sorge, dass die jungen Firmen, die oft hervorragende Technologie und schnelles Kundenwachstum haben, schon so teuer bewertet sind, dass es viele nicht mehr an die Börse schaffen könnten. „Wir sind mitten in einer neuen Techblase“, sagte Tim Chang, Managing Director beim bekannten US-Wagniskapitalgeber Mayfield, einem der großen Techinvestoren. „Es gibt besonders im Silicon Valley zu viel Geld für zu wenige richtig gute Ideen.“
Beispiel Square: Der digitale Bezahldienst von Twitter-Gründer Jack Dorsey, schaffte es zwar mit Ach und Krach an die Börse. Jedoch mussten die Investoren deutliche Abstriche hinnehmen. Mit den ausgegebenen 27 Millionen Aktien nahm Square nur gut 240 Millionen Dollar ein; geplant waren laut Prospekt Mittelzuflüsse aus dem IPO von bis zu 350 Millionen Dollar. Das Unternehmen ist derzeit nur rund 2,8 Milliarden Dollar an der Börse wert, 4,6 Milliarden waren einst angepeilt. Auch die MatchGroup aus Los Angeles, Mutter der Online-Dating Plattformen Tinder und Friendscout24, musste 2015 ähnliche Abstriche bei ihrem Börsengang machen.
Warum Uber so umstritten ist
Uber startete vor rund vier Jahren in San Francisco als Alternative zu Taxis, die in der kalifornischen Metropole notorisch schwer zu kriegen sind. Anfangs ging es nur darum, für etwas mehr Geld einen Chauffeur-Service mit Oberklasse-Wagen anzubieten. Inzwischen nutzt Uber seine Vermittlungsplattform auch für Dienste, bei denen Privatleute Fahrgäste mit ihren eigenen Autos mitnehmen können. Vor allem um solche Angebote entzünden sich die Streitigkeiten mit Taxi-Gewerbe und Behörden in verschiedenen Ländern.
Es ist eine Smartphone-App, wie man sie auch von den Taxi-Anwendungen kennt. Der Abholort wird automatisch ermittelt, der Kunde sieht die Uber-Fahzeuge in der Nähe. Der Fahrweg wird mit Hilfe von GPS berechnet, die Wagen kommen daher ohne Taxameter aus. Der Bezahlvorgang entfällt: Es wird einfach die bei Uber hinterlegte Kreditkarte belastet.
Das Taxi-Geschäft überall ist vielen Regeln unterworfen. Es gibt Vorschriften für die technische Kontrolle der Fahrzeuge, die Überprüfung des Gesundheitszustands der Fahrer, spezielle Versicherungen und die Beförderungspflicht. Außerdem wird die Größe des Marktes über die Vergabe von Konzessionen eingeschränkt. So kann eine Taxi-Lizenz in New York mehr als eine Million Dollar kosten. Uber platzt mit seinen Dienstes in dieses über Jahrzehnte gewachsene Geflecht von Regeln und wirtschaftlichen Interessen.
Beim ursprünglichen Chaufferdienst UberBLACK waren die Argumente vor allem der Komfort einer Smartphone-App, ein schickes Auto und die automatische Abrechnung. Bei den Mitfahrdiensten in Privatautos ist Uber aber auch günstiger als herkömmliche Taxis. So kostet der Service UberPOP in Hamburg einen Euro pro Kilometer bzw. 25 Cent pro Minute. Laut Hamburger Taxentarif zahlt man dagegen jeweils 2,20 Euro für die ersten vier Kilometer, je 1,90 für die nächsten fünf Kilometer und 1,40 ab dem 10. Kilometer.
Behörden und auch Landesregierungen sehen den Dienst skeptisch. In Berlin und Hamburg erließen die Behörden Unterlassungsverfügung gegen Uber. Gerichte erlaubtem dem Fahrdienst aber vorläufig die Weiterfahrt. In NRW erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums zu Uber: "Nach den vorliegenden Informationen handelt es sich bei den Fahrten um genehmigungspflichtige Personenbeförderungen." Über eine solche Genehmigung verfügen die Uber-Fahrer aber offenbar nicht. Das Verkehrsministerium warnt deshalb vor hohen Bußgeldern.
Dabei sollte es aus Sicht der Wagniskapitalgeber anders herum sein: Früh und günstig bei schnell wachsenden, innovativen Unternehmen einsteigen und dann beim Börsengang mit viel Gewinn wieder aussteigen.
Branche unter Erfolgsdruck
„2016 müssen ein paar Börsengänge kommen“, sagt Risikokapitalmanager Chang. „Zwar ist richtig, dass gerade die großen, bekannten Unternehmen wie Uber und Airbnb sehr viel Geld eingesammelt haben, aber sie verbrauchen auch sehr viel, weil sie teilweise schnell international expandieren müssen, um von der Konkurrenz nicht abgehängt zu werden in einem dynamischen Markt“.
Zudem wachse bei den Geldgebern der Venture-Capital Investoren - meist Family Offices, Vermögensverwalter, große Fonds und Pensionskassen - die Nervosität angesichts der Monster-Bewertungen von verlustreichen Start-Ups wie Uber und Airbnb. Einige sorgen sich wohl inzwischen, dass sie zu teuer eingestiegen sein könnten. „Die sagen sich: lieber ein kleines IPO oder ein paar Prozent Verlustabschreibung, als ein veritabler Crash wie 2000, der Tech-Börsengänge wieder auf Jahre hinaus unmöglich macht“, sagt ein Risikokapital-Investor aus Menlo Park, der selbst in zahlreiche Startups investiert hat.





„Wir beobachten seit einiger Zeit eine Zunahme der sehr großen Finanzierungsrunden“, sagt Jenny Lee, Managing Partner von GGV Capital. „Venture-Capital-Runden mit mehr als einer halben Milliarde, das gab es früher nicht.“ Klar ist, dass die Finanzierungen außerhalb der Börse auf diese Weise nicht mehr lange steigerbar sein werden. „Vielleicht sind es, anders als 1999/2000, nicht die Unternehmen selbst und auch nicht die Wagniskapitalfinanzierer, die auf ein IPO drängen“, sagt Lee, „aber früher oder später werden die Geldgeber der Venture-Capital-Fonds die Geduld verlieren.