US-Notenbank Eine Mammutaufgabe namens Bilanzabbau

Die US-Notenbank Fed lässt keinen Zweifel daran: Ihre in den Nachwehen der Weltfinanzkrise auf die Summe von 4,5 Billionen Dollar angeschwollene Bilanz muss schrumpfen. Strittig ist der Zeitpunkt für den Startschuss.

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Mit dem massiven Ankauf von Wertpapieren hatten die Währungshüter die Konjunktur wieder flott gemacht. Quelle: AFP

Washington/Berlin Die US-Notenbank Fed lässt keinen Zweifel daran: Ihre in den Nachwehen der Weltfinanzkrise auf die riesige Summe von 4,5 Billionen Dollar angeschwollene Bilanz muss schrumpfen. Auch wenn es die Fed bislang bei Absichtserklärungen belässt und das Thema tiefer hängt, dürfte es bald angesichts anstehender Zinserhöhungen oben auf die Agenda rücken.

Binnen Jahresfrist wird es soweit sein, wie Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner prophezeit: „Die Fed wird Anfang 2018 den Startschuss für die Bilanzreduzierung geben.“ Dies könnte mit dem Abgang von Fed-Chefin Janet Yellen einhergehen. Sie liegt mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump überkreuz und kann nicht darauf hoffen, eine weitere Amtszeit an der Spitze der mächtigsten Notenbank der Welt dranhängen zu können.

Vor Ausbruch der weltweiten Finanzkrise in den Jahren 2007/08 war das Portfolio der Fed mit 800 Milliarden Dollar noch vergleichsweise überschaubar. Mit dem massiven Ankauf von Wertpapieren wie etwa Staatsanleihen und Hypothekenpapieren haben die Währungshüter die Konjunktur wieder flottgemacht, ihre Bilanzsumme dabei allerdings in die Höhe getrieben.

Auch wenn der Start für die Mammutaufgabe erst im nächsten Jahr beginnen sollte, gilt es, die Investoren rechtzeitig auf die Rückkehr zur geldpolitischen Normalität einzustimmen: „Die Fed will die Märkte nicht schockieren, aber vorbereiten“, so Robert Tipp vom Vermögensverwalter PGIM Fixed Income. Laut Fed müssen Zinserhöhungen jedoch zunächst „voll im Gang sein“, bevor die Notenbank den Abbau ihres Wertpapier-Portfolios in Angriff nehmen kann. Kurz nach der Amtseinführung Trumps tastete die Fed den Leitzins von 0,5 bis 0,75 Prozent am Mittwoch allerdings nicht an. Entsprechend findet sich der Satz zur beabsichtigten geldpolitischen „Normalisierung“ weiterhin im allerletzten Absatz des Begleittextes zum Zinsentscheid.


„Bilanzabbau wird sich über Jahre hinziehen“

Doch das Thema dürfte nach oben rücken: 2016 ist die US-Wirtschaft um 1,6 Prozent gewachsen. Auch wenn das Plus niedriger als in den Vorjahren ausgefallen ist, will das Konjunkturbild nicht mehr so recht zu den billionenschweren Stützungsmaßnahmen passen. Denn die Fed hält die Bilanzsumme seit längerem auf hohem Niveau konstant, da sie Einnahmen aus auslaufenden Anleihen wieder in neue Papiere investiert.

Diese Praxis sollte die Notenbank „ernsthaft“ überdenken, wenn der Leitzins wieder ein Prozent erreicht habe, sagte Währungshüter Patrick Harker jüngst. Der Fed-Chef von Philadelphia ist seit Januar auch stimmberechtigtes Mitglied im Offenmarktausschuss, der über die Zinspolitik entscheidet. Mit Spannung warten Experten auf die Protokolle der jüngsten Sitzung, die Aufschluss darüber geben dürften, ob die Debatte über die Verkürzung der Bilanz innerhalb der Fed bereits Fahrt aufgenommen hat.

Stellt die Notenbank die Praxis der Re-Investitionen eines Tages ein, führt dies automatisch zu einem Abbau der Bilanz in mehreren Schritten. Laut Commerzbank-Berechungen werden in den nächsten fünf Jahren US-Staatsanleihen in Höhe von 1,43 Billionen Dollar fällig.

Der frühere Fed-Chef Ben Bernanke, der die Geldpolitik der Notenbank in der Rezession einst auf Krisenmodus schaltete, warnt jedoch vor zu ambitionierten Zielen auf dem Rückweg zur Normalität. Die Bilanz müsse angesichts einer wachsenden Wirtschaft nicht mehr auf das einstige Niveau von 800 Milliarden Dollar abgeschmolzen werden. Auch viele Banken an der Wall Street sehen dies ähnlich: Sie halten es für ausreichend, wenn die Gesamtsumme um maximal anderthalb Billionen Dollar schrumpft. Das neue ‚Normalmaß‘ läge somit bei drei Billionen Dollar. Bis der Bilanzabbau abgeschlossen ist, wird aber wohl noch einige Zeit vergehen: „Das wird sich über viele, viele Jahre hinziehen“, sagt Deka-Bank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

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