Unternehmensbonds Boom bei Anleiheemissionen erleidet wohl Dämpfer

Die italienische Volksabstimmung, eine mögliche Zinsanhebung sowie die US-Präsidentschaftswahlen könnten dazu führen, dass eine Belebung am Markt für Unternehmensanleihen ausbleibt. Anleger werden bereits vorsichtiger.

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Die EZB will in den kommenden Monaten weiter Unternehmensanleihen kaufen. Quelle: dpa

Die US-Präsidentschaftswahlen, eine mögliche Zinsanhebung durch die US-Notenbank Fed und eine Volksabstimmung in Italien könnten alle dazu beitragen, die Volatilität an den Märkten in den kommenden Monaten anzuheizen – gepaart mit Sorgen um die Deutsche Bank AG. All dies könnte dazu führen, dass am Markt für Unternehmensanleihen eine Belebung ausbleibt; nachdem sich Emissionen in Pfund-Sterling im vergangenen Quartal als Folge von Stimulusmaßnahmen der britischen Notenbank (BoE) verdoppelten und die Ausgabe von Anleihen in Euro ein Vier-Jahres-Hoch markierte, wie Bloomberg-Daten zeigen.

"Ein paar Wolken türmen sich auf", sagte Eden Riche, Leiter Syndizierung Hochzinsanleihen und Schwellenländer bei ING Bank NV in London. "Es wird nicht mehr lange Zeit ruhig dahinplätschern."

Anleger sind bereits vorsichtiger geworden. Die Kosten zur Absicherung gegen Zahlungsausfälle auf Unternehmenspapiere europäischer Emittenten im Segment Investmentgrade bewegen sich nahe einem Drei-Monats-Hoch, zeigt der Markit iTraxx Index für Kreditausfallswaps. Der Absatz gibt auch saisonbedingt im Oktober nach, nach einem Schub im September, als Folge des Sommerlochs. Denn Unternehmen bereiten sich auf die Berichtssaison vor, was mit sogenannten "Phasen der Funkstille" einhergeht.

Im laufenden Jahr könnten sich die US-Präsidentschaftswahlen am 8. November als weiterer Hemmschuh erweisen für die Absatzentwicklung im Oktober. Ein Kopf-an-Kopf Rennen könnte die weltweite Unsicherheit an den Märkten verstärken. Umfragen zufolge verfügt Hillary Clinton über einen knappen Vorsprung gegenüber ihrem Konkurrenten Donald Trump.

"Die Wahl könnte Sand ins Getriebe streuen", sagt Henrietta Pacquement, Portfoliomanagerin bei ECM Asset Management in London, Teil eines Investmentteams von Wells Fargo Asset Management, das Vermögenswerte im Umfang von etwa 480 Mrd. Dollar betreut. Es sei eindeutig ein Risikofaktor, der über dem Markt schwebe, merkt Pacquement an.


Turbulenzen um Deutsche Bank verstärken Unsicherheit

Anleger richten auch ihr Augenmerk auf eine mögliche Zinsanhebung der Fed. Diese könnte dazu beitragen, die Attraktivität von europäischen Investmentgrade-Anleihen, die etwa bei Null rentieren, zu schwächen. Janet Yellen, die Fed-Vorsitzende, sagte in der Vorwoche, dass die meisten Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed davon ausgehen, dass eine Anhebung im laufenden Jahr nötig sein werde.

Die BoE hat einen Boom bei der Platzierung von Anleihen in Pfund ausgelöst, nachdem die Notenbank begann, Papiere zu erwerben und die britische Wirtschaft zu stützen. Zuvor hatten sich die Briten in einer Volksabstimmung gegen einen Verbleib ihres Landes in der EU ausgesprochen. Das Programm hat dazu beigetragen, dass die Finanzierungkosten in Pfund-Sterling auf 2,26 Prozent zurückgegangen sind, nahe dem Rekordtief von 2,06 Prozent, das im August verzeichnet worden war. Das zeigen Bloomberg Barclays Indexdaten.

Unternehmen, darunter Vodafone Group Plc, BP Plc und Toyota Motor Corp. nutzten die Gelegenheit niedriger Zinsen und platzierten in den drei Monaten bis Ende September Papiere im Volumen von etwa elf Mrd. Pfund (12,6 Mrd. Euro), der höchste Wert auf Quartalssicht seit dem ersten Quartal 2012, gemäß von Bloomberg erstellten Daten. Anleiheplatzierungen in Euro summierten sich im abgelaufenen Quartal auf etwa 70 Mrd. Euro, belegen die Daten weiter.

Die BoE und EZB werden in den kommenden Monaten weiter Unternehmensanleihen kaufen. Das könnte die Emissionstätigkeit im vierten Quartal stützen, sagte Luke Hickmore, leitender Investmentmanager bei Aberdeen Asset Management Plc in Edinburgh. Die Gesellschaft betreut Vermögenswerte im Volumen von etwa 380 Mrd. Dollar. Unternehmen könnten entscheiden, dass es sich kaum lohne, bis 2017 zu warten, da es wenig wahrscheinlich sei, dass bereits niedrige Finanzierungskosten weiter zurückgehen. "Wir könnten Emittenten sehen, die ihre Planungen für das kommende Jahr vorziehen", sagte er. "Wenn Sie Emittent wären, würden Sie es nicht tun?"

Gleichwohl könnten Turbulenzen um die Deutsche Bank die kurzfristige Unsicherheit befördern. Der Aktienkurs der Bank sackte in der Vorwoche auf ein Allzeittief ab. Zuvor hatte Bloomberg News unter Berufung auf Kreise berichtet, dass einige Kunden der Bank ihre Sicherheiten im Handel zum Teil zurückziehen. In einer Mitteilung an die Mitarbeiter der Bank schrieb Deutsche Bank CEO John Cryan am vergangenen Freitag, die Bilanz der Bank sei sicherer als jemals in den vergangenen beiden Jahrzehnten.

Ein weiteres Marktrisiko vor Jahresende könnte die Volksabstimmung in Italien über die geplante Verfassungsreform darstellen. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hat die Abstimmung mit seinem politischen Schicksal verknüpft und angekündigt, er werde zurücktreten, sollte er die Abstimmung verlieren. Die Märkte würden für diesen Fall ein "Weltuntergangsszenario" annehmen, sagte Italiens Finanzminister Carlo Padoan in einem Interview mit der Tageszeitung La Stampa in der Vorwoche.

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